Favoritenschreck schlägt erneut zu: Auch Langstadt geht leer aus im Dreiländereck
ESV Weil – TSV Langstadt 6:3
Bundesliga-Aufsteiger ESV Weil spielt eine Wahnsinns-Saison. Dem Team aus dem Dreiländereck gelang am Sonntagnachmittag der fünfte Saisonsieg, zugleich war es das vierte Mal, dass ein klarer Favorit von den Weilerinnen vom Sockel gestoßen wurde. Der TSV Langstadt enttäuschte dagegen auf ganzer Linie und durfte sich über die 3:6-Niederlage in der Sporthalle der Weiler Leopoldschule nicht beklagen.
Als klarer Favorit war der TSV Langstadt in den äußersten Südwesten gereist, zwar ohne die Top-Thailänderin Orawan Paranang, jedoch in der Besetzung, mit der man zuletzt dreimal erfolgreich war. Zwar hatte der ESV Weil in dieser Saison bereits namhafte Ligakonkurrenten wie Berlin, Kolbermoor und zuletzt Weinheim besiegt, doch ohne Spitzenspielerin Anna Hursey, deren Fehlen im Vorfeld bekannt geworden war, konnte man sich eigentlich nicht vorstellen, dass der Tabellenvierte trotz des Heimvorteils irgendetwas würde ausrichten können.
Weit gefehlt. Die Gastgeberinnen zeigten eine bärenstarke, überaus engagierte und hoch fokussierte Leistung und wurden von den 120 Fans stimmgewaltig nach vorne getrieben. Weils Abteilungschefin Doris Spiess sagte später: “Es war wieder der Hexenkessel von Weil.”
Der ESV spielt gerade seine beste Saison aller Zeiten, so kann, ja muss man es formulieren. Das sind die Momente, die den Mannschaftssport im Tischtennis so aufwerten, wenn nämlich ein Team als Ganzes weitaus besser spielt, als es die Summe der einzelnen Spieler vermuten ließe, einfach weil sich alle für den Erfolg der Mannschaft fast zerreißen und die Fans dabei richtig mitnehmen und ihren Bann ziehen. Aus Sicht der Liga ist dieses beherzte, erfolgreiche Auftreten des vor der Runde als Underdog eingeschätzten Aufsteigers eigentlich die gute Nachricht der Saison. Die schlechte Nachricht bleibt, dass – nach zwei Rückzügen – diesmal nur sieben Teams im Oberhaus aufschlagen und die Sollstärke verfehlt wurde, was sich allerdings in der Saison 2025/26 wieder ändern dürfte.
Doch zurück zum Spiel. Weil also mit einer Klasseleistung. Konstatieren muss man aber auch, dass es ein schwacher Auftritt der Südhessinnen war, vielleicht der schwächste der bisherigen Saison. Die Langstädterinnen wirkten an jenem aus ihrer Sicht “gebrauchten” Sonntagnachmittag nicht wie ein Team mit Selbstbewusstsein, wie es eigentlich bei sechs Erfolgen in Serie zu erwarten gewesen wäre. Und auch nicht wie eine Truppe, die mit einem Sieg die Tabellenführung übernommen hätte.
Besonders bei Franziska Schreiner und Izabela Lupulesku lief wenig zusammen. Beide gingen in den Einzeln komplett leer aus, während Chantal Mantz wenigstens ihr Match gegen Weils zuletzt so erfolgreiche Ukrainerin Ievgeniia Sozoniuk gewinnen und Sophia Klee Abwehrspielerin Lea Lachenmayer auf Distanz halten konnte – beide Matches wurden in vier Sätzen gewonnen. Dazu kam ein Fünfsatz-Erfolg im Doppel: Mantz/Lupulesku behielten gegen Ortega/Riliskyte knapp die Oberhand. Das war es aber auch, ansonsten hatten die Südbadenerinnen das Heft in der Hand.

Es lief einfach nicht beim Tabellenzweiten, v.l. Sophia Klee, Izabela Lupulesku, Franziska Schreiner (Foto Roscher).
Izabela Lupulesku, die überhaupt nicht in ihr Spiel fand, musste zunächst eine ganz klare Niederlage gegen Weils Litauerin Kornelija Riliskyte, die mit einer 1:8-Bilanz an den Tisch gegangen war, quittieren, später folgte ein 1:3 gegen Lea Lachenmayer, bei dem sie zwei Sätze sehr knapp verlor, im letzten allerdings nur noch einen einzigen Punkt machte. Hatte Schreiner gegen Sozoniuk noch mit Pech in der Verlängerung des Entscheidungsdurchgangs verloren, folgte im zweiten Match gegen die erstmals ins vordere Paarkreuz aufgerückte Chilenin Daniela Ortega ein chancenloses 7:11, 8:11, 8:11. Natürlich muss man sagen, dass Ortega richtig gut spielte und zuvor schon Chantal Mantz besiegt hatte, die nach knapp gewonnenem erstem Satz keine Chance mehr besaß.
Weil dagegen mit den beiden Siegen von Ortega – Bilanz nun 8:2, ein wirklich guter Griff, dass man sich vor der Saison die hierzulande fast unbekannte Südamerikanerin angelte – und je einem von Sozoniuk, Lachenmayer und Riliskyte sowie dem Doppelpunkt von Sozoniuk/Lachenmayer im Kollektiv einfach überragend.
Doris Spiess war begeistert – und das zu Recht: “Unfassbar. Zugegeben, Langstadt musste auch auf ihre Nummer eins verzichten, aber trotzdem war es eine unglaubliche Leistung unserer Mannschaft. Und vor allem war es wirklich eine Mannschaftsleistung, alle haben gepunktet. Besonders erwähnenswert ist Daniela Ortega, die erstmals im vorderen Paarkreuz spielen musste und gleich mit zwei Siegen überzeugen konnte.”
Der Sportliche Leiter der Gäste war bedient. “So kurz nach dem Spiel fehlen mir eigentlich noch die Worte, das Spiel muss man erstmal sacken lassen”, sagte ein ernüchterter Manfred Kämmerer. “Die Entäuschung über unsere Leistung heute ist riesengroß. Weil war uns in allen Belangen überlegen. Auch wenn wir heute gesundheitlich angeschlagene Spielerinnen dabei hatten, ist das nicht zu erklären.”
Am kommenden Wochenende steht die sportlich höchst anspruchsvolle Bayern-Tour mit den Partien in Dachau und Kolbermoor ins Haus – man wird sich rasch etwas einfallen lassen müssen, denn in der Verfassung des Weil-Spiels müsste man mit zwei Niederlagen rechnen, sodass auch der zweite Tabellenrang in Gefahr wäre.
Der ESV Weil am Rhein, der einen Play-off-Platz längst sicher hat, schlägt am kommenden Sonntag in Bingen auf und geht, dann wieder mit Anna Hursey, als Favorit an die Tische.
Beitragsbild ganz oben: Defensivkünstlerin Lea Lachenmayer gewann ihr Einzel gegen Izabela Lupulesku und war auch im Doppel erfolgreich (Foto: Dr. Stephan Roscher).