Kolbermoor und Böblingen lösen Halbfinal-Tickets
Der SV DJK Kolbermoor und die SV Böblingen stehen in den Halbfinal-Play-offs. Nicht unerwartet schlug Kolbermoor – trotz einer überragenden Chantal Mantz – den TSV Langstadt mit 6:3, während sich die SV Böblingen in einer Partie, die nichts für schwache Nerven war, gegen den TSV Schwabhausen mit 6:4 durchsetzte. In den Halbfinals Anfang Juni trifft Kolbermoor auf den ttc berlin eastside und Böblingen auf den TTC 46 Weinheim.
SV DJK Kolbermoor – TSV Langstadt 6:3
Vor 163 Zuschauern in der Kolbermoorer ROFA-Arena setzte sich der favorisierte SV DJK Kolbermoor auch in der zweiten Partie gegen den TSV Langstadt durch und zog letztlich souverän ins Meisterschaftshalbfinale ein.
Allerdings waren die Südhessen heute, obwohl sie erneut mit zwei Ersatzspielerinnen anreisten, denselben, die auch im Hinspiel zum Einsatz kamen, ein stärkerer Gegner als beim 1:6 am Freitag. Sieben Sätze konnte man bloß im Hinspiel gewinnen, diesmal waren es immerhin 14.
Namentlich Chantal Mantz spielte in Galaform auf und sorgte fast im Alleingang für ein respektables Langstädter Ergebnis. Mantz gewann ihre Einzel gegen Linda Bergström (3:2) und Kristin Lang (3:1) sowie ihr Doppel an der Seite von Franziska Schreiner äußerst knapp in fünf Sätzen gegen die Defensivformation Bergström/Ganina. Wie schon im Hinspiel, schrammte Ersatzspielerin Alena Lemmer an einer Überraschung gegen Solomiya Brateyko vorbei, erneut unterlag die Hessin mit 2:3, diesmal noch knapper als am Freitag mit 10:12 im Entscheidungssatz, nach zwei Durchgängen hatte Lemmer noch wie die sichere Siegerin ausgesehen. Und im fünften Durchgang hatte sie auch noch mit 8:5 und 9:8 geführt. Langstadts “Nesthäkchen”, die 14-jährige Lorena Morsch, blieb erneut gegen Svetlana Ganina weitestgehend chancenlos, verlor aber den zweiten Durchgang erst in der Verlängerung.
Für Kolbermoor, das ebenso wie der Gegner exakt in der Formation des Hinspiels an die Tische ging, punkteten zudem Kristin Lang (3:1 gegen Franziska Schreiner), Linda Bergström (3:2 gegen Schreiner), Ganina (3:0 gegen Lemmer) und zu Beginn das Doppel Lang/Brateyko (3:0 gegen Lemmer/Morsch). Nach dem so knapp verpassten direkten Halbfinaleinzug ist der Deutsche Meister von 2018 nun also doch im Halbfinale der Saison 2022/23 angekommen.
“Das Spiel war heute nicht unerwartet schwieriger als am Freitag”, sagte Krisztina Toth, die auch heute wieder das Team in Vertretung von Michael Fuchs coachte. “Diesmal hat Chanti wieder einen glänzenden Tag erwischt und alles gewonnen. Solomiya hat das Spiel gegen Lemmer im 5. Satz noch gerettet. Das war sehr wichtig für uns, denn es hätte sehr eng werden können, wenn Lemmer gewonnen hätte. Das Doppel von Kristin und Solomiya war sehr, sehr gut. Svetlana und Linda hatten ein 2:1 und 10:10 gehabt und dann im 5. Satz eigentlich “gemütlich” mit 5:2 geführt.” Toths Fazit: “Insgesamt geht das Ergebnis von 6:3 jedenfalls absolut in Ordnung. Es waren wieder einige sehr schöne Spiele dabei und die Mannschaftsleistung war gut. Jede Spielerin hat etwas zum Sieg beigetragen. Außerdem waren viele Leute in der Halle und es herrschte eine sehr schöne Stimmung.”
Langstadts Sportlicher Leiter Manfred Kämmerer konstatierte: “Ein guter Abschluss einer schwierigen Saison. Die Mannschaft hat nochmals alles gegeben.” Trainer Thomas Hauke stellte fest: “Gegenüber Freitag hat sich die Mannschaft nochmals deutlich gesteigert. Ein Unentschieden war im Bereich des Möglichen.“ Hauke wechselt übrigens zum Hessischen Tischtennis-Verband als hauptamtlicher Trainer. Seine Nachfolgerin wird die bisherige Trainerin der Langstädter Zweitliga-Mannschaft, Anna Rauch.
Chantal Mantz hatte sich schon im Hinspiel über ihren Sieg gegen Bergström gefreut, nicht wissend, dass sie ihre Leistung zwei Tage später noch toppen würde: „Zuletzt hatte ich gegen Bergström verloren. Das wollte ich unbedingt diesmal zu meinen Gunsten ändern. Mit der tollen Unterstützung der Fans konnte ich den einzigen Sieg heute feiern.” Tischtennis-Teenager Lorena Morsch fand Gefallen am Kräftemessen auf diesem extrem hohen Niveau: “Mein Spiel heute gegen Ganina war schon besser als am Freitag. Das sieht man auch daran, dass ich den zweiten Satz in der Verlängerung verloren habe. Insgesamt habe ich mich sehr gefreut, dass ich bei beiden Play-off-Spielen dabei war und spielen durfte.”
SV Böblingen – TSV Schwabhausen 6:4
Man hatte nach dem 5:5 im Hinspiel schon mit einem weiteren Tischtennis-Thriller zwischen der SV Böblingen und dem TSV Schwabhausen gerechnet – und so kam es auch. Doch diesmal wurde es nichts mit dem von vielen erwarteten erneuten Remis. Über die Stationen 3:0 und 3:4 setzten sich am Ende die Gastgeberinnen mit 6:4 durch und stehen nun zum zweiten Mal nach 1997 in den Halbfinals der Deutschen Meisterschaft, Gegner ist der Punktrundengewinner TTC 46 Weinheim. 21:19 Sätze für Böblingen und 373:363 Bälle zugunsten Schwabhausens dokumentieren, wie eng es wieder zuging. Exakt drei Stunden dauerte die Partie zweier letztlich nahezu gleichwertiger Teams, bei der 137 Fans voll auf ihre Kosten kamen.
Zu Beginn lief es optimal für die Schwäbinnen, die diesmal beide Doppel gewinnen konnten – Kaufmann/Hartbrich besiegten Schwabhausens Topdoppel Winter/Liu trotz eines raschen 0:2-Satzrückstands noch mit 3:2, Gotsch/Yoshida hatten gegen Nikitchanka/Nagyvaradi beim 3:1 weniger Widerstand zu überwinden. Qianhong Gotsch konnte gegen Liu Yangzi letztlich ungefährdet nachlegen (12:10, 11:4, 11:7).
3:0 für die SVB, doch dann drehten die Oberbayern auf: Die erneut überzeugende Sabine Winter besiegte Annett Kaufmann ebenso mit 3:0 wie Orsolya Feher ihre Gegnerin Mitsuki Yoshida. Mercedesz Nagyvaradi, die zweite Ungarin im TSV-Team, sorgte durch ein 3:1 über Leonie Hartbrich für den 3:3-Ausgleich. Und Sabine Winter, die bekanntermaßen gut gegen Abwehr spielt, brachte mit ihrem knappen Fünfsatzerfolg über “Hongi” Gotsch, ein sehr viel engeres Match als noch am Freitag, die Gäste sogar in Führung.
Zu diesem Zeitpunk sah es gar nicht gut aus für die Böblingerinnen, doch diese gaben nochmals Gas und zündeten den Turbo. Ein Schlüsselspiel war das 3:2 (11:9, 11:6, 4:11, 8:11, 11:6) der 16-jährigen Annett Kaufmann über Liu Yangzi, ein Duell, das die DTTB-Nationalspielerin am Freitag noch relativ deutlich verloren hatte. Nun war die SVB wieder gleichauf und fest entschlossen, ihr Ding auch durchzuziehen.
Beide Böblingerinnen im hinteren Paarkreuz spielten jetzt deutlich besser als im ersten Durchgang, dennoch ging es zwischen Mitsuki Yoshida und Mercedesz Nagyvaradi extrem eng zu. Nagyvaradi konnte bei 2:1-Satzführung im vierten Durchgang einen Matchball nicht nutzen. Im Entscheidungssatz münzte sie einen 1:5-Rückstand in eine 6:5-Führung um, führte dann nochmal mit 7:6 und 8:7, doch am Ende ballte Böblingens Japanerin die Siegesfaust nach ihrem Punkt zum 11:9.
Leonie Hartbrich, international für Ungarn aktiv wie ihre heutigen Gegnerinnen, erwies sich gegen Orsolya Feher, nach ihrem 3:2 vom Freitag, auch heute wieder als die bessere und vor allem auch nervenstärkere Spielerin. Ihr 11:7, 12:10, 12:10 bedeutete für die SV Böblingen den umjubelten Halbfinal-Einzug.
SVB-Manager Frank Tartsch zeigte sich erleichtert: „Graue Haare habe ich schon genug, es war wieder soviel Spannung im Spiel. Ich bin stolz auf unser Team und gleichzeitig froh, dass es kein drittes Spiel gibt. So sparen wir uns einmal den aufwändigen Auf- und Abbau [augenzwinkernd].” Tartsch, den das hohe Niveau beider Begegnungen und der extreme Spannungsfaktor sehr beeindruckt haben, schloss den Gegner in sein Lob mit ein: “Ich bedanke mich auch beim TSV für die beiden tollen Partien, die er uns geliefert hat.”
“Ich denke, dass Böblingen insgesamt nicht unverdient gewonnen hat”, so Schwabhausens Trainer Alexander Yahmed nach der aufwühlenden zweiten Begegnung. “Wir haben in zwei Spielen viele, viele Chancen liegenlassen und hätten gewinnen können. Trotzdem ging der Böblinger Erfolg in Ordnung, denn sie haben Leistung gebracht, als es nötig war, wir nicht.” Abschließend gab es ein dickes Kompliment für die SVB: “Ich drücke Böblingen die Daumen, es ist ein sehr sympathischer Verein.“
Letzteres werden die Weinheimerinnen vielleicht nicht so gerne hören beziehungsweise lesen, denn im Play-off-Halbfinale treffen die Schwaben nun auf den TTC 46 Weinheim, den Tabellenführer nach der Hauptrunde. Gespielt wird allerdings erst am 2. und 4. Juni.
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Beitragsbild oben: Annett Kaufmann ließ eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Hinspiel erkennen und gewann nicht nur ihr Doppel, sondern auch das wichtige Einzel gegen Liu Yangzi.
Fotos (4): Dr. Stephan Roscher