Vorletztes Spielwochenende der Vorrunde im Damen-Oberhaus

Von Stephan Roscher|Dezember 8, 2023|bundesliga

Böblingen doppelt im Einsatz, Bingen will Erfolgsserie fortsetzen, Berlin hat die Spitze im Visier, Langstadt zeigt Respekt vor Kolbermoor

Ganz allmählich neigt sich eine tolle, spannende Vorrunde dem Ende zu. Sieben Begegnungen stehen noch aus, drei davon am kommenden Wochenende, die restlichen vier eine Woche später. Die SV Böblingen muss zweimal an die Tische, am Samstag in Bingen, tags darauf zu Hause gegen Serienmeister Berlin, der weiter Kurs auf die Tabellenspitze nehmen möchte. Der Tabellenführer gegen das Schlusslicht: In jeder anderen Sportliga wäre das eine glasklare Sache, nicht so in der 1. Bundesliga Damen. Wenn Langstadt Kolbermoor empfängt, gibt es nämlich keinen Favoriten – so dicht sind die Teams leistungsmäßig beieinander.

Samstag, 18.30 Uhr: TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – SV Böblingen

Nach fünfwöchiger Pause und zuletzt drei ganz starken Auftritten, empfängt die TTG Bingen/Münster-Sarmsheim am Samstag den Tabellennachbarn aus Böblingen zum letzten Heimspiel der Vorrunde in der Sporthalle der Grundschule „Am Mäuseturm“.

Mit dem Rückenwind aus den gewonnenen Partien gegen Weinheim, Kolbermoor und Jena darf man gespannt sein, wie sich das Team aus Rheinhessen gegen die Böblinger Mannschaft behaupten kann. Deren vorderes Paarkreuz mit der erfahrenen Defensivstrategin Quianhong Gotsch und der aufstrebenden jungen Nationalspielerin Annett Kaufmann allgemein gefürchtet und bärenstark ist. Erst vier Partien haben die Schwäbinnen bestritten und stehen mit ausgeglichenem Punktekonto auf dem fünften Tabellenplatz. Mit 6:4 Zählern darf sich die TTG gegenwärtig auf Platz drei dieser eminent starken Liga wohlfühlen.

Einmal mehr möchten die Gastgeberinnen alles versuchen, durch mannschaftliche Geschlossenheit und mit Herzblut einem gegnerischen Team Paroli zu bieten, das auf dem Papier leicht im Vorteil zu sein scheint. Nur leicht allerdings, da das hintere Paarkreuz des Bundesliga-Dinos mit den beiden Spitzenkräften nicht mithalten kann, die zusammen für eine starke 12:4-Bilanz im oberen Tableau stehen und auch ein gut harmonierendes Doppel verkörpern. Auch wenn sich Mitsuki Yoshida bisher recht ordentlich präsentiert hat, liegt das Manko der Schwaben eindeutig hinten. Der Winterneuzugang der SVB, die vom Zweitligisten TuS Uentrop gekommene Estin Airi Avameri, darf noch nicht mitmischen, sodass einmal mehr Yoshida und Alexandra Kaufmann versuchen müssen, den nach hinten raus stärker erscheinenden Bingenerinnen Paroli zu bieten.

Die TTG verfügt eben über die ausgeglichenere Truppe, während beim Gegner zwei Spielerinnen herausragen. Bei einer solchen Konstellation könnte man sich durchaus eine Punkteteilung vorstellen, doch das ist blanke Spekulation. Zudem ist nicht in Stein gemeißelt, dass die sich bisher sehr gut präsentierende und ziemlich unberechenbare Lea Rakovac gegen Gotsch und Kaufmann leer ausgeht. Wenn US-Teenager Sally Moyland, bei ihrer Debütvorstellung in Jena auf ganzer Linie überzeugend, wieder mitmischen könnte, wäre das gewiss ein zusätzliches Plus für Bingen, doch zu rechnen ist eher mit dem angestammten Quartett Rakovac, Tomanovska, Kuzmina, Mynarova.

Die SV Böblingen hat in der Vorsaison gegen Bingen einmal knapp gewonnen und einmal 5:5 gespielt, doch derzeit ist das Selbstvertrauen im Team der Rheinhessen größer als damals. Besonders gespannt ist man im Böblinger Lager auf Annett Kaufmann. Die 17-Jährige spielte letzte Woche bei der U19-Weltmeisterschaft im slowenischen Nova Gorica grandios auf und gewann zweimal Silber sowie eine Bronzemedaille.

Annett Kaufmann glänzte zuletzt bei der U19-WM und möchte am Wochenende in der Bundesliga nahtlos daran anknüpfen (Foto Roscher).

Bingens Vorsitzender Joachim Lautebach äußert sich vor der Partie unter anderem auch zur personellen Konstellation: „Ob Sally Moyland spielt, steht noch nicht fest. Diya Chitale ist für die Rückrunde vorgesehen. Wir vertrauen erst einmal auf unsere mannschaftliche Geschlossenheit. Ich gehe von einem engen Spiel aus. Kommt natürlich auch auf die Aufstellung von Böblingen an. Unsere Stammformation hat sich aber bisher auch gegen andere Mannschaften in Bestbesetzung gut verkauft.”

Rückrunden-Neuzugänge gibt es bei der TTG keine. Aber mit Sally Moyland und Diya Chitale hat man dann ja beinahe zwei Neue an Bord. Spannende und hochklassige Matches sind in jedem Fall auch am Samstag wieder zu erwarten.

Sonntag, 10.30 Uhr: SV Böblingen – ttc berlin eastside

Drei Partien stehen dieses Jahr für Böblingens Tischtennis-Asse noch an, die zweite am Sonntag, wenn der amtierende Deutsche Meister ttc berlin eastside in der BBG-Arena am Böblinger Silberweg 20 gastiert. Eine Herkulesaufgabe für Gotsch und Co. Während der Serienmeister und Titelfavorit ausgeruht an die Tische gehen kann, müssen die Schwäbinnen zunächst am Vorabend die Partie in Bingen erfolgreich über die Bühne zu bringen versuchen, bei der es eng zugehen könnte und spät werden kann. Mit einem Erfolg im Rücken, würde es sich gewiss auch leichter gegen Mittelham und Co. spielen lassen. Zu verlieren hat man aber nichts, die Außenseiterrolle kann bisweilen auch recht angenehm sein.

„Die Hauptstädterinnen, momentan Zweite, sind eine Wundertüte, besonders in der Vorrunde einer jeden Saison“, so Böblingens Pressebeauftragter Manfred Schneider in seiner Spieltagsvorschau.“ Schneider präsentiert Fakten: „Bereits sieben Spielerinnen kamen mehr oder weniger erfolgreich zum Einsatz. Nina Mittelham hat erst einmal mitgespielt, Shan Xiaona wird erst zur Rückrunde zurückerwartet. Die Niederländerin Britt Eerland bilanzierte 4:2, Ran Li-Kath 4:0. Ding Yaping, noch ein Jahr älter als „Hongi“, famose 7:1.“ Sein Fazit: „Alles in allem also ein anspruchsvolles Wochenende für die SV Böblingen. Mit einer Ausbeute von 2:2 Punkten wäre Manager Frank Tartsch sicherlich zufrieden.“

Der Gast aus der Hauptstadt möchte dagegen im “Ländle” keine Kompromisse machen und sein Punktekonto auf 9:3 verbessern. Es ist zwar kein vorrangiges Ziel, entscheidend ist für den Rekordchampion in erster Linie die direkte Halbfinal-Qualifikation am Ende der Runde, dennoch würde man sich sehr freuen, wenn es gelänge, den derzeitigen Spitzenreiter Langstadt noch in der Vorrunde vom “Platz an der Sonne” zu verdrängen. Durchaus möglich, dass dies funktioniert, zumal das Restprogramm der Hessinnen mit Kolbermoor und Dachau schwierig ist.

Das der Berlinerinnen mit Böblingen und Weinheim zwar auch, doch kann man personell wieder aus dem Vollen schöpfen und ist in Topbesetzung – in der Rückrunde wird diese mit Shan Xiaona noch eindrucksvoller aussehen – ohnehin eine Klasse für sich. Mit der zuletzt gesundheitlich angeschlagenen Sabina Surjan hat sich auch die Nummer drei zurückgemeldet und scheint für den Sonntag gesetzt zu sein. Die Linkshänderin aus Serbien kann ihrem Team insbesondere im hinteren Paarkreuz gewiss helfen, wenn oben Nina Mittelham und Britt Eerland aufschlagen. Dazu noch eine Ding Yaping und die Truppe wäre kaum zu schlagen. Doch auch in anderer Aufstellung im zweiten Paarkreuz, etwa mit Josi Neumann, Kathrin Mühlbach oder der in dieser Saison noch ungeschlagenen Ran Li-Kath, wäre der ttc eastside eine hohe Hürde für Gotsch und Co.

Sabina Surjan dürfte in Böblingen zum Einsatz kommen. Geade im hinteren Paarkreuz ist sie im Normalfall nur schwer zu schlagen (Foto Roscher).

Der Berliner Vereinspräsident Alexander Teichmann gibt zu Protokoll: „Gegen Böblingen wird es kein einfaches Spiel, da insbesondere das vordere Paarkreuz sehr stark ist. Nach ihrer Erkrankung können wir wieder auf Sabina Surjan zurückgreifen, was uns natürlich sehr freut.“

Sonntag, 14.00 Uhr: TSV Langstadt – SV DJK Kolbermoor

Nach sechswöchiger Pause greifen die Langstädter Bundesligadamen am Sonntag endlich wieder ins Geschehen in der nationalen Topliga ein. Fast schon ein wenig überraschend stehen die Südhessinnrn noch immer an der Tabellenspitze.

Allerdings geht es extrem eng zu im Oberhaus. Vom derzeitigen Ligaschlusslicht Kolbermoor trennen den TSV nur vier Punkte. Bei zwei oder drei Niederlagen in Serie rutscht man schnell hinten rein.

So war es auch den Oberbayern nach gutem Saisonstart ergangen. Drei teilweise unglücklich zustande gekomme Heimniederlagen ließen den Deutschen Meister von 2018 und Pokalchampion von 2019 auf einmal die Tabelle von ganz unten betrachten. Doch das Team hat Substanz und gehört dort einfach nicht hin. Zuletzt präsentierte man sich bei Serienmeister Berlin gut erholt und erreichte ein respektables Remis.

Es besteht folglich nicht der geringste Grund, die Tabelle zum Ausgangspunkt für eine Spielprognose zu machen. Es scheint vollkommen offen, was am Sonntag in der Langstädter Eckehard-Colmar-Halle geschieht und wird maßgeblich von den jeweiligen Aufstellungen, der Tagesform und dem berühmten Quäntchen Glück abhängen.

Mit den Oberbayern kommt übrigens der letztjährige Play-off-Gegner nach Langstadt. “Gegen Kolbermoor sind wir letzte Saison in den Play-offs ausgeschieden, da wollen wir uns gerne revanchieren”, sagt der Sportliche Leiter Manfred Kämmerer im Vorfeld des mit Spannung erwarteten Duells: “Allerdings sind die aktuellen Mannschaften mit denen aus der letzten Saison nur noch bedingt vergleichbar.”

Kolbermoor hat vor der Saison die Ausländerpositionen neu besetzt. Mit der 19-jährigen kroatischen Nationalspielerin Hana Arapovic und der ein Jahr älteren Inderin Swastika Ghosh, die erst ein Match verloren hat, haben sie sich gut verstärkt. Immer wenn Ghosh, deren Vorhand extrem stark ist, bisher gespielt hat, konnte ihr Team punkten. „Wir rechnen mit der stärksten Aufstellung von Kolbermoor und bereiten uns entsprechend vor“, betont TSV-Trainerin Anna Rauch. Ghoshs Einsatz ist jedoch nicht allzu wahrscheinlich. Sie spielt aktuell nämlich für Indien beim Mixed Team World Cup im chinesischen Chengdu. Ob sie es rechtzeitig zurück nach Deutschland schafft, erscheint fraglich.

„Unsere Mädels haben in der längeren Pause einige Turniere gespielt, daher gehe ich davon aus, dass sie auch voll im Rhythmus sind“, erklärt Rauch. Wer am Sonntag im TSV-Dress am Tisch stehen wird, wissen wir indes nicht. Der Verein hält sich wie immer in Sachen Aufstellung bedeckt. Erst zweimal war die Taiwanerin Cheng Hsien-Tzu dabei. Einiges wird davon abhängen, ob sie zu ihrem dritten Saisoneinsatz kommen wird. Ansonsten wäre eine Ersatzspielerin aus dem Zweitligateam erforderlich, das sich am Wochenende allerdings auf Punktspielreise in Bayern befindet. Chantal Mantz, Franziska Schreiner und Izabela Lupulesku dürften gegen Kolbermoor gesetzt sein.

„Es wird wie immer viel an der Aufstellung der Teams liegen“, ist auch Kolbermoors Trainer Michael Fuchs überzeugt. „Swastika ist aktuell für Indien beim Mixed Team World Cup. Wie wir letztendlich aufgestellt sein werden, ist aktuell noch nicht sicher zu sagen.“ Fuchs fährt fort: „So oder so wird es gegen Langstadt ein schweres Spiel. Langstadt hat ein sehr ausgeglichenes Team und gewinnt dadurch meiner Meinung auch seine Spiele in dieser Saison. Dennoch sehe ich auch unsere Chance. Wichtig ist, dass wir in den Doppeln nicht in Rückstand geraten. Dann denke ich, werden wir ein offenes Spiel sehen.“ Fuchs kann eine neue Personalie für die zweite Saisonhälfte vermelden: „Wir freuen uns sehr, dass wir Dina Meshref für die Rückrunde verpflichten konnten. Aber wie bei allen internationalen Stars, wird auch sie viel auf WTT-Turnieren unterwegs sein und es ist nicht absehbar, wie oft sie zum Einsatz kommen wird beziehungsweise kann.“

Auch der Gegner, für den Meshref übrigens drei Jahre lang im Spitzenpaarkreuz aufgeschlagen hat, war auf dem Transfermarkt tätig. Die Südhessen nahmen zur Rückrunde mit der 26-jährigen Linkshänderin Xin Liu eine spielstarke Chinesin unter Vertrag. Tanja Krämer verlässt indes den TSV Langstadt nach drei erfolgreichen Jahren. Die Deutsche Einzelmeisterin von 2008 plant nach ihrer schweren Knieverletzung zunächst ein behutsames Comeback bei einem Herren-Bezirksligisten in der Nähe ihres pfälzischen Wohnorts. Ohne Frage ein herber Verlust für die Bundesliga.

Tanja Krämer, hier zusammen mit Franziska Schreiner beim Pokalturnier Anfang Januar in Berlin, verlässt verletzungsbedingt die 1. Bundesliga Damen (Foto Roscher).

Links

1. Bundesliga Damen auf tischtennis.de

1. Bundesliga Damen auf click-TT: Spielplan, Infos und Tabelle

Liveticker

Beitragsbild oben: Lea Rakovac möchte mit Bingen auch gegen Böblingen punkten und möglichst eine der beiden SVB-Topspielerinnen schlagen (Foto Roscher).

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