Langstadt und Bad Driburg stehen im Halbfinale

Von Autor|April 14, 2019|bundesliga

Es wird kein „Nachsitzen“ in Form eines dritten Viertelfinal-Matchs geben. Der TSV Langstadt und der TuS Bad Driburg konnten nach ihren Play-off-Erfolgen vom Freitag nachlegen und letztlich recht souverän die Halbfinals eintüten. Langstadt ließ dem 6:4 gegen die TTG Bingen/Münster-Sarmsheim heute ein deutliches 6:2 bei den Rheinhessinnen folgen, Bad Driburg hatte nach dem 6:1 in heimischer Halle gegen den TTK Anröchte zwar das Rückspiel in Erwitte nicht mehr so klar im Griff, siegte aber doch mit 6:3.

In den Halbfinal-Play-offs (30.04./03.05.) steigen nun auch die beiden Topfavoriten auf den Titel ein. Der ttc berlin eastside trifft auf die Langstädterinnen. Der SV DJK Kolbermoor duelliert sich mit Bad Driburg und geht ebenso wie eastside als Favorit ins Rennen um den Einzug in die Finalserie.

TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – TSV Langstadt 2:6

Nach der Devise „Never Change a Winning Team“ ließen die Gäste am Sonntag in Bingerbrück exakt dasselbe Quartett auflaufen wie im Hinspiel. Und das erwies sich vor knapp 200 Zuschauern als zielführende Entscheidung. Der Gastgeber bot diesmal Yuan Wan auch in den  Einzeln auf, während Giorgia Piccolin nur Doppel spielte. Doch auch das brachte nicht den erhofften Erfolg, auch wenn Wan an beiden Bingener Punkten beteiligt war.

Der knappe Hinspielsieg hatte den Langstädterinnen erkennbar Rückenwind verschafft. Solja und Co. zeigten eine starke Leistung und ließen der jungen, ambitionierten Truppe aus  Rheinhessen diesmal keine Chance. Natürlich spielte dabei auch die Psychologie eine Rolle, da Bingen gehörig unter Druck stand und unbedingt einen Sieg benötigte, um ein Entscheidungsspiel zu erzwingen – und das bei dem extrem gut besetzten vorderen Paarkreuz des TSV. Hinzu gesellte sich noch etwas Pech bei der Doppel-Auslosung. Natürlich musste man in den Doppeln ein 2:0 anvisieren – und das wäre realistisch nur möglich gewesen, wenn das ganz schwer zu schlagende TTG-Topdoppel Mantz/Wan auf die Langstädter Spitzenformation Solja/Cheng gestoßen wäre. Doch der Gast traf Bingens Aufstellung wie gewünscht, so dass Solja/Cheng gegen die weniger gut harmonierenden Zhang/Piccolin ran durften und so einen sicheren Punkt einfahren konnten.

Doch es gab ja noch wesentlich mehr als die Doppel. Bei Langstadt überzeugte tatsächlich das vordere Paarkreuz mit Petrissa Solja und Cheng Hsien-Tzu erneut auf ganzer Linie. Die beiden haben in den insgesamt vier Partien gegen die TTG zusammen eine fantastische 14:0-Bilanz erspielt, egal ob beim Gegner Lily Zhang und Chantal Mantz oder Mantz und Yuan Wan oben aufschlugen. „Die beiden haben sowohl am Freitag als auch am Sonntag unglaublich stark gespielt“, freute sich Manfred Kämmerer, Sportlicher Leiter beim TSV.

Der eigentliche Knackpunkt zugunsten der Südhessinnen folgte aber beim Stand von 3:2, nämlich ein nach ihrer klaren Hinspielniederlage gegen Marie Migot kaum für möglich gehaltenes 3:0 von Alena Lemmer über die französische Nationalspielerin. Migot fand beim 5:11, 7:11 und 8:11 nicht in ihr Spiel, während Lemmer um Lichtjahre besser spielte als 40 Stunden zuvor. „Heute hatte ich mir richtig viel vorgenommen, nachdem es am Freitag bei mir gar nicht gelaufen ist“, sagte die freudestrahlende Langstädterin nach der Partie. „Ich wollte diesmal unbedingt gewinnen und habe vom ersten Ball an aggressiv und sehr konzentriert gespielt, was sich ausgezahlt hat.“ Sehr zufrieden war auch Manfred Kämmerer mit seiner Nummer drei: „Am Freitag hat sie gegen Migot fast keinen Aufschlag zurückbekommen, doch heute war das um Klassen besser. Sie hat diesmal viel cleverer gespielt.“

Solja und Cheng ließen sich nicht zweimal bitten und nutzten die Steilvorlage ihrer Teamkollegin. Betrachtet man die Saisonbilanzen der beiden TSV-Asse inklusive der Play-offs, wird klar, welche Qualität der Aufsteiger zur Saison 2018/19 ins Boot geholt hat: Solja 20:2, Cheng 14:5.

Solja hatte gegen die bei ihrem letzten Auftritt für Bingen stark agierende US-Amerikanerin Lily Zhang allerdings zu kämpfen und lag bei einer 2:1-Satzführung im vierten Durchgang mit 4:10 hinten, brachte dann aber das Kunststück fertig, durch acht Punkte in Folge das Match nach Hause zu bringen. Cheng vollendete den Gäste-Triumph mit einem glatten 3:0 gegen Chantal Mantz. Die mitgereisten Fans feierten das Siegerteam überschwänglich.

Bingens Vorsitzender Joachim Lautebach war natürlich enttäuscht, konnte jedoch seinen Spielerinnen keinen Vorwurf machen, die alles versucht hatten, aber in den Play-offs nicht gerade vom Glück verfolgt waren. „Natürlich sind wir jetzt etwas traurig, auch wenn uns klar gewesen ist, dass es nach dem 4:6 vom Freitag unheimlich schwer werden würde“, sagte Lautebach. „Es hätte wieder sehr knapp werden können, aber wir haben einige Chancen liegengelassen. Von Marie Migot kam heute zu wenig, ich weiß auch nicht, was mit ihr los war. Und Lily hat gegen Petrissa gut gespielt und nach 10:4-Führung im vierten Satz keinen Punkt mehr gemacht.“ Lautebach stellte klar: „Auch wenn wir gehofft hatten, es ins Halbfinale zu schaffen, haben wir mit unserer jungen Mannschaft doch eine gute Saison gespielt.“ Nach der Partie wurden Lily Zhang und Marie Migot, die im Zuge der Olympia-Vorbereitungen in ihre Heimatländer zurück müssen, offiziell verabschiedet. „Dabei ging es nicht ganz ohne Tränen ab“, so der TTG-Chef. Dafür werden zwei Neue zum Team stoßen: „Wir haben die 23-jährige tschechische Nationalspielerin Katerina Tomanovska sowie die erst 16-jährige Amerikanerin Amy Wang, Nummer zwei der U18-Weltrangliste, verpflichtet.“

Die Stimmungslage im Langstädter Lager war natürlich sehr gut. „Das ist schon eine super Sache für uns, gegen Ende einer ersten Bundesliga-Saison mit so vielen Highlights nun auch noch im Halbfinale der Meisterschaft zu stehen“, bilanzierte Kämmerer. „Wir genießen das jetzt einfach und wissen natürlich, dass wir gegen Berlin krasser Außenseiter sind. Nun können wir unseren Fans noch ein tolles Heimspiel bieten.“

Langstadts Team feiert mit den Fans.

TTK Anröchte – TuS Bad Driburg 3:6

Auch das zweite Ostwestfalen-Derby innerhalb von zwei Tagen ging an den TuS Bad Driburg. Vor 165 Zuschauern in Erwitte leistete der TTK Anröchte dem Ostwestfalen-Rivalen allerdings deutlich mehr Widerstand als in der ersten Begegnung und kämpfte sich nach einem 0:4-Rückstand auf 3:4 heran. Doch es reichte nicht.

Die Ausgangslage war eindeutig. Nach der klaren Hinspiel-Schlappe in Bad Driburg konnte Anröchte nur ein Sieg weiterhelfen. Doch man startete erneut sehr schlecht in die Partie. Beide Doppel – Shi/Henrich vs. Bollmeier/Klee und Wang/Tian-Zörner vs. Eerland/de Nutte – gingen jeweils in fünf Sätzen an den Gegner. Shi Qi zeigte anschließend zwar gegen die erneut bärenstarke Sarah de Nutte eine gute Leistung und konnte einen 0:2-Satzrückstand wettmachen. Doch der fünfte Durchgang ging mit 11:5 recht deutlich an die Luxemburgerin. Beflügelt von der 3:0-Führung ihres Teams, das zusammenbleibt und mit der 18-jährigen Yuki Tsutsui noch um eine Perspektivspielerin erweitert wird, zeigte auch Britt Eerland eine starke Leistung und ließ Verteidigungsspielerin Aimei Wang beim 3:0 keine Chance.

0:4 – viele dachten, nun würde es ganz schnell gehen. Doch Anröchte zeigte Moral und hielt dagegen. Zunächst ließ die routinierte Jing Tian-Zörner wie schon am Freitag gegen die junge Sophia Klee nichts anbrennen, die mit dem Spiel der 56-jährigen Defensiv-Ikone derzeit noch nicht zurechtkommt. Im Anschluss gelang Yang Henrich ein nicht unbedingt erwarteter 3:1-Erfolg gegen Nadine Bollmeier. Shi Qi, viel besser aufgelegt als im Hinspiel, legte in vier Sätzen gegen Eerland nach und hatte das Match über weite Strecken gut im Griff. Sollte etwa doch noch etwas gehen für Anröchte?

Nein, denn nun war wieder Sarah de Nutte dran, die nach äußerst mäßigem Start (0:7) im Lauf der Saison immer besser wurde und inklusive Play-offs nun 17:14 steht. Auch Aimei Wang, die heute nicht in Topform agierte, blieb gegen sie ohne Chance, so dass der Gast mit 5:3 in Front lag. Nadine Bollmeier weiß, wie man taktisch clever gegen Jing Tian-Zörner agiert. Zwar verlor die 37-jährige Ex-Nationalspielerin den ersten Satz noch in der Verlängerung, doch danach war sie am Drücker und machte den Einzug ihres Teams in die Vorschlussrunde perfekt.

„Ich denke, Bad Driburg hat sich auch heute als die bessere Mannschaft präsentiert. Wir sind erst aufgewacht, als es schon zu spät war. Wir haben in beiden Spielen unser Potenzial nicht abrufen können“, so die ehrliche, selbstkritische Analyse des  TTK-Vorsitzenden Manfred Vogel. „Mit der Zuschauerzahl sind wir aufgrund des „Nichtheimspiels“ zufrieden.“

Sehr gut war natürlich die Stimmung bei Bad Driburgs Manager Franz-Josef Lingens. „Wir haben es tatsächlich geschafft, das Halbfinale zu erreichen“, freute sich Lingens. „Heute war es aber bedeutend schwieriger als im Hinspiel. Nach dem klaren 4:0 Vorsprung kam Anröchte plötzlich auf 4:3 heran und wir wackelten, fielen aber nicht.“ Der Manager lobte explizit drei seiner Spielerinnen: „Sarah De Nutte und Nadine Bollmeier drehten nochmals mit tollen Leistungen auf und auch Sophia Klee spielte im letzten Spiel hervorragend und war klar auf der Siegerstrasse. Insgesamt hat sich .meine Einschätzung der Lage bestätigt, dass wir eine Perspektiv-Mannschaft haben, die sich nach dem 2:6 gegen Anröchte aus der Vorrunde immer weiter gesteigert hat.“

Nun darf der TuS zur Belohnung gegen den Liga-Zweiten SV DJK Kolbermoor Halbfinal-Luft schnuppern. Wenn der Gegner in der Aufstellung aufschlagen würde, die in der Liga durchgängig gespielt hat, wäre es vermutlich ein Duell auf Augenhöhe. Doch es steht zu erwarten, dass der amtierende Meister und Pokalsieger kein Risiko eingehen und „Susi“ (Liu Jia) einsetzen wird. Und dann wird es natürlich sehr, sehr schwer, etwas gegen Kolbermoor zu reißen.

Spielberichte Hinspiele

Beitragsbild oben: Richtig gut in Form: Sarah de Nutte.

Text & Fotos: Dr. Stephan Roscher

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