Topspiel in Berlin: eastside will einzigen Verfolger distanzieren, Langstadt empfängt Böblingen
Zwei Partien stehen in der 1. Bundesliga Damen am Sonntag auf dem Programm. Eine davon ist ein echter Kracher, denn Ligaprimus und Meisterschafts-Topfavorit ttc berlin eastside empfängt den einzigen Verfolger TuS Bad Driburg. Ungeachtet aller Rechenspiele darf sich der Hauptstadtklub auf seinen sechsten nationalen Meistertitel freuen, sofern er auch diese Hürde meistert. In Langstadt begegnen sich mit dem TSV und der SV Böblingen Tabellennachbarn aus dem hinteren Mittelfeld, wobei die Aufstellung der Südhessen stark vom Verlauf der Ungarn Open in Budapest abhängt.
Sonntag, 14.00 Uhr: TSV Langstadt – SV Böblingen
Für den TSV Langstadt ist die Spielzeit 2019/20 – gemessen an der Debütsaison im Oberhaus, als das Team auf einer Euphoriewelle bis ins Play-off-Halbfinale getragen wurde – bisher nicht nach Maß gelaufen. Aktuell Platz sechs und 8:14 Punkte bleiben hinter den eigenen Ansprüchen und dem, was man zu leisten imstande ist, zurück. Allerdings ist das in dieser Saison, in der ausnahmsweise keine Play-offs gespielt werden, nicht von überragender Bedeutung, solange man nicht in die Abstiegszone rutscht. Und ganz unten scheint inzwischen alles geklärt zu sein. Dennoch möchte Langstadt im letzten Saisondrittel nochmal Gas geben und den Fans, mit gut 220 pro Spiel nach wie vor die meisten aller Erstliga-Klubs, noch etwas bieten. Damit möchte man gegen den Tabellennachbarn SV Böblingen den Anfang machen und das eigene Punktekonto aufbessern.
Der sportliche Leiter Manfred Kämmerer ist über den Spieltermin nicht allzu glücklich. „Ich denke, der Faschingssonntag wird uns viele Zuschauer kosten“, so Kämmerer. „Ich hoffe trotzdem, dass wir wieder mit toller Unterstützung unserer Fans rechnen können. Mit „Hongi“ Gotsch hat Böblingen schließlich eine Ausnahmespielerin, die durch ihr Abwehrspiel für attraktives Tischtennis garantiert.“ Der Spieltermin ist aus einem weiteren Grund für den TSV nicht unproblematisch. Sowohl Petrissa Solja als auch die beiden ausländischen Nationalspielerinnen Cheng Hsien-Tzu und Dina Meshref sind beim World-Tour-Turnier in Ungarn am Start. „Wenn sie dort sehr weit kommen, könnte es sein, dass sie nicht rechtzeitig zum Spiel da sind. Das macht die Planung für die Partie natürlich relativ kompliziert“, beschreibt Coach Thomas Hauke die Problemlage.
Gegner Böblingen ist insofern im Vorteil, als keine Spielerin in Budapest dabei ist. Dennoch kann man personell nicht aus dem Vollen schöpfen. Im Vorbericht von SVB-Pressewart Manfred Schneider lesen wir: „Annett Kaufmann gewann letztes Wochenende das Top-12-Bundesranglistenfinale bei den unter 15-Jährigen ohne einen einzigen Satzverlust. Annett spielt kommendes Wochenende allerdings ein Turnier in Schweden. Ebenfalls nicht in Langstadt dabei sein wird Rosalia Behringer. Die 29-Jährige teilte Manager Frank Tartsch nach der letzten Bundesliga-Partie mit, dass sie Mutterfreuden entgegen sieht.“
Es bleibt den Schwaben folglich nur das Quartett Qianhong Gotsch, Xu Yanhua, Mitsuki Yoshida und Alexandra Kaufmann. Wobei Yanhuas Einsatz noch nicht zu 100 Prozent feststeht, die vor Ort entscheiden wird, ob ihre Knieverletzung einen Start zulässt. Gecoacht werden Gotsch und Co. von Volker Ziegler und Andrzej Kaim. Man weiß, dass es schwierig wird, den Hinspielsieg zu wiederholen – der 6:3-Erfolg der SVB-Asse im Oktober beendete eine gefühlt endlose Bundesliga-Durststrecke der Württembergerinnen –, lässt sich aber keine Prognosen entlocken. „Wir schauen nach vorne und in Langstadt geht‘s am Sonntag weiter“, gibt Ziegler kurz und bündig die Marschrichtung vor.
Sonntag, 16.00 Uhr: ttc berlin eastside – TuS Bad Driburg
„Die eastside-Jägerinnen kommen“ betitelt Ligaprimus Berlin auf seiner Webseite den Vorbericht zum Schlagerspiel des Damen-Oberhauses in der Sporthalle am Anton-Saefkow-Platz. Natürlich ist der verlustpunktfreie Spitzenreiter, der das Hinspiel in Ostwestfalen mit 6:2 gewann, auch diesmal gegen Bad Driburg eindeutiger Favorit. Die Überschrift ist jedoch insofern richtig, als der TuS (18:2 Punkte) wirklich der einzige Klub ist, der die Hauptstädterinnen (20:0) auf ihrem Weg zum sechsten Meistertitel – auch das vierte Triple der Vereinsgeschichte ist anvisiert – noch aufhalten könnte. Zumindest in der Theorie.
Die Driburgerinnen spielen eine tolle Saison und haben bisher neun Spiele gewonnen – alle Neune, klammert man eastside einmal aus. Im Spielverhältnis manifestiert sich dennoch ein deutlicher Unterschied (Berlin 60:8, Bad Driburg 56:32), der einen Hinweis darauf gibt, wie die Stärkenverhältnisse tatsächlich liegen.
„Das Spiel gegen Bad Driburg ist natürlich das entscheidende Spiel um den Meistertitel“, lässt ttc-Manager Andreas Hain keinen Zweifel aufkommen. „Dementsprechend werden wir auch in Bestbesetzung antretend alles daran setzen, dieses wichtige Spiel zu gewinnen.“ Bestbesetzung bedeutet, dass eastside in der Aufstellung Yu Fu, Xiaona Shan, Nina Mittelham und Matilda Ekholm an die Tische gehen wird. Mit einem Sieg könnte der amtierende Deutsche Meister und Pokalsieger seinen Vorsprung auf vier Punkte ausbauen und die Tür zur Titelverteidigung sperrangelweit aufstoßen. „Mit Blick auf die beiden schweren Champions-League-Halbfinalspiele gegen Tarnobrzeg hätte die Mannschaft dann etwas Ruhe und könnte sich zu 100 Prozent auf diese beiden Matches konzentrieren“, ist Hain überzeugt.
Beim ersten Aufeinandertreffen beider Rivalen am 30. November in Bad Driburg hatte für den Gastgeber nur Europe-Top16-Finalistin Britt Eerland ein Einzel gewinnen können (3:1 gegen Georgina Pota) und zudem das Doppel Eerland/de Nutte gepunktet. Eerland agiert auf einem ähnlichen Niveau wie die Berliner Asse. Die übrigen Bad Driburgerinnen – vermutlich werden noch die in der Bundesliga solide spielende Luxemburgerin Sarah de Nutte, Toptalent Sophia Klee sowie die routinierte Ex-DTTB-Nationalspielerin Nadine Bollmeier für das Überraschungsteam der Saison auflaufen – müssten schon alle einen Traumtag erwischen, um den Gastgeber mit seiner auf allen Positionen europäisches Topniveau verkörpernden Truppe ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Aber die Entscheidung fällt, wie immer, an den Tischen und dann zählen Prognosen nicht mehr.
Dennoch
glaubt auch TuS-Manager Franz-Josef Lingens nicht wirklich an eine Sensation. „Naturlich
ist es auf dem Papier das absolute Spitzenspiel, aber alle wissen, dass eine
Favoritenstellung nicht höher sein kann als die von Berlin bei diesem Spiel“,
so Lingens. „Wir werden aber alles geben,
uns gut zu verkaufen. Unser Ziel ist nach der Niederlage von Kolbermoor in
Bingen letzte Woche nun ganz klar die Deutsche Vizemeisterschaft.“
Beitragsbild oben: Die Niederländerin Britt Eerland war im Hinspiel an beiden Bad Driburger Punkten beteiligt.
Text & Fotos (4): Dr. Stephan Roscher