Volles Programm in der 1. Bundesliga Damen

Von Stephan Roscher|Oktober 20, 2023|bundesliga

Langstadt will in Böblingen bestehen, Kolbermoor gegen Jena nachlegen, Bingen mit Weinheim mithalten und Berlin Dachau schlagen

Man kann natürlich vieles wollen, nur muss es erst einmal gelingen. Und im Augenblick fallen Prognosen in Europas stärkster nationaler Damenliga außerordentlich schwer. Zum einen hängt sehr viel von den Aufstellungen ab, die sich oft erst kurzfristig entscheiden. Zum anderen ist der Unterschied zwischen den Topteams und den Mannschaften, die man eher im unteren Bereich erwartet, bisher recht klein. Auch für den Sonntag mit seinem vollen Bundesliga-Programm gilt, dass es keine glasklaren Favoriten gibt und vier spannende Partien zu erwarten sind.

Sonntag, 10.30 Uhr: SV Böblingen – TSV Langstadt

Vierte Partie der noch jungen Saison für den mit 5:1 Punkten vorzüglich gestarteten TSV Langstadt – und vielleicht sogar die schwerste bisher. Schließlich verfügt der Gastgeber über zwei Ausnahmespielerinnen und gilt als ausgesprochen heimstark.

Nach dem knapp gewonnenen Auswärtsspiel in Bingen, wo man einen zwischenzeitlichen 1:4-Rückstand dank Chantal Mantz und Izabela Lupulesku in einen 6:4-Sieg ummünzte, machen die Südhessen nun ihre Aufwartung beim Bundesliga-Dino in Baden-Württemberg.

Beim SV Böblingen hängen die Trauben traditionell hoch, nicht nur für die TSV-Damen. „Böblingen hat mit Hongi Gotsch und Annett Kaufmann eines der besten vorderen Paarkreuze in der Bundesliga“, stellt Trainerin Anna Rauch nicht zu Unrecht fest. „Da muss es schon optimal laufen, wenn man dort gewinnen will. Auf der anderen Seite haben wir mit unserer ausgeglichenen Mannschaft durch die bisherigen guten Ergebnisse im Moment das Selbstvertrauen, auch dort etwas mitzunehmen.“

Langstadts Trainerin Anna Rauch mit Izabela Lupulesku (Mitte) und Chantal Mantz (Foto Roscher).

Der momentane Spitzenreiter Langstadt dürfte ein Plus im hinteren Paarkreuz haben, sofern man in der Stammformation, hinten also mit Franziska Schreiner und Izabela Lupulesku, auflaufen kann.

Es gibt aber noch eine große Unbekannte: Eine der beiden neu verpflichteten Taiwanerinnen könnte zu ihrem Bundesligadebüt kommen. Also entweder die 16-Jährige Yeh Yi-Tian oder die fünf Jahre ältere Chien Tung-Chuan. Die Asiatin würde dann im hinteren Paarkreuz aufschlagen und ist da sicher sehr gefährlich. „Egal wer bei Böblingen spielt, es wird sicher sehr schwer für uns“, meint Anna Rauch. „Doch unser Team hat zuletzt eine tolle Einstellung gezeigt. Diesen unbedingten Siegeswillen gilt es auch in Böblingen zu zeigen.“

Es wird nicht zuletzt auf die Doppel ankommen – und da sind die Langstädterinnen mit ihrer bisherigen 2:4-Bilanz noch nicht allzu stabil.

Annett Kaufmann ist ebenso wie Cheng Hsien-Tzu am Donnerstag beim WTT-Turnier im türkischen Antalya ausgeschieden. Beide sollten es somit rechtzeitig in die Böblinger BBG-Arena am Silberweg schaffen und können ihren Teams zur Verfügung stehen.

Alles in allem könnten Mantz und Co. mit einem Remis sicher leben, so wie in der letzten Saison, als man im November 2022 in Böblingen aus einem 0:5-Rückstand noch ein 5:5 machte.

Die SV Böblingen überzeugte vor zwei Wochen beim Heimspiel gegen Jena mit einem 6:2-Erfolg. Qianhong Gotsch, Annett Kaufmann und Mitsuki Yoshida ließen in den Einzeln nichts anbrennen. Ein SWR-Fernsehteam war da und drehte einen Beitrag für SWR-Aktuell, in dem Qianhong Gotsch und ihre 38 Jahre jüngere Teamkollegin Annett Kaufmann im Mittelpunkt standen. „Hongi ist für mich eine Legende, also wirklich, ich habe großen Respekt vor ihr“, so die 17-Jährige Team-Europameisterin im Interview voller Bewunderung. Mit ihren 55 Jahren strahlt Qianhong Gotsch Gelassenheit aus: „Tischtennis ist mein Leben. Früher habe ich immer für etwas gekämpft, jetzt spiele ich nur noch für mich selbst. Wenn ich gewinne, bin ich total happy. Wenn ich verliere, ist es total egal. Morgen ist wieder ein Tag.“

55 Jahre und immer noch richtig gut: Qianhong „Hongi“ Gotsch (Foto Roscher).

Zumeist gewinnt sie aber und die Asse aus Langstadt müssen sich schon etwas richtig gutes einfallen lassen, um dies am Sonntag zu verhindern. Zur Böblinger Aufstellung hält sich SVB-Manager Frank Tartsch im Übrigen bedeckt.

Sonntag, 14.00 Uhr: SV DJK Kolbermoor – SV SCHOTT Jena

Man wusste bis zum letzten Wochenende nicht wirklich, wie man die auf zwei Positionen veränderte Mannschaft der Oberbayern einschätzen soll. Die Tendenz ging bei vielen dahin, das Team um Kristin Lang für einen Tick schwächer zu halten als in der Vorsaison. Schließlich müssen Linda Bergström und Solomiya Brateyko erst einmal ersetzt werden, eine Rolle, die der jungen Kroatin Hana Arapovic und der Inderin Swastika Ghosh zugedacht ist.

Ja, und dann startete der SV DJK – später als alle Ligarivalen – endlich in die Saison und die Zweifler verstummten schnell. Es scheint, als sei man genauso stark wie eh und je. In Dachau wurde das Derby mit 6:4 gewonnen und tags darauf münzte man in Weinheim einen 0:5-Rückstand noch in ein Remis um – eine beispiellose Aufholjagd einer Mannschaft, die auf den letzten Metern noch zeigen konnte, wie viel Luft sie nach oben hat. Swastika Ghosh führte sich kompromisslos mit einer 4:0-Bilanz ein und Hana Arapovic bezwang in Weinheim keine Geringere als Yuan Wan.

Beim Spiel in Weinheim stark verbessert: Hana Arapovic (Foto: Armin Schimkat).

Aufsteiger Jena war furios in die Runde gestartet mit einem 6:3-Heimerfolg über die Weinheimerinnen, hatte dann aber in Böblingen eine 2:6-Niederlage quittieren müssen. Am Sonntag hatte man dann vor voller Hütte Serienmeister Berlin zu Gast, hielt phasenweise gut mit, musste aber am Ende mit 3:6 die erwartete Niederlage quittieren. Und nun geht es zu einem der erfolgreichsten Klubs der letzten Jahre. Klar, dass man auch dort eine Niederlage einkalkulieren muss. Doch natürlich muss alles erst gespielt werden und die Jenenserinnen haben, psychologisch betrachtet, weit weniger zu verlieren als der Gastgeber.

Dass es womöglich gar kein lockerer Sonntagsspaziergang wird, ist auch Michael Fuchs bewusst. “Ich erwarte ehrlich gesagt ein sehr enges Match”, so Kolbermoors Trainer. “Jena hat einen sehr breiten Kader mit vielen unterschiedlichen Spielsystemen und viele der Spielerinnen sind neu in der Liga, was heißt, dass meine Spielerinnen noch nie gegen sie gespielt haben. Dass Jena gegen jeden gefährlich werden kann, haben sie im Spiel gegen Weinheim gezeigt.“ Fuchs ergänzt: „Insgesamt freuen wir uns aber auf frischen Wind in der Liga und auch auf die neuen Spielerinnen und wollen einfach ein gutes erstes Heimspiel abliefern.“

“Nach dem famosen Saisonauftakt von Kolbermoor mit dem Derbysieg in Dachau und dem 5:5-Remis nach 0:5-Rückstand in Weinheim treten wir natürlich wieder als krasser Außenseiter die Reise an”, ist Jenas Abteilungsleiter Andreas Amend überzeugt. “An der Aufstellung feilen wir noch; schauen wir mal, was dabei rauskommt.” Und SV SCHOTT-Cheftrainer Ralf Hamrik kommt zu dem Schluss: “Kolbermoor in Bestbesetzung ist uns in allen Belangen überlegen.” In Jena geht man die Herausforderung aber positiv an und gibt die Devise aus, dass man sich auch in Bayern gut präsentieren und so teuer wie möglich verkaufen wolle.

Mit 13 schon richtig gut: Koharu Itagaki (Foto Roscher).

Man darf gespannt sein, ob die Thüringer auf der Spitzenposition erneut die 15-jährige Japanerin Misuzu Takeya aufbieten werden, die bei ihren bisherigen Auftritten auf ganzer Linie überzeugt hat. Gut möglich, dass auch die 13 Jahre alte Koharu Itagaki ins Team zurückkehren wird, die gegen Berlin pausiert hat. Ob Ece Harac dabei sein kann, ist noch offen. Die 21-jährige Türkin ist in Antalya zwar im Einzel ausgeschieden, aber im Doppel und Mixed steht sie aktuell im Viertelfinale. Sollte Harac nicht rechtzeitig zurück sein, wird sich in dem großen Kader gewiss eine gute Alternative finden lassen.

Sonntag, 14.00 Uhr: TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – TTC 1946 Weinheim

Vizemeister TTC 46 Weinheim ist in dieser Saison noch nicht so richtig in Tritt gekommen. Der unerwarteten Auftaktniederlage in Jena folgten Punkteteilungen gegen Langstadt und Kolbermoor, wobei letzteres besonders ärgerlich aus Sicht der Nordbadener war, da sie – erstmals mit Bruna Takahashi – eine 5:0-Führung nicht zum Sieg nutzen konnten. Die halbe Partie hatte das Team so gespielt, wie Manager Christian Säger es sehen möchte, doch dann riss der Faden und Kolbermoor kam immer besser auf. Säger beklagte, dass die Mannschaft urplötzlich zu spielen aufgehört habe. Dies soll nicht nochmal passieren, in Bingen soll der erste Sieg der noch jungen Saison gelingen – ohne Wenn und Aber.

Daria Trigolos hatte gegen Kolbermoor nur im Doppel gespielt – und das mit Erfolg. In Bingen könnte sie auch in den Einzeln wieder zum Einsatz kommen (Foto Roscher).

Wobei man natürlich weiß, dass die Rheinhessinnen heimstark sind und kämpferisch immer alles hineinwerfen, was irgend möglich ist. Zwei knappe Niederlagen stehen bisher zu Buche: 4:6 in Berlin – aller Ehren wert – und 4:6 gegen Langstadt, wo die Partie noch einen anderen Verlauf nahm als es ursprünglich schien. Lea Rakovac und Kolleginnen hatten losgelegt wie die Feuerwehr und mit 4:1 vorne gelegen, doch es gelang kein weiterer Matchgewinn, sodass man am Ende mit leeren Händen dastand. Ärgerlich doch nicht zu ändern. Sollte man ähnliches erneut schaffen, will man sich nicht nochmal ein Spiel aus den Händen reißen lassen.

Zu gerne würde man gegen die Truppe von der Bergstraße punkten. Doch die ist alles andere als ein Aufbaugegner mit Bruna Takahashi, Mateja Jeger, Sophia Klee und Daria Trigolos. Und natürlich Yuan Wan, die einst selbst das Bingener Dress trug. Keine Frage, Weinheim begibt sich als Favorit auf die keine 95 Kilometer weite Reise. Bingen jedoch lauert und will gnadenlos zuschlagen, falls der Vizemeister Schwächen zeigen sollte.

“Ich hoffe, dass das Team die erneut knappe Niederlage vom vergangenen Wochenende verdaut hat und an die gezeigten Leistungen anknüpfen kann, um den Zuschauern wieder guten Sport zu bieten”, so der Vorsitzende Joachim Lautebach. “Was den Ausgang des Spiels betrifft, hängt dies natürlich auch von den Aufstellungen ab. Sollte Weinheim komplett mit Takahashi spielen, sind sie klarer Favorit und es wird sehr schwer für uns.” Ob etwas Zählbares herausspringe, könne niemand wissen, klar sei jedoch: “Spannende und hochklassige Spiele sind jedenfalls wieder zu erwarten.“

Karolina Mynarova könnte wieder für Bingen auflaufen. In den Einzeln ging die Tschechin bisher leer aus, doch das Doppel mit Lea Rakovac funktioniert recht gut (Archivfoto Roscher).

Der Gegner wird personell aus dem Vollen schöpfen können: „Wir werden mit fünf Spielerinnen nach Bingen fahren und dann entscheiden, wer spielt“, kündigt Christian Säger an. „Eng kann jede Partie der Liga werden, da alle Teams je nach Aufstellung gut performen können. Wir wollen natürlich versuchen zu gewinnen.“

Sonntag, 14.00 Uhr: ttc berlin eastside – TSV Dachau 65

Der Serienmeister aus der Hauptstadt hat in der noch jungen Saison auch schon Höhen und Tiefen erlebt, wobei diese Schwankungen natürlich auch wechselnden Aufstellungen geschuldet waren. Das 6:4 gegen Bingen war akzeptabel, doch keine Offenbarung. Beim 2:6 in Langstadt war man viel näher an einem Punktgewinn dran, als das Ergebnis vermuten lässt. In Jena, wo man zuletzt beim Comeback von Britt Eerland – in der bisher stärksten Aufstellung – mit 6:3 gewann, konnte man überzeugen.

An diesen Auftritt möchte man auch gegen Dachau anküpfen, ein Team, das schon unter dem alten Label “TSV Schwabhausen” stets eine Wundertüte war und besonders aufgrund seines starken vorderen Paarkreuzes mit Sabine Winter und Liu Yangzi nie auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Wenn Dachau spielt, sind enge, spannende Partien eigentlich vorprogrammiert. So zuletzt bei der 4:6-Heimniederlage im Bayern-Derby gegen Kolbermoor, wo man sich gerne wenigstens einen Zähler gesichert hätte. Anders beim Auftaktspiel, als man Böblingen mit 6:2 besiegte und ein richtiges Feuerwerk abbrannte.

Sabina Surjan will gegen Dachau ihr Tief überwinden – in der Liga spielt sie bisher eigenartig nervös, während sie bei internationalen Turnieren starke Leistungen zeigt (Foto Roscher).

Auch beim ttc eastside weiß man, dass da kein “Fallobst” kommt, das man mal eben so zwischen Tür und Angel abfertigen kann. Einiges deutet auf eine spannende, umkämpfte Partie hin, auch wenn Britt Eerland, der die vorausgegangene Babypause nicht anzumerken war, in Jena so spielte, als sei sie nie weg gewesen. Und wenn Eerland und Sabina Surjan, deren eigentümliches Schwächeln in der Liga (0:6) gegen Dachau ein Ende finden soll, vorne spielen, kann die erfahrene Ding Yaping im zweiten Paarkreuz aufschlagen – und da muss sie erst einmal jemand besiegen. Mit Josi Neumann, Kathrin Mühlbach und Ran Li-Kath, der zweiten Defensivkünstlerin im Kader, die bisher noch keiner bezwingen konnte, stehen weitere starke Spielerinnen bereit und warten auf ihren Einsatz.

Hinten können die Oberbayern zwischen der noch nicht so gut in Tritt gekommenen Tin-Tin Ho, Tatsiana Bahr, Orsolya Feher und Alina Nikitchanka wählen – hier könnte Berlin im Vorteil sein, doch auch das ist nicht in Stein gemeißelt. Im Spitzenpaarkreuz sind rassige Duelle auf Augenhöhe zu erwarten. Wenn Sabine Winter am Tisch steht sowieso, doch auch Liu Yangzi sollte zur Verfügung stehen, die zwischenzeitlich beim WTT-Turnier in Antalya ausgeschieden ist und rechtzeitig zurück sein dürfte.

Die 24-jährige Ungarin Orsolya Feher ist bei Dachau für das hintere Paarkreuz eine Option (Foto Roscher).

“Wir wollen die gute Stimmung nach dem Sieg in Jena nutzen und peilen auch gegen Dachau einen Sieg an”, erkärt eastside-Manager Andreas Hain: “Wir freuen uns jetzt auf das Heimdebut von Britt und schauen dann mal, ob Josi wieder fit sein wird. Aber wir haben, wie in Jena gesehen, genug starke Spielerinnen, um gegen jedes Team mitzuhalten. Trotzdem ist Dachau mit dem starken vorderen Paarkreuz sicher ebenbürtig und es wird wieder ein knappes Match werden.“

Dachaus Trainer Alexander Yahmed will sich in der Hauptstadt einfach mal überraschen lassen: „Wie schon vor der Runde gesagt, kann man eigentlich keine Prognosen mehr geben, was passieren kann oder wird. Es hängt fast alles von den Aufstellungen ab. So machen wir es dann auch, wir reisen ohne große Erwartungen an und schauen mal, wie Berlin aufstellt. Wir gehen aber davon aus, dass sie im Heimspiel eine schlagkräftige Truppe stellen werden.“

Links

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Beitragsbild ganz oben: Kathrin Mühlbach kam bisher in zwei von drei Partien zum Einsatz und ist immer eine gute Alternative für den ttc berlin eastside (Foto Roscher).

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