Berlin und Weinheim lösen Final-Tickets

Von Stephan Roscher|Juni 1, 2025|bundesliga

Die Halbfinalgegner aus Dachau und Weil waren wirklich stark und in beiden Partien fast auf Augenhöhe, konnten letztlich jedoch nicht verhindern, dass die Finalpaarung um die Deutsche Meisterschaft zum dritten Mal in Folge ttc berlin eastside vs. TTC 46 Weinheim lautet – gespielt wird am 27. und 29. Juni. Der Titelverteidiger aus der Hauptstadt siegte am Sonntagnachmittag nach bombastischer Leistung in Dachau mit 6:2, Weinheim gegen Senkrechtstarter Weil mit 6:4. Insgesamt mehr als 550 Fans in den beiden Hallen erlebten Tischtennis auf vorzüglichem Niveau mit hohem Spannungsfaktor.

TSV Dachau 65 – ttc berlin eastside 2:6

Die Meisterschaft war diese Saison mit dem jungen Berliner Team eigentlich gar nicht eingeplant, doch jetzt ist alles möglich, eben auch der elfte nationale Meistertitel seit 2014 für den Rekordchampion. Ende Juni wird man sich mit Weinheim um Deutschlands Thron duellieren, zum dritten Mal in drei Jahren – einen Favoriten gibt es definitiv nicht.

Vor rund 270 Zuschauern hatte Dachau dasselbe Quintett wie beim 4:6 im Hinspiel am Freitag aufgeboten, nur dass diesmal die junge Koharu Itagaki auch im Einzel gesetzt war, während Naomi Pranjkovic lediglich im Doppel an den Tisch ging. Die Hauptstädterinnen, die in vier Tagen ihr Final-Hinspiel in Europas Königsklase gegen Metz austragen, waren, wie zuletzt immer, mit dem Quartett Yuka Kaneyoshi, Sabina Surjan, Mia Griesel und Josi Neumann am Start. Sie demonstrierten eindrucksvoll, dass die letzten Erfolge dem Selbstbewusstsein der Spielerinnen richtig gutgetan haben.

Auch Dachaus Penholderspielerin Tin-Tin Ho, Englands Nummer eins, konnte ihrem Team nicht zum Einzug ins Finale verhelfen (Foto Roscher).

Die Doppel verliefen im Prinzip wie im Hinspiel. Sabina Surjan/Josi Neumann bezwangen Sabine Winter und Naomi Pranjkovic mit 3:1, Byun Seoyoung/Koharu Itagaki machten es diesmal gegen Yuka Kaneyoshi/Mia Griesel einen Tick deutlich als am Freitag und gaben lediglich den ersten Satz ab.

Wer würde zuerst ein Break schaffen? Sabina Surjan schon mal nicht, die immer noch angeschlagen war und auf Anraten des Arztes erneut das Match gegen „Gummiwand“ Seoyoung Byun abschenkte. Wohl aber Yuka Kaneyoshi. Zweimal hatte die 18-jährige japanische Abwehrspielerin bereits gegen Sabine Winter gespielt, einmal gegen Ende der Punktrunde sowie im Halbfinal-Hinspiel. Eine greifbare Chance besaß sie nie, da Winter einfach zu gut gegen Abwehr spielt und schon instinktiv fast alles richtig macht. Auch diesmal schien sich das fortzusetzen. Der erste Satz ging mit 11:6 an die erfahrene Dachauerin. Doch dann ließ Kaneyoshi erstmals aufhorchen, agierte plötzlich taktisch stark verbessert und gewann mit 11:8 den ersten Satz ihres Lebens gegen die deutsche Nationalspielerin. Das ließ Winter nicht auf sich sitzen und schnappte sich Durchgang drei deutlich mit 11:4. Doch das Match kippte. Auf einmal lief alles für das junge eastside-Ass, während Winter zusehends nervös wurde. Kaneyoshi gewann die Durchgänge vier und fünf jeweils mit 11:7 und ließ die Berliner Bank jubeln.

Spielt mit 18 bereits auf unglaublich hohem Niveau: Yuka Kaneyoshi (ttc berlin eastside). Foto: Verein.

Ein echter Paukenschlag – und von diesem erholte sich der Gastgeber nicht mehr, was aber nicht bedeutet, dass Dachau nun schwach gespielt hätte, es war einfach auch der hohen Qualität der nachfolgenden Auftritte der Hauptstädterinnen geschuldet.

So knüpfte Josi Neumann an ihre starken Leistungen vom Freitag an und ließ ihrer gleichaltrigen Jugendnationalmannschafts-Kollegin Koharu Itagaki nicht einen Satz, wenngleich es beim 11:9, 11:9, 12:10 schon ziemlich eng zuging. Und dann hatte der ttc eastside an Position drei ja auch noch eine Mia Griesel – und die ließ beim 3:1 über Tin-Tin Ho auch diesmal nichts anbrennen. 4:2 für die Gäste, die von maximal noch vier möglichen Matches nur noch ein einziges gewinnen mussten, um am Ziel zu sein.

Yuka Kaneyoshi ließ sich nicht zweimal bitten und ließ auch beim dritten Aufeinandertreffen mit Defensivkollegin Byun Seoyoung binnen drei Monaten keine Fragen offen (11.5, 11:6, 11:6). Man hat selten eine Abwehrspielerin gesehen, die die an sich gefürchteten Duelle gegen starke Gegnerinnen mit ganz ähnlichem Spielsystem derart selbstbewusst und taktisch versiert angeht – und das mit 18 Jahren. „Byun wollte heute ein Zeitspiel vermeiden und hat permanent versucht anzugreifen, was aber keine gute Taktik war“, meinte Berlins Manager Andreas Hain nach dem entscheidenden Match. Ihm konnte es jedenfalls recht sein.

Am Ende hieß es dann 6:2 für die Gäste. Sabine Winter hatte die ersten beiden Durchgänge mit jeweils 16:14 (!) gegen Sabina Surjan gewonnen, gab dann aber auf, als eastside am Nebentisch den fünften Punkt eingesackt hatte.

STIMMEN ZUM SPIEL

Alexander Yahmed (Trainer TSV Dachau 65):

„Berlin hat verdient gewonnen, sie haben am Freitag und heute einfach etwas besser gespielt und sind damit verdient im Finale. Glückwunsch aus Dachau! Wir werden es jetzt erst mal sacken lassen und dann schauen wir, was wir noch verbessern können, wobei ich auf den ersten Blick keine großen Fehler gesehen habe, nur eine extrem gute Leistung von Berlin.“

Andreas Hain (Manager ttc berlin eastside):

„Das war eine unglaubliche Leistung heute von unserer Mannschaft! Alle waren topmotiviert und auf das Spiel fokussiert. Wir haben gestern einen Shopping-Tag im Outlet Ingolstadt eingelegt, um uns dann ganz auf das Match zu konzentrieren. Am Vormittag haben wir nochmals lange die Matches von Yuka gegen Winter analysiert und wohl auch ein paar gute Rückschlüsse daraus gezogen. Yuka hat das heute herausragend gemacht! Mit 18 Jahren gewinnt sie gegen eine Winter, die gegen Abwehr eigentlich immer gewinnt ! Aber auch Mia und Josi haben wieder herausragend performt. Gegen Weinheim werden wir jetzt ganz entspannt ins Spiel gehen und wissen, dass die erfahrene Mannschaft aus Baden für uns eine Nummer zu groß ist.“

Hatten allen Grund zur Freude: Berlins Jungstars Mia Griesel, Sabina Surjan und Yuka Kaneyoshi (vorne v.l.), dahinter Josi Neumann (Foto privat).

TTC 1946 Weinheim – ESV Weil 6:4

Fast 290 Fans waren zur Sporthalle des Weinheimer Werner-Heisenbergs-Gymnasiums „gepilgert“, um, abgesehen von der kleinen Weiler Kolonie, live mitzuerleben, wie ihr TTC nach dem 6:2-Sieg im Hinspiel den Deckel drauf macht und zum dritten Mal in Serie in die Endspiele um die Deutsche Meisterschaft einzieht. Doch bis dahin lag noch ein gutes Stück Arbeit vor Chien Tung-Chuan, Yuan Wan, Ece Harac und Mateja Jeger-Majstorovic. Der ESV stellte im Baden-Derby – ein Derby trotz 260 Kilometer Entfernung! – sein Quintett Anna Hursey, Ievgeniia Sozoniuk, Daniela Ortega, Kornelija Riliskyte und Lea Lachenmayer dagegen, wobei die 20 Jahre alte deutsche Abwehrspielerin Lachenmayer diesmal nur im Doppel eingesetzt wurde. Beinahe hätte der Schachzug von ESV-Trainer Alen Kovac, diesmal auch in den Einzeln die 22-jährige Litauerin Riliskyte zu bringen, Erfolg gezeitigt – doch eben nur beinahe.

Die Gäste aus dem Dreiländereck hatten zwar die Doppel umgestellt – diesmal versuchten Anna Hursey und Kornelija Riliskyte sowie Daniela Ortega und Lea Lachenmayer ihr Glück –, doch am Ende hieß es erneut 0:2 aus Weiler Sicht. Hursey/Riliskyte unterlagen Chien Chung-Tuan/Yuan Wan glatt mit 0:3, während sich Ortega/Lachenmayer gegen Ece Harac/Mateja Jeger-Majstorovic teuer verkauften, zwischenzeitlich mit 2:1 Sätzen in Front lagen, nach fünf Durchgängen aber doch ihren Gegnerinnen gratulieren mussten.

Nun brauchte der Gastgeber nur noch drei Punkte aus acht möglichen Einzeln. Doch so einfach ist das gegen den ESV Weil der Saison 2024/25 nicht. Aber man hat ja eine Chien Tung-Chuan, die bis dahin erst einmal in dieser Saison das Nachsehen hatte und auch in ihrem Auftakteinzel gewohnt stark aufspielte. Durch ihr 3:0 gegen Ievgeniia Sozoniuk sorgte die Taiwanerin dafür, dass ihrem Team nur noch zwei Einzelsiege zum Finalticket fehlten. Doch dabei blieb es erst einmal, denn auf Weiler Seite war erst einmal die 18-jährige Anna Hursey an der Reihe, die diesmal mit Yuan Wan, im Gegensatz zum umkämpften Hinspiel-Duell, kurzen Prozess machte: 11:7, 11:5, 11:7. Einzelbilanz Hursey inklusive Play-offs: 19:7 – und das bei einer jungen Spielerin, die letzte Saison noch in der 2. Liga aufgeschlagen hat. Sensationell gut! Nur noch 1:3 aus Sicht der Gäste.

Auch Weils Nummer eins Anna Hursey spielt mit ihren 18 Jahren bereits auf internationalem Topniveau (Foto Roscher).

Es folgten im hinteren Paarkreuz zwei packende Fünfsatz-Matches, hätte Weil beide gewonnen, hätte es noch richtig dramatisch werden können, doch man verbuchte nur einen Punkt, wie so oft durch die Chilenin Daniela Ortega, die einen 1:2-Satzrückstand gegen Mateja Jeger-Majstorovic noch in ein 3:2 umwandelte. Kornelija Riliskyte hatte gegen Ece Harac das 3:3 auf dem Schläger. Im Entscheidungssatz münzte sie einen 4:8-Rückstand in eine 10:8-Führung um, doch der erlösende elfte Punkt wollte ihr einfach nicht mehr gelingen. Harac punktete viermal hintereinander und ließ die Weinheimer Fans jubeln. 4:2, es fehlte noch ein einziges Pünktchen und es waren maximal noch vier Matches zu spielen.

Doch leicht wurde es zu keinem Zeitpunkt gegen nie aufsteckende Weilerinnen. Anna Hursey hatte am Freitag noch mit 14:16 im fünften Satz gegen Weinheims „Überspielerin“ Chien Tung-Chuan verloren. Diesmal legte die junge Waliserin noch einen Zacken zu, zeigte traumhaftes Tischtennis und deutete an, wohin ihr Weg noch führen könnte. 11:8, 14:12, 14:12 – allein dieses Match war bereits den gesamten Eintrittspreis wert, egal, wem man die Daumen drückte, denn es war Tischtennis vom Feinsten, man könnte auch von Weltklassetischtennis sprechen. Ievgeniia Sozoniuk investierte alles im Duell der Zweier gegen Yuan Wan – und es sah zunächst so aus, als ob sie der Partie vielleicht noch eine Wende geben könnte, denn nach zwei Durchgängen lag die routinierte Ukrainerin, die am Freitag denkbar knapp mit 2:3 verloren hatte, mit 2:0 vorne. Doch die DTTB-Nationalspielerin biss sich in das Match hinein und drehte es noch: 5:3 für den TTC 46 und erleichtertes Durchatmen – das große Ziel war in trockenen Tüchern.

Es spricht für die Moral der Weilerinnen, dass sie trotzdem bis zum letzten Ballwechsel der Partie engagiert, fokussiert und ehrgeizig blieben. So Daniela Ortega, eigentlich die Entdeckung der Saison, da sie vorher niemand auf der Rechnung hatte. Ortega besiegte Ece Harac in einem äußerst umkämpften Fünfsatz-Match und schloss damit ihre erste Saison in Deutschlands Eliteliga mit einer beeindruckenden Einzelbilanz von 15:5, inklusive der Play-offs, ab. Doch Weinheim war auch nochmals an der Reihe und stellte durch Mateja Jeger-Majstorovic den 6:4-Erfolg sicher – die Kroatin gab Kornelija Riliskyte in vier Durchgängen das Nachsehen.

Ein tolles Spiel zweier toller Teams hatte nach beinahe dreieinhalb Stunden einen Sieger gefunden, der nun nach der Krone greifen könnte.

STIMMEN ZUM SPIEL

Christian Säger (Manager TTC 46 Weinheim):

„Überglücklich und absolut fertig! Fast 300 Zuschauer. Und wieder sehr, sehr eng. Weil war wieder sehr stark und motiviert. Hursey und Ortega waren überragend. Wieder beide Doppel an uns, und als Team war unser Sieg auch verdient. Für Weinheim das dritte Mal in Folge Finale. Das ist überragend und ein toller Erfolg für uns. Die Endspiele werden eine 50:50-Angelegenheit sein.“

Rainer Schmidt (Trainer TTC 46 Weinheim):

„Es war erneut ein Spiel auf Augenhöhe, wir hatten sicherlich den Vorteil, dass wir zwei sehr gute Doppel gespielt haben, so dass wir wieder 2:0 in Führung gegangen sind, was so ein Dosenöffner war. Vorne Weil mit einer Hursey, die diesmal nicht zu schlagen war, aber insgesamt über die Mannschaftsleistung haben wir uns einen verdienten Sieg erkämpft und stehen im Finale.“

Doris Spiess (Abteilungsleiterin ESV Weil):

„Es wurde leider nichts mit dem Finaleinzug. Obwohl unsere Mädels alles versucht haben, Weinheim war immer einen Schritt voraus. Vielleicht war der Start etwas zu holprig, wieder gingen beide Doppel verloren, vielleicht war auch der Druck zu hoch oder vielleicht war Weinheim einfach besser. Auf jeden Fall war es wieder ein packendes Duell auf Augenhöhe. Weinheim wurde alles abverlangt. Überzeugend auf Weiler Seite einmal mehr Anna Hursey und Daniela Ortega, die beide Matches gewinnen konnten. Und Kornelija Riliskyte und Ievgeniia Sozoniuk hatten es in der Hand, das Spiel zu drehen. Aber wie auch immer, Weinheim hat verdient gewonnen. Wir sind trotz allem zufrieden mit dem Saisonverlauf und stolz darauf, im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft gespielt zu haben.“

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Beitragsbild oben: Chien Tung-Chuan hatte diesmal zwar gegen Anna Hursey das Nachsehen, trug mit ihrer Einzelbilanz von 12:2 sowie einer Doppelbilanz von 7:1 mit Yuan Wan entscheidend zum Weg des TTC 46 Weinheim ins Finale bei (Foto: Armin Schimkat).

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