Der Spitzenreiter reist ins Dreiländereck: Langstadt will auch in Weil bestehen

Von Stephan Roscher|November 6, 2025|bundesliga

Sonntag, 14 Uhr: ESV Weil – TSV Langstadt

Eine einzige Partie steht am Wochenende in der 1. Bundesliga Damen auf dem Programm. Und die verspricht Spannung. Nach dem Traumstart – 6:1 in Bingen, 6:1 in Weinheim, 6:3 gegen Kolbermoor – möchte der TSV Langstadt am Sonntagnachmittag nachlegen und sich die nächsten beiden Punkte sichern. Leicht wird es jedoch nicht für den Spitzenreiter, in der Erfolgsspur zu bleiben. Gerade gegen den ESV Weil hat man sich letzte Saison ziemlich schwergetan.

Die Hessen haben tatsächlich keine allzu guten Erinnerungen an den „Eisenbahner Turn- und Sportverein Weil am Rhein 1926 e.V.“. In der Punktrunde 2024/25 trennte man sich noch mit einem Sieg und einer Niederlage, doch in den Play-off-Viertelfinals folgte die totale Ernüchterung: Obwohl mit Ausnahmespielerin Orawan Parang favorisiert, kam man in Weil über ein 5:5 nicht hinaus und musste zwei Tage später vor heimischer Kulisse ein niederschmetterndes 3:6 quittieren – der Traum, weit nach oben vorzustoßen, war zerplatzt.

Andererseits ist die Truppe aus dem äußersten Südwesten gewiss einen Tick schwächer aufgestellt als in der Vorsaison. Im hinteren Paarkreuz hatte man nämlich mit der Chilenin Daniela Ortega eine zuverlässige Punktesammlein, die nun ihr Geld in Spanien verdient. An ihre Stelle trat Martine Toftakter – die Norwegerin stand in den letzten beiden Jahren beim TTC Langen unter Vertrag und schlug in der 2. Liga auf. Toftaker besitzt viel Ballgefühl, doch ob sie die Spielstärke und die kämpferischen Qualitäten von Ortega besitzt, erscheint fraglich. Wobei wir uns natürlich gerne vom Gegenteil überzeugen lassen.

Die verbliebenen Weilerinnen sind jedenfalls stark und teilweise unangenehm von den Spielsystemen. Unumstrittene Nummer eins ist die 19-jährige Waliserin Anna Hursey, längst eine der besten Spielerinnen Europas, die im Play-off-Rückspiel am 4. Mai sogar gegen Orawan Paranang als Siegerin vom Tisch ging. Die Nummer zwei ist die ukrainische Kurznoppenspielerin Ievgeniia Sozoniuk, seit vielen Jahren schon in Weil unter Vertrag und an guten Tagen immer für eine Überraschung gut. In den Play-offs bezwang sie zweimal Chantal Mantz. An Position drei schlägt die 20-jährige deutsche Abwehrspielerin Lea Lachenmayer auf, an der sich zuletzt Sophia Klee und Izabela Lupulesku die Zähne ausbissen. Ferner gehört Kornelija Riliskyte zum Team. In dieser Saison konnte die 22-jährige Litauerin immerhin schon Weinheims Kroatin Mateja Jeger-Majstorovic schlagen. Und stark im Doppel ist sie obendrein, übrigens ebenso wie Martine Toftaker.

Am vergangenen Sonntag musste sich Weil an selber Stelle dem in starker Besetzung angereisten Rekordmeister Berlin nach heftigem Widerstand mit 4:6 geschlagen geben, was andeutet, wie hoch die Hürde für die Langstädter Asse am Sonntag ist. Ihre erste Partie hatten die Südbadenerinnen mit 2:6 in Weinheim verloren, doch da war Anna Hursey nicht an Bord, während der Gegner in Topbesetzung an die Tische ging. Nun würde man gerne die ersten Punkte einfahren – und das „Opfer“ könnte Langstadt heißen.

Natürlich wollen die Südhessinnen den Spielverderber geben und in der Erfolgsspur bleiben. Trotz der Vorgeschichte treten sie einigermaßen optimistisch die 320 Kilometer weite Reise an. Auch wenn Trainerin Anna Rauch einräumt: „An Weil haben wir leider nicht mehr besonders gute Erinnerungen.“ Besonders schwer tue sich der TSV seit jeher in der dortigen kleinen Halle – gemeint ist die Turnhalle der Leopoldschule, mit dem euphorischen Publikum. Nur 140 Fans passen hinein, doch die kommen in der Regel auch und peitschen Ihr Team unablässig nach vorne.

„Ich kann mich schon gar nicht mehr erinnern, wann wir das letzte Mal dort gepunktet haben“, grübelt Langstadts Sportlicher Leiter Manfred Kämmerer. „Natürlich wollen wir unseren guten Lauf, den wir im Moment haben, gerne fortsetzen. Das wird jedoch wieder einmal sehr schwer werden. Doch die Siege zuletzt sollten unserem Team das passende Selbstvertrauen geben, um es diesmal in Weil besser zu machen. Wir freuen uns jedenfalls auf die Partie.“

Da der TSV traditionell keine Angaben bezüglich der Aufstellung macht, müssen wir uns auf die Feststellung beschränken, dass die Chancen auf einen Auswärtssieg deutlich besser stehen, wenn Orawan Paranang erneut an Bord ist. Die 28-jährige Thailänderin ist nicht nur eine Unterschiedsspielerin, sondern beflügelt auch ihre Teamkolleginnen, die durch die Bank eine halbe Klasse besser spielen, wenn „Thip“, so ihr Spitzname, mit von der Partie ist. Wäre Paranang, die sich am letzten Wochenende in Galaform präsentierte, erneut dabei, würden gemeinsam mit ihr drei Spielerinnen aus dem Quintett Chantal Mantz, Franziska Schreiner, Izabela Lupulesku, Sophia Klee und Lorena Morsch in den Ring steigen.

Orawan Paranang ist Langstadts unumstrittene Nummer eins. Wäre sie am Sonntag dabei, würde dies die Erfolgsaussichten der Hessen zweifellos erhöhen (Foto Roscher).

Mit Anna Hursey verfügt aber auch Weil über eine Unterschiedsspielerin. Auch der ESV macht diesmal keine Angaben, wer auflaufen wird. „In welcher Aufstellung wir an den Start gehen, kann erst kurzfristig entschieden werden“, betont Doris Spiess. Zum knackigen Auftaktprogramm – erst Weinheim, dann Berlin und nun Langstadt, danach Kolbermoor – meint die Weiler Abteilungsleiterin: „Welche Mannschaft ist nicht heftig. Wir müssen da durch. Es wird natürlich Zeit, dass wir auch mal Punkte einfahren. Ob das gegen Langstadt gelingt? Wer weiß. Wir waren zwar immer recht gut gegen die Hessen, aber jedes Spiel muss erst gespielt werden. Wir freuen uns auf das Spiel und geben unser Bestes.“

Beitragsbild oben: Anna Hursey konnte zuletzt sogar Orawan Paranang schlagen. Ob ihr eine Widerholung gelingt? (Foto: Dr. Stephan Roscher).

Links

Diesen Beitrag teilen: