Rückrundenstart in der 1. Bundesliga Damen: Weinheim, Dachau und Bingen doppelt gefordert

Von Stephan Roscher|Januar 17, 2025|bundesliga

14 Tage nach dem tollen Jahresauftakt mit dem Pokalturnier in Sinzheim, geht es nun auch in der Liga wieder zur Sache. Vier Partien stehen auf dem Programm. Herbstmeister Weinheim möchte zu Hause gegen Dachau sowie in Weil die Tabellenführung festigen. Tabellenschlusslicht Bingen muss zunächst in Langstadt an die Tische und empfängt am Sonntag die Truppe aus Dachau. Wenn man noch eine Aufholjagd starten will, müssen jetzt Punkte her, egal gegen wen. Im Übrigen hängt, das ist nichts Neues, sehr viel von den Aufstellungen ab. Wer seine Topspielerinnen aufbieten kann, besitzt natürlich größere Siegchancen.

Samstag, 15 Uhr: TSV Langstadt – TTG Bingen/Münster-Sarmsheim

Der TSV Langstadt hat die Vorrunde in der 1. Bundesliga Damen auf einem sehr passablen zweiten Tabellenplatz mit 9:3 Punkten abgeschlossen. Am Samstag bietet sich beim Rückrundenauftakt in heimischer Halle die Gelegenheit, nachzulegen. Auf dem Papier geht man als klarer Favorit in die Partie gegen Schlusslicht Bingen, das fünfmal in Folge verloren hat und am Ende des Jahres ziemlich von der Rolle war, sich aber beim Pokalturnier in Sinzheim verbessert und nicht mehr verunsichert gezeigt hat.

Die Langstädterinnen werden den Gegner gewiss nicht auf die leichte Schulter nehmen, der ihnen letzte Saison in fast identischer Aufstellung einige heiße Duelle geliefert hat und erst im „Golden Match“ des Viertelfinales ganz knapp den Kürzeren gezogen hatte. Folglich kann man keineswegs zwingend davon ausgehen, dass es eine lockere Angelegenheit wird wie beim 6:1-Hinspielsieg am Binger Mäuseturm Ende November, als lediglich ein Doppel verloren ging.

„Wir müssen gegen Bingen von Anfang an sehr konzentriert sein“, sagt denn auch TSV-Trainerin Anna Rauch. „Gerade in den Doppeln haben wir in der Vorrunde unsere Probleme gehabt. Bingen hat fast schon traditionell gute Doppel. Wenn wir da gleich in Rückstand geraten, kann so ein Spiel ganz schnell in die falsche Richtung gehen.“ „Unsere Mannschaft hat eine super Vorrunde gespielt und möchte natürlich an diese Leistungen anknüpfen“, so der Sportliche Leiter Manfred Kämmerer.

Die Rheinhessen haben keinen Star in ihren Reihen, sondern setzen seit Jahren auf die Ausgeglichenheit des Teams und auf gut harmonierende Doppel. Die erfahrenen Spielerinnen Lea Rakovac, Qi Shi, Elena Kuzmina und Karolina Mynarova werden gewiss alles versuchen, um einen ordentlichen Rückrundenstart hinzulegen. Langstadt ist eine Partie mit Derbycharakter, folglich wird man sich da vermutlich besonders hineinhängen.

Die Aufstellung des Gastgebers bleibt, wie immer, ein wohl gehütetes Geheimnis. Man könnte sich aber gut vorstellen, dass dasselbe Quartett wie gegen Dachau und im Pokal auflaufen wird, also Chantal Mantz, Franziska Schreiner, Izabela Lupulesku und Sophia Klee – vorausgesetzt Thailand-Ass Orawan Paranang steht noch nicht wieder zur Verfügung. Aus dem Zweitliga-Team wäre Ersatz kaum möglich, da Lorena Morsch beim WTT-Youth-Contender in Tunesien aufschlägt – überaus erfolgreich, die Bronzemedaille im U17-Wettbewerb war allein schon die Reise wert – und Alena Lemmer wie Janina Kämmerer bei den Hessischen Meisterschaften in Bruchköbel spielen werden.

Ob das Langstädter „Selfie-Quartett“ vom Pokalturnier spielen wird (v.l. Franziska Schreiner, Chantal Mantz, Sophia Klee, Izabela Lupulesku)?

Bingens Vorsitzender Joachim Lautebach hofft auf den Aufschwung. „Nach dem guten Auftritt der Mannschaft im Pokalwettbewerb, hoffen wir natürlich, dass unser Team am Wochenende ansprechende Auftritte zeigen und wieder an die guten Leistungen der vergangenen Saison anknüpfen kann“, so Lautebach. „Obwohl die Spielerinnen im bisherigen Saisonverlauf eigentlich nicht schlecht gespielt haben, fehlte in engen Begegnungen einfach auch das notwendige Selbstvertrauen. Deshalb wäre es wichtig, endlich wieder einmal ein Spiel zu gewinnen. Dass das am Wochenende nicht einfach wird, ist klar und hängt natürlich auch von den Aufstellungen der beiden Gegner ab. In den beiden Spielen sind wir jedenfalls wieder Außenseiter, trotzdem wird die Mannschaft sich entsprechend einsetzen und alles versuchen, vielleicht eine Überraschung zu schaffen. Wir hoffen natürlich auch, dass diesmal alle Spielerinnen gesund sind.“

Samstag, 17 Uhr: TTC 1946 Weinheim – TSV Dachau 65

Nach einer starken Vorrunde stehen die Weinheimerinnen mit stolzen 11:1 Punkten ganz oben in der Tabelle. Dort möchten sie natürlich auch bleiben. Der Tabellendritte aus Dachau dürfte ein echter Prüfstein werden. Beide Teams haben etwas gemeinsam, nämlich eine besonders spielstarke asiatische Spitzenspielerin. Die Rede ist von Weinheims Taiwanerin Chien Tung-Chuan, die in der Vorrunde eine makellose 8:0-Bilanz erspielte, und Dachaus südkoreanischer Abwehrspielerin Byun Seoyoung (9:2). Ob sie zur Verfügung stehen, wissen wir nicht. Zwar heißt es, dass der Gastgeber komplett antritt, doch bleibt einstweilen offen, ob Chien spielt oder ihre Landsfrau Cheng Hsien-Tzu.

Wenn Dachau mit Byun Seoyoung anreist, wird es für die Gegner richtig schwer.

Beide Teams haben natürlich noch mehr zu bieten, Weinheim etwa die sehr konstante Yuan Wan, zuletzt beim Pokalturnier in guter Form, ferner Ece Harac und Mateja Jeger. Dachau hat eine Sabine Winter, die auch nach Materialumstellung – sie spielt auf der Rückhand inzwischen einen Antitop-Belag – erfolgreich ist, oder die junge Koharu Itagaki, Tin-Tin Ho und Naomi Pranjkovic.

Sollten auch die Oberbayern in Topbesetzung auflaufen, könnte es eine enge Partie werden, bei der die Tagesform den Ausschlag gibt. Erst am 14.12. hatte man sich im Hinspiel gegenübergestanden. Weinheim konnte nach zwischenzeitlicher 4:2-Führung nur noch ein Match gewinnen, sodass es zum bisher einzigen Punktverlust der Nordbadenerinnen kam.

Weinheim tut alles dafür, diesmal beide Punkte zu ergattern. „Wir werden komplett antreten, um unseren Zuschauern auch gutes Tischtennis bieten zu können“, gibt Manager Christian Säger zu Protokoll. „Dachau ist ein sehr gefährlicher Gegner für uns. Wenn Sie alles an Bord haben, können Sie jedem Team der Liga gefährlich werden. Natürlich versuchen wir, unsere Serie weiter auszubauen und ungeschlagen zu bleiben.“

Dachaus Trainer Alexander Yahmed geht davon aus, dass es gerade in Weinheim schwer werden wird: „Weinheim hat ja nicht so viele Punkte liegen lassen, nämlich erst einen, das wird wohl die Mannschaft sein, an der man vorbei muss zur deutschen Meisterschaft. Wir sind uns unserer Position bewusst und schauen, was geht.“ Yahmed möchte damit nicht zum Ausdruck bringen, dass er sein eigenes Team als heißen Meisterschaftsanwärter betrachtet, sondern einfach, dass der Weg zum Titel, für wen auch immer, nur über den TTC 46 Weinheim führen kann.

Sonntag, 14 Uhr: ESV Weil – TTC 1946 Weinheim

Tags darauf geht es für die Weinheimerinnen zum Baden-Derby nach Weil. Von geographischer Nähe kann aber trotz des Derbys nicht die Rede sein, mächtige 260 Kilometer liegen zwischen Weinheim im nördlichen Baden und Weil am Rhein im äußersten Südwesten.

Die Truppe aus dem Dreiländereck hat als Aufsteiger eine vorzügliche Hinrunde gespielt. 6:6 Zähler können sich sehen lassen, zumal gegen Teams wie Berlin und Kolbermoor jeweils doppelt gepunktet wurde. Mit der jungen Waliserin Anna Hursey verfügt man über eine starke Spitzenspielerin und die Nummer zwei, Ievgeniia Sozoniuk, spielt gerade in der Form ihres Lebens und hat in Sinzheim sogar eine Nina Mittelham geschlagen. Hinten ist man mit der Chilenin Daniela Ortega und der jungen deutschen Defensivspielerin Lea Lachenmayer auch absolut ligatauglich aufgestellt. Zudem gilt man als heimstark und kann vor allem, gerade gegen die Großen, ohne jeglichen Druck aufspielen.

Möchte auch gegen Dachau und in Weil nicht leer ausgehen: Ece Harac (TTC 46 Weinheim).

Mit einem lockeren Sonntagsspaziergang im Dreiländereck dürfen die Weinheimerinnen folglich nicht rechnen, zumal ihnen dann noch das Spiel gegen Dachau vom Vorabend in den Knochen stecken dürfte. Christian Säger, dessen Team ja komplett sein wird, sagt im Vorfeld der Partie: „In der kleinen Halle in Weil ist es nie einfach. Mit Anna Hursey haben sie eine junge Spielerin vorne, die eine tolle Vorrunde gespielt hat.“ 6:2 lautet die Bilanz der 18-jährigen Weilerin, der eine große Zukunft vorausgesagt wird, gegen die Besten der Liga. Doch gewinnen will der TTC 46 nichtsdestotrotz: „Natürlich versuchen wir, unsere Serie weiter auszubauen.“

Weils Abteilungsleiterin Doris Spiess hofft natürlich, dass die Rückserie ebenso gut wird, wie es die ersten sechs Partien waren. „Wir freuen uns darauf, unseren Fans den Tabellenführer zu präsentieren“, kündigt Spiess an. „Im Gegensatz zur Vorrunde, als wir bei unserer 2:6-Niederlage ohne Anna Hursey antreten mussten, sind wir jetzt komplett. Wir wollen alles daran setzen, als ebenbürtiger Gegner aufzulaufen und mit den Zuschauern im Rücken das Ergebnis der Vorrunde zu verbessern.“

So stark wie in dieser Saison hat sie noch nie gespielt: Ievgeniia Sozoniuk.

Sonntag, 14 Uhr: TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – TSV Dachau 65

Kein einfaches Wochenende für die Truppe aus Rheinhessen. Erst Langstadt, dann Dachau, beides Topteams der nationalen Elite-Liga. Doch wenn man mit dem Punkten anfangen will, muss es an diesem Wochenende geschehen. Man brennt darauf, sich für die bescheidene Vorrunde zu rehabilitieren und will gerade den eigenen Fans wieder gutes, spannendes Tischtennis zeigen. Man ist hungrig auf das eine Erfolgserlebnis, das vielleicht alles noch in eine andere Richtung lenken könnte.

Möchte in der Rückrunde zeigen, was sie wirklich kann: Lea Rakovac.

Man weiß jedenfalls, dass man sich in der ersten Halbrunde deutlich unter Wert verkauft hat – und das lag gewiss nicht nur an der Verletzung von Katerina Tomanovska, zumal man ja mit der Erstliga-erfahrenen Shi Qi eine gute Nummer zwei an Bord hat, sodass die Gesamtqualität eigentlich nicht schlechter ist als im Vorjahr. Doch wenn man sieht, dass eine Lea Rakovac, die schon so viele Klassespiele im Bingener Dress gezeigt hat, die Vorrunde mit einer 1:10-Bilanz abschloss, zeigt das, dass die magere Vorrunden-Ausbeute nicht zuletzt an der Psyche lag. Wenn die „Leitwölfin“ patzt, werden eben auch die anderen nervös, wobei man die erste Halbserie keineswegs auf das Leistungstief der Lea Rakovac herunterbrechen sollte. Da war einfach bei allen reichlich Sand im Getriebe.

Zeit dass sich was dreht – allerhöchste Zeit. Jetzt oder nie, mag mancher Fan der TTG denken. Das ursprüngliche Saisonziel, sich für die Play-offs zu qualifizieren, ist – so realistisch muss man sein –, erst einmal in weite Ferne gerückt. Ob es noch zu erreichen ist, erscheint fraglich. Man will sich jedoch keineswegs den Vorwurf machen müssen, nicht alles versucht zu haben.

Gerade unter diesen Voraussetzungen dürfen die Dachauerinnen nicht damit rechnen, am Sonntag irgendwelche Geschenke zu erhalten. Bingen wird versuchen, wie früher über den Kampf und die mannschaftliche Geschlossenheit sowie zwei solide Doppel ins Spiel zu finden, der Gast muss auch kämpferisch gut dagegenhalten, wenn er keine unliebsame Überraschung erleben möchte.

Kann jetzt auch richtig unangenehm spielen: Dachaus frischgebackene Antitop-Spezialistin Sabine Winter.

Dachaus Trainer Alexander Yahmed räumt ein: „Gegen Bingen schaut es auf dem Papier vielleicht einfach aus, aber uns ist bewusst, wir spielen auswärts und der Tabellenplatz unseres Gegners ist nicht ganz objektiv, deswegen hoffe ich, dass wir top vorbereitet in das Spiel gehen und unsere Bestleistung abrufen können.“

„Nach dem guten Auftritt der Mannschaft im Pokalwettbewerb, hoffen wir natürlich, dass unser Team auch in den Spielen gegen Langstadt und vor allem zuhause gegen Dachau ansprechende Auftritte zeigen und wieder an die guten Leistungen der vergangenen Saison anknüpfen kann“, hofft Joachim Lautebach auf ein erfolgreiches Wochenende für seine TTG nach langer Durststrecke.

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Beitragsbild oben: Anna Hursey wird gegen Weinheim als Nummer eins des ESV Weil auflaufen.

Fotos (7): Dr. Stephan Roscher

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