Die Fans kommen auf ihre Kosten: Hochklassige Partien im Oberhaus
Langstadt mit zwei Siegen, Punkteteilung in Bingen, eastside gewinnt in Weil
Nach jeweils drei Bundesligapartien stehen der TSV Langstadt und Serienmeister ttc berlin eastside als einzige noch verlustpunktfreie Teams an der Tabellenspitze der 1. Bundesliga Damen. Beide haben 6:0 Punkte vorlegt. Mit Orawan Paranang waren die Hessinnen auch von Weinheim und Kolbermoor nicht zu stoppen. Letzteres kam zudem am Samstagabend in Bingen über ein Remis nicht hinaus, während der Hauptstadtklub, erstmals in dieser Saison mit Yuka Kaneyoshi, am Sonntag in Weil einen 6:4-Sieg verbuchte.
TTC 1946 Weinheim – TSV Langstadt 1:6
In Weinheim – bei 65 Kilometern Entfernung kann man durchaus von einem Derby sprechen – war der TSV spätestens dann in die Favoritenrolle geschlüpft, als klar war, dass der amtierende Deutsche Meister auf zwei wichtige Spielerinnen verzichten musste. Mit der Taiwanerin Chien Tung-Chuan fehlte die unumstrittene Nummer eins und mit der deutschen Nationalspielerin Yuan Wan, die verletzt von der EM in Kroatien zurückgekehrt war, auch die etatmäßige Nummer zwei. Die Südkoreanerin Kim Seongjin gab dafür ihr Bundesliga-Debüt. Alle Ausfälle konnte Weinheim nicht kompensieren und schickte mit dem 13-jährigen Talent Lotta Rothfuß eine ganz junge Spielerin an den Tisch, die auf diesem Niveau natürlich noch nicht mithalten konnte.
Die TSV-Asse nutzten die Gunst der Stunde, auch wenn der Start etwas durchwachsen war: Das Doppel Paranang/Klee musste nämlich den Weinheimerinnen Kim/Jeger-Majstorovic nach einem Thriller, der mit 12:14 im Entscheidungssatz endete, gratulieren. Das andere Doppel sowie alle fünf nachfolgende Einzel gingen vor guter Kulisse sämtlich an Langstadt, wobei Orawan Parang im Spitzenduell mit Kim, ebenfalls Linkshänderin mit ganz ähnlicher Spielweise, alles geben musste, um am Ende mit 12:10 im fünften Satz die Oberhand zu behalten.
„Wir mussten ohne Yuan Wan und unsere Taiwanesischen Spielerin Chien antreten, aber Langstadt war auch sehr gut aufgestellt nach Weinheim gekommen“, erklärte Weinheims Manager Christian Säger. „Natürlich ist es dann, wie schon im Vorbericht beschrieben, sehr schwer Punkte zu holen wenn das Team nicht komplett antreten kann. Aber das wirft uns nicht um und die fast 250 Zuschauer sahen dann im Spiel zwischen Kim und Paranang ein Match der absoluten Spitzenklasse. Unfassbar tolle Ballwechsel mit dem besseren Ende für Langstadt im fünften Satz.“ Säger weiter: „Unser hinteres Paarkreuz mit der erst 16-jährigen Elisa Nguyen und der mit 13 Jahren jungen Lotta Rothfuß waren eines der jüngsten in der Bundesliga-Geschichte. Wir alle hoffen nun, in zwei Wochen gegen Bingen wieder komplett antreten zu können.“
Langstadts Sportlicher Leiter Manfred Kämmerer zeigte sich sehr zufrieden: „Nachdem Yuan Wan nicht spielen konnte, hatte sich die Favoritenrolle auf uns übertragen. Das Team hat das gut angenommen und von Anfang an sehr konzentriert gespielt. Das Spiel Kim gegen Paranang hat die Halle begeistert, da waren schon Wahnsinnsbälle dabei.“
TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – SV DJK Kolbermoor 5:5
Nach dem 1:6-Debakel gegen Langstadt vor einem Monat war die TTG gegen Kolbermoor auf Wiedergutmachung bedacht. Tatsächlich bekamen die Fans eine wirklich sehenswerte Partie auf gutem Niveau geboten, in der es zunächst nach einem Auswärtssieg der Oberbayern aussah. In einem furiosen Schlussspurt kam der Gastgeber indes noch zum letztlich nicht unverdienten Remis.
1:1 nach den heftig umkämpften Doppeln: Rakovac/Choi punkteten für Bingen, Kaufmann/Jokic für Kolbermoor. Der Dämpfer dann im vorderen Paarkreuz: Defesiv-Ass Yelin Choi konnte trotz einer Topleistung eine 2:0-Satzführung gegen Annett Kaufmann nicht ins Ziel bringen und Lea Rakovac musste Swastika Ghosh nach einer knappen Niederlage gratulieren. Zwar schlug Shi Qi die Serbin Tijana Jokic (3:1), doch danach konnte Kolbermoor seine Führung noch ausbauen: Überraschend bezwang die junge Lisa Wang die erfahrene Elena Kuzmina (3:1), während Annett Kaufmann, weniger überraschend, auch von Lea Rakovac nicht zu stoppen war (12:10, 11:4, 11:9).
Beim Stand von 2:5 stand die TTG mit dem Rücken zur Wand, bäumte sich jedoch nochmals auf und wurde belohnt. Yelin Choi gab Swastika Ghosh mit einem bemerkenswerten Ergebnis das Nachsehen (14:12, 11:0, 15:13), und im hinteren Paarkreuz lief es dann optimal für den Gastgeber, denn Shi Qi ließ gegen Lisa Wang nichts anbrennen und auch Elena Kuzmina gab gegen Tijana Jokic keinen Satz her.
Bingens Sportvorstand Joachim Lautebach war mit der Punkteteilung und vor allem mit der auch kämpferisch überzeugenden Leistung der TTG-Asse zufrieden. „Die Zuschauer sind mehr als drei Stunden voll auf ihre Kosten gekommen, es waren viele enge und spannende Spiele“, so Lautebach. „Die ersten vier Spiele gingen alle über fünf Sätze, leider haben wir drei davon verloren. Schon in den Doppeln, wo wenigstens Rakovac/Choi punkten konnten, ging es ganz eng zu. Es waren wirklich schöne, spannende Spiele und dementsprechend war eine tolle Stimmung in der Halle, gerade am Ende herrschte große Begeisterung. Großen Respekt an unser Team, dass es den Punkt noch geholt hat. Man muss mit dem Unentschieden zufrieden sein, das letztlich leistungsgerecht war, unser Team war deutlich besser als gegen Langstadt, aber es geht noch mehr.“
Lautebach freute sich auch, dass die Südkoreanerin Yelin Choi nun auch sportlich gut angekommen zu sein scheint: „Choi wehrt keineswegs nur ab, sondern stört auch und greift an, wenn sich die Chance bietet, sie hat ein schönes Spiel, das auch für die Zuschauer sehr attraktiv ist. Leistungsmäßig ist sie ohne Frage ein Gewinn für uns, nur die Verständigung ist etwas schwierig, da sie noch kein Deutsch kann und auch kein Englisch spricht.“
Dr. Michael Fuchs, Cheftrainer und Abteilungsleiter in Kolbermoor resümierte: „Eigentlich geht das Unentschieden in Ordnung für mich. Mit diesem leistungsgerechten Unentschieden müssen wir insgesamt zufrieden sein.“ Seine Spielanalyse fiel wie folgt aus: „Wie vermutet, hatten wir oben leichte Vorteile und im unteren Paarkreuz hatte Bingen Vorteile. Ärgerlich ist tatsächlich, dass wir in den Doppeln nicht 2:0 in Führung gehen konnten. Swastika und Lisa konnten ein 7:3 im Entscheidungssatz nicht ins Ziel bringen. Das wäre wohl das entscheidende Break gewesen. Annett wieder stark nach leichten Startschwierigkeiten im ersten Einzel. Hervorheben will ich die gute Leistung von Lisa, die gegen Elena Kuzmina ihr erstes Spiel in der 1. Bundesliga gewinnen und einen wichtigen Punkt holen konnte.“
TSV Langstadt – SV DJK Kolbermoor 6:3
Erstes Heimspiel der Saison und fast 200 Zuschauer, die für eine tolle Atmosphäre in der Eckehard-Colmar-Halle sorgten und einen Sieg ihrer Lieblinge gegen einen namhaften, starken und hoch motivierten Gegner bejubeln durften – es lief einfach rund für den TSV Langstadt an diesem Wochenende.
Erneut ging ein Doppel weg – Mantz/Lupulesku konnten gegen Ghosh/Wang eine 2:0-Satzführung nicht ins Ziel bringen -, während das Duo Paranang/Klee gegen Kaufmann/Jokic zwar den Auftaktsatz verlor, danach aber das Heft in der Hand hatte. Es blieb zunächst eng: Chantal Mantz zog gegen Annett Kaufmann den Kürzeren, Orawan Paranang glich gegen Swastika Ghosh aus, musste aber gegen die starke Inderin über die volle Distanz von fünf Sätzen gehen.
Danach kam der TSV-Express richtig ins Rollen. Im hinteren Paarkreuz ließ man nichts anbrennen: Izabela Lupulesku gewann das serbische Duell gegen Tijana Jokic in vier Durchgängen, Sophia Klee gönnte der 16-jährigen Abwehrspielerin Lisa Wang keinen Satzgewinn.
Mit Spannung wurde das Match der Spitzenspielerinnen erwartet: Zunächst ließ sich nicht absehen, wer die Bessere war, der erste Satz ging mit 12:10 an Kaufmann, der zweite mit 12:10 an Paranang. Doch dann zog letztere die Zügel mächtig an und ließ der großen Hoffnungsträgerin des DTTB mit 11:3 und 11:6 keine Chance mehr. 5:2 für Langstadt, doch Chantal Mantz konnte den Sack nicht zumachen, die gegen Ghosh beim 8:11, 5:11, 7:11 auf verlorenem Posten stand. Anschließend konnte man die Ernte in trockene Tücher bringen, da Lupulesku Wang mit 3:1 in die Schranken wies.
TSV-Trainerin Anna Rauch zeigte sich sehr zufrieden: „Vor uns standen zwei schwierige Gegner, gegen Weinheim und Kolbermoor haben wir eigentlich recht selten gewonnen. Klar, Weinheim war ersatzgeschwächt, sodass wir am Tisch dann Favorit waren, die Rolle aber auch gut ausgefüllt haben. Am Sonntag habe ich uns nicht unbedingt als Favoriten gesehen, mit Annett Kaufmann sind sie immer schwer zu besiegen, doch mit einer sehr guten, geschlossenen Teamleistung konnten wir sie auf Distanz halten. Unsere Doppel sind verbessert und „Thip“ [Paranang] hat gerade gegen Annett gezeigt, welch hohes Niveau sie gegen starke Gegnerinnen abrufen kann. Wir freuen uns über die vier Punkte und hoffen, dass uns dies weiter Auftrieb gibt.“
Sophia Klee ergänzte: „Die tolle Stimmung in der Halle hat uns gegen Kolbermoor gepuscht, unser bestes Tischtennis zu zeigen. Es waren viele sehr gute Matches dabei und die Spiele sind ja ab dieser Saison alle unheimlich wichtig, da nur noch vier Teams in die Play-offs kommen. Wir haben uns als Mannschaft stark und ausgeglichen präsentiert, doch was unsere Thailänderin spielt, mit dieser unglaublichen Leichtigkeit auf einem so hohen Niveau, das ist auch für uns immer wieder sehenswert und eine zusätzliche Motivation.“
„Leider ist manches, was ich befürchtet habe, eingetroffen“, musste dagegen Dr. MIchael Fuchs, Cheftrainer des SV DJK Kolbermoor, einräumen. „Eine Niederlage, die wir aber vor allem wegen Langstadts Vorteilen im hinteren Paarkreuz anerkennen müssen.“
Fuchs ließ die Partie Revue passieren: „Paranang war stark, aber nicht unschlagbar. Hier hätten wir einen Punkt mindestens machen müssen, damit wir sozusagen im Spiel bleiben. Beide Spiele gegen sie waren auf hohen Niveau mit hochklassigen Ballwechseln, leider mit den besseren Ausgang für Langstadt.“ Fuchs beleuchtete weitere Matches: „Gegen Chanti haben sowohl Annett als auch Swastika stabil gespielt und ich denke auch verdient gewonnen. Im hinteren Paarkreuz hatte Tijana gegen Izabela im dritten Satz mehrere Satzbälle, um in Führung zu gehen. Das wäre das zweite Match gewesen, was wir für einen Punktgewinn gebraucht hätten. Lisa hat eigentlich gut gespielt, ihr fehlt in den entscheidenden Momenten noch die Erfahrung, die Physis und auch die spielerische Variation. Aber ich denke, dass diese Spiele sie weiterbringen und ihr auch klar zeigen, woran sie arbeiten muss.“ Der Auftakt sei absolut in Ordnung gewesen: „1:1 in den Doppeln ist okay für uns. Und es ist positiv, dass nicht nur das eine unserer Doppel Spiele gewinnen kann. Chanti und Izabela sind ein eingespieltes Duo, das die ersten zwei Sätze klar dominiert hat. Lisa und Swastika haben sich aber richtig gut in das Spiel gekämpft.“
ESV Weil – ttc berlin eastside 4:6
Erstmals in dieser Saison mit Yuka Kaneyoshi, die junge japanische Abwehrspielerin hatte letzte Saison mit ihrem virtuosen Spiel nicht nur die Berliner Fans begeistert, war das zu fünft angereiste Team des ttc eastside zweifellos als Favorit ins Dreiländereck gereist. Doch es wurde eine zähe Übung für die Hauptstädterinnen in der mit 140 Zuschauern ausverkauften Halle, denn die Weilerinnen, letzte Saison der Favoritenschreck schlechthin, wehrten sich nach Kräften und hatten mit Anna Hursey natürlich auch eine Topspielerin von internationalem Rang vorzuweisen.
In den Doppeln trennte man sich 1:1. Sozoniuk/Riliskyte zogen gegen die gut harmonierende Formation Kaneyoshi/Griesel mit 1:3 den Kürzeren, während Surjan/Neumann gegen Hursey/Toftaker beim 0:3 ohne Chance blieben.
Josi Neumanns Saisonpremiere blieb auf das Doppel beschränkt, Berlin setzte in den Einzeln auf Yuka Kaneyoshi, Natalia Bajor, Sabina Surjan und Mia Griesel. Bei Weil wurde Martine Toftakers nur im Doppel eingesetzt, in den Einzeln präsentierte Trainer Alen Kovac Anna Hursey, Ievgeniia Sozoniuk, Lea Lachenmayer und Kornelija Riliskyte.
Zwar konnte Anna Hursey Natalia Bajor in fünf umkämpften Sätzen schlagen, doch dann waren die Gäste am Zug, die vier Matches in Folge gewannen und auf 5:2 davonzogen. Kaneyoshi hatte gegen Sozoniuk wenig Mühe (3:0), Griesel gab gegen Lachenmayer nur den dritten Satz ab (3:1), Surjan zeigte sich Riliskyte überlegen (3:1) und Kaneyoshi hatte im Spitzeneinzel auch Hursey gut im Griff (11:8, 11:5, 9:11, 11:4). Der Gastgeber kämpfte sich durch zwei extrem knappe Fünfsatz-Erfolge heran – Sozoniuk gab Bajor das Nachsehen, Lachenmayer überraschend Surjan. 4:5, würde da noch etwas gehen? Nicht annähernd, denn Griesel machte gegen Riliskyte mit 11:6, 11:3, 11:7 ziemlich humorlos den Sack zu.
Weils Abteilungsleiterin Doris Spiess zog ein Fazit: „Es war ein knappes Spiel, aber Berlin hatte am Ende die besseren Karten. Entscheidend war wohl, dass Berlin das bessere hintere Paarkreuz hatte, lediglich Lea Lachenmayer konnte hier gegen Sabina Surjan punkten. Vorne war die Japanerin Yuka Kaneyoshi eine Bank. Weder Anna Hursey noch Ievgeniia Sozoniuk hatten eine Chance gegen sie. Beide konnten sich aber dann gegen Natalia Bajor schadlos halten. Wir sind trotz der Niederlage dennoch mit der Leistung unserer Mädels zufrieden. Es war ein tolles Match, das die Zuschauer begeistert hat.“
Trotz des Auswärtssiegs überhaupt nicht zufrieden war Berlins Manager Andreas Hain: „Das war ein ganz schwaches Spiel von uns heute. Wir hatten null Spannung und jeder hat sich so ein bisschen auf den anderen verlassen. Letztlich war die individuelle Klasse von Yuka und Mia ausschlaggebend, dass wir gewonnen haben. Zwar haben wir drei Spiele mit zwei Punkten Unterschied im Entscheidungssatz verloren, aber wir haben einfach ohne klaren Fokus hier gespielt. Das muss sich verbessern.“
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Am kommenden Wochenende wird nur einmal gespielt, es handelt sich um die Partie des TSV Langstadt im badischen Dreiländereck beim ESV Weil am Rhein (Sonntag, 14 Uhr), einem Gegner, gegen den sich die Hessinnen letzte Saison schwergetan haben – besonders in den Play-offs, als man überraschend den Kürzeren zog. Es besteht also Wiedergutmachungsbedarf, der Spitzenreiter wird vermutlich hoch motiviert anreisen.
Beitragsbild oben: Spannendes Doppel aus der Partie Weinheim vs. Langstadt: Kim/Jeger gewannen gegen Paranang/Klee mit 14:12 im 5. Satz (Foto: Armin Schimkat).
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