Feuriges Bundesligaduell endet mit leistungsgerechter Punkteteilung

Von Stephan Roscher|Dezember 9, 2023|bundesliga

TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – SV Böblingen 5:5

Fast konnte man damit rechnen: Wie so oft in dieser bemerkenswerten Vorrunde erlebten die Fans ein rassiges Spiel voller spannender Momente und ein Remis, wie es gerechter nicht sein könnte. Wie erwartet, hatte der Gast aus Böblingen Vorteile im Spitzenpaarkreuz, während das Team aus Bingen hinten stärker war. Allerdings gab es jeweils einen “Ausreißer”: Lea Rakovac besiegte Qianhong Gotsch und Mitsuki Yoshida Karolina Mynarova.

Bingen trat – wie im Vorfeld vom Vorsitzenden Joachim Lautebach bereits angedeutet – ohne Sally Moyland an und gab den angestammten vier Spielerinnen das Vertrauen, die in dieser Runde aufgrund ihres Team Spirits und der mannschaftlichen Geschlossenheit schon mehrfach erfolgreich waren. Auch in der Böblinger Aufstellung gab es keine Überraschung: Vorne mit den beiden Topkräften “Hongi” Gotsch und Annett Kaufmann, hinten mit Mitsuki Yoshida und Alexandra Kaufmann.

Es war eine ungemein spannende Partie, Böblingens Pressewart Manfred Schneider sprach sogar von einem “wilden Bundesliga-Spiel”. Sehr ansehnlich war es allemal und mit Herzblut gefightet wurde von beiden Teams vom ersten bis zum letzten Ball.

Böblingen nach erstem Durchgang mit 4:2 in Front

Beide Doppel waren hart umkämpft. Annett Kaufmann/Yoshida gewannen gegen Tomanovska/Kuzmina für Böblingen in fünf Sätzen, Gotsch/Alexandra Kaufmann gaben sich im vierten Durchgang erst mit 12:14 gegen Rakovac/Mynarova geschlagen.

Annett Kaufmann bog gegen die schon in ihrem ersten Match starke Lea Rakovac im ersten Satz einen 3:9-Rückstand um. Im zweiten Satz trumpfte dann die Kroatin auf, im dritten und vierten Böblingens „Nesthäkchen“, das viel Schwung von der U19-WM in Slowenien mitgebracht hatte – an diesem Abend war die 17-Jährige eindeutig beste Spielerin im Dress der Schwaben.

Die klar favorisierte Qianhong Gotsch musste nur im dritten Satz gegen die Tschechin Katerina Tomanovska zeitweilig einem Rückstand hinterherlaufen, löste diese Aufgabe aber mit ihrer ganzen Routine und behielt mit 15:13 die Oberhand. Zwischenstand 3:1 für die Gäste aus dem „Ländle“, „ein Ergebnis nahe am Optimum“, wie Manfred Schneider meinte.

Mitsuki Yoshida gelang hinten gegen Karolina Mynarova ein „Break“ (Foto Roscher).

Doch nun kam ja das hintere Paarkreuz und da traute man es den Bingenerinnen sehr wohl zu, den Schalter umzulegen und zum 3:3 auszugleichen. Alexandra Kaufmann begann jeden Durchgang stark gegen Elena Kuzmina und führte mit 4:2 im ersten sowie mit 3:1 und 5:2 im zweiten Satz, konnte das hohe Niveau aber nicht halten, sodass Bingens Russin am Ende doch sehr souverän mit 11:5, 11:5 und 11:2 die Oberhand behielt. Mitsuki Yoshida indes schaffte das „Break“ und gab Karolina Mynarova in einem sehenswerten Fünfsatz-Match mit spekatulären Ballwechseln das Nachsehen. 4:2 für Böblingen. „Nur“ noch zwei Siege vorne und der Auswärtssieg wäre unter Dach und Fach gewesen.

Rakovac schlägt Gotsch und bringt Bingen zurück ins Spiel

Doch darauf verspürte Lea Rakovac nicht die geringste Lust, der „Hongi“ Gotschs Spielsystem ohnehin recht gut liegt. Zwar ging der erste Satz noch klar an Gotsch, doch dann war die Kroatin voll im Flow und schien Böblingens allseits gefürchtete Defensiv-Ikone aus der Halle schießen zu wollen: 11:3 und 11:4 für Rakovac in den Sätzen zwei und drei. Würde die 55-jährige Böblingerin nochmal ins Spiel zurückfinden? Gotsch wäre nicht Gotsch, wenn sie klein beigegeben hätte. Ihre Antwort lautete 11:1 – somit ging es in den fünften Durchgang. Doch da ließ Rakovac nichts mehr anbrennen, die über 6:1 auf 10:3 davonzog und kurz darauf ihren zweiten Matchball zur Freude der Bingener Fans verwandelte.

Vorne lag jedoch immer noch die SVB und ein Auswärtssieg war nach wie vor in Reichweite, erst recht, als Annett Kaufmann – nach einem 1:11 im ersten Satz (!) – gegen Katerina Tomanovska im Linkshänderinnen-Duell zum 5:3 der Gäste punktete. Diesmal jedoch ließen die Gastgeberinnen hinten gar nichts anbrennen. Die starke Elena Kuzmina behielt auch gegen Mitsuki Yoshida die Oberhand (3:1) und Karolina Mynarova dominierte gegen Alexandra Kaufmann ohne erkennbare Mühe (3:0).

Gerechte Punkteteilung: Böblingen und Bingen können mit dem Remis gut leben

Mangels eines mitgereisten Trainers coachten sich die Böblingerinnen wieder untereinander. „Das war okay so, ein Coach war nicht da, da haben wir uns gegenseitig betreut. Wir sind zufrieden, wir haben wie immer gekämpft und alles gegeben“, meinte Qianhong Gotsch zu der fast dreistündigen Partie. Ihre Niederlage gegen Rakovac kommentierte Böblingens Nummer eins wie folgt: „Lea spielt hervorragend gegen Abwehr. Da muss ich Risiko gehen, also angreifen. Gelingt das, kann ich einen Satz hoch gewinnen. Falls nicht, verliere ich hoch.“

„Unter den gegebenen Umständen sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden, das leistungsgerecht war“, versicherte Joachim Lautebach. „Wir hatten erfahren, dass sowohl Lea Rakovac als auch Karolina Mynarova in der Woche wegen einer Grippe mit dem Training pausieren mussten – und das merkte man den beiden auch heute noch an. Umso höher ist zu bewerten, dass sie sich trotzdem voll reingehängt und starke Leistungen gezeigt haben, insbesondere Rakovac hat gegen Gotsch einmal mehr sehr überzeugend gespielt.“ Lautebach ergänzte: „Auch „Karo“ hat gegen Alexandra Kaufmann ein souveränes Spiel gezeigt. Katerina hat trotz ihrer beiden Niederlagen vorne gut gespielt und Elena war hinten mit ihren beiden Siegen eine Bank. Heute hat sich wieder unsere mannschaftliche Geschlossenheit gezeigt, mit der wir schon viele Punkte geholt haben.“ Nun hofft man noch auf einen guten Abschluss der ersten Halbrunde. „Vielleicht gelingt es uns, in einer Woche in Dachau, wenn unsere Spielerinnen alle wieder richtig fit sind, einen weiteren Punkt zu holen“, kalkuliert Lautebach. „Dann wären wir mit der Vorrunde äußerst zufrieden.“

Die TTG hat damit einstweilen ihren tollen dritten Tabellenplatz mit 7:5 Punkten verteidigt, die SVB bleibt ihr als Vierter mit 5:5 Zählern auf den Fersen. Nach der Partie trat man sofort die Rückreise nach Baden-Württemberg an, denn bereits morgen ab 10.30 Uhr heißt es, irgendwie dem Topfavoriten ttc berlin eastside Paroli zu bieten. Die Hinserie schließt Böblingen indes erst in acht Tagen mit dem ebenfalls schweren Auswärtsspiel in Weinheim ab. Die Rheinhessinnen haben eine Woche Verschnaufpause und duellieren sich zum Abschluss der Vorrunde am kommenden Samstag in fremder Halle mit dem TSV Dachau, einem Gegner, der wie Böblingen über ein extem starkes Spitzenpaarkreuz verfügt.

Am Sonntag spielen: SV Böblingen – ttc berlin eastside (10.30 Uhr), TSV Langstadt – SV DJK Kolbermoor (14 Uhr).

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Beitragsbild oben: Elena Kuzmina spielt bisher eine gute Saison und konnte ihrem Team gegen Böblingen mit zwei Einzelsiegen helfen (Foto Roscher).

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