Vier-Punkte-Wochenende für Kolbermoor, Remis in Böblingen

Von Stephan Roscher|Oktober 23, 2022|bundesliga

Der SV DJK Kolbermoor hat am Sonntagnachmittag auch seine zweite Wochenend-Partie mit 6:4 gewonnen – am Ende hatte der TSV Langstadt in eigener Halle das Nachsehen. Auch in Böblingen erlebten die Fans eine äußerst spannende Begegnung, in der sich der TSV Schwabhausen auch ohne die verletzte Sabine Winter in guter Verfassung präsentierte. Am Ende teilte man sich die Punkte.

SV Böblingen – TSV Schwabhausen 5:5

Auch ohne die am Knöchel verletzte Sabine Winter bot der TSV Schwabhausen der SV Böblingen drei Stunden und 15 Minuten Paroli und verdiente sich am Ende einen Punkt redlich.

Nach einem 1:1 in den Doppeln – Kaufmann/Hartbrich besiegten Nikitchanka/Feher deutlich, Gotsch/Lin unterlagen Liu/Nagyvaradi knapp und ließen im vierten Satz vier Matchbälle ungenutzt – trennte man sich auch im Spitzenpaarkreuz 1:1. Im zweiten Satz lag Qianhong Gotsch im Defensivduell mit Alina Nikitchanka mit 1:8 hinten. „Was mache ich da?“, fragte sie sich verzweifelt und für alle hörbar. Dann brachte sie auf einmal wieder Ruhe in ihr Spiel und gewann noch 13:11. Der dritte Satz war reine Formsache. Annett Kaufmann hatte einen guten dritten Satz gegen Lui Yangzi, ansonsten ließ sie oft die Balance vermissen gegen Schwabhausens bärenstarke Nummer eins. 2:2 zur Pause.

Dann schockten die beiden TSV-Ungarinnen den Gastgeber hinten – Orsolya Feher hatte überraschend die diesmal nicht so gut aufgelegte Lin Chia-Hsuan gut im Griff, Mercedesz Nagyvaradi ließ gegen Leonie Hartbrich nichts anbrennen, deren gefährliche Rückhand zu selten kam – beide Matches gingen in vier Sätzen an Schwabhausen.

Orsolya Feher zeigte gegen Lin Chia-Hsuan ihr bestes Tischtennis und gewann verdient (Archivfoto: Roscher).

Nun musste sich Böblingen etwas einfallen lassen. Und das gelang mit zwei 3:0-Erfolgen oben, wobei Gotschs Sieg gegen Liu von den Satzergebnissen her wesentlich knapper ausfiel als Kaufmanns Erfolg gegen Nikitchanka. „Hongi“ fischte schier unglaubliche Bälle aus allen Ecken der Box. Ein Rückhand-Schmetterball von ihr zum 12:10 beendete die Partie. Annett Kaufmann brannte anschließend ein wahres Feuerwerk ab. Böblingens 16-Jährige dominierte eindeutig gegen die Weißrussin, deren Defensivspiel sie nahezu perfekt lesen konnte. Sehr zur Freude der allermeisten der 130 Zuschauer und des SWR-Fernsehteams, das einen dreiminütigen Beitrag drehte für die Sendung SWR Sport.

4:4 der neue Spielstand, jetzt ging es um alles oder nichts. Die Deutsch-Ungarin Hartbrich gab sich keine Blöße gegen die Ungarin Feher, da ihre Rückhand nun stabil funtionierte und auch auf die Vorhand Verlass war. Doch Fehers Landsfrau Nagyvaradi, an diesem Tag eifrigste Punktesammlerin des TSV, zeigte auch vor Lin keinen Respekt und siegte in fünf Sätzen zum 5:5-Endstand in einer kurzweiligen Partie auf hohem Niveau.

SVB-Coach Ingo Gotsch war nur halb zufrieden: „Schwabhausen hat das Unentschieden verdient, sie haben immer daran geglaubt. Für uns ist das eher ein verlorener Punkt. Das eine Doppel haben wir uns nach einigen Matchbällen noch klauen lassen. Andererseits, wenn es blöde läuft, verlieren wir sogar noch die Partie.“ 

„Eine sehr starke Teamleistung schenkte uns das 5:5“, so ein zufriedener TSV-Trainer Alexander Yahmed. „Ich denke, Böblingen war eigentlich besser. 

Wir hatten keine Chance und haben sie genutzt.“ Yahmed weiter: „Ich bin beeindruckt, was mein Team da geleistet hat. Es waren alle super und jeder hat sich eingebracht. Wir nehmen den Punkt und sind sehr glücklich darüber, auch über unsere Leistung.“ 

TSV Langstadt – SV DJK Kolbermoor 4:6

Trotz einer überzeugenden Leistung im vorderen Paarkreuz – drei Punkte gegen Kolbermoor muss man oben erst einmal holen, zumal ohne die eigentliche Spitzenspielerin – konnte sich der TSV Langstadt vor heimischer Kulisse für eine beherzte und auch spielerisch ansprechende Leistung letztlich nicht belohnen. Mit 4:6 zog man gegen die Oberbayern den Kürzeren, die den entscheidenden Tick abgeklärter agierten und sich im hinteren Paarkreuz (3:1) sowie in den Doppeln (2:0) überlegen zeigten.

192 Minuten hielten die Südhessen vor 120 Fans engagiert dagegen, doch am Ende stand die zweite 4:6-Niederlage der noch jungen Saison auf dem Bogen. Für die TSV-Asse ist es eine ganz neue Situation, nach zwei Partien ohne Pluspunkt auf dem vorletzten Tabellenplatz zu stehen. Doch das Handikap war ohne Petrissa Solja schon gegen Bingen eine Woche zuvor einen Tick zu groß gewesen – nur einen kleinen, aber letztlich eben entscheidenden Tick. Die Ersatzspielerinnen aus der 2. Mannschaft geben zwar alles, können aber bisher zumindest in den Einzeln nicht punkten.

Der Türöffner für Kolbermoor waren die Doppel. Wie schon am Vortag beim 6:4 über Weil ließ man Svetlana Ganina im Einzel pausieren und nominierte die erfahrene russische Defensivspielerin nur für das Doppel an der Seite von Linda Bergström. Und die beiden Abwehrstrateginnen waren auch gegen die sonst so prächtig harmonierenden Franziska Schreiner/Tanja Krämer erfolgreich (11:6, 11:7, 12:10). Kolbermoor scheint hier ein neues Doppel von außergewöhnlicher Qualität gefunden zu haben. Auch im anderen Doppel gab es keinen Satzgewinn für Langstadt, wobei aber die „Notformation“ Chantal Mantz/Wenna Tu gegen Kristin Lang/Solomiya Brateyko nicht schlecht spielte und in zwei Durchgängen nah dran war.

Auch eine Chantal Mantz in Topform reichte nicht aus, um Langstadt einen Punkt zu retten (Foto: Petra Steyer).

Dass der TSV dennoch etwas reißen wollte, demonstrierte er in den nachfolgenden Einzeln: Eine glänzend aufgelegte Chantal Mantz besiegte Kristin Lang mit 3:2 und eine sehr diszipliniert spielende Franziska Schreiner konnte Kolbermoors schwedische Nummer eins, Linda Bergström, niederringen – 14:12 hieß es im Entscheidungssatz zu Gunsten der 20-jährigen Deutschen. Tanja Krämer legte nach und brachte durch ihren ersten Saisonsieg (3:0 gegen Naomi Pranjkovic) ihr Team erstmals in Führung.

Doch die Oberbayern schlugen zurück: Die ukrainische Meisterin Solomiya Brateyko war erwartungsgemäß eine Nummer zu groß für Zweitligaspielerin Wenna Tu und siegte ohne Satzverlust. Die Langstädterinnen jedoch ließen nicht locker und gingen abermals in Führung. Mantz, eigentlich nicht unbedingt als „Abwehrkillerin“ bekannt,  konnte auch Bergström bezwingen (11:8, 12:10, 11:9) – ein tolles, sehenswertes Match, bei dem die Zuschauer voll auf ihre Kosten kamen.

Nun schien der fünfte Punkt in der Luft zu liegen – und ein Remis gegen Kolbermoor ohne Spitzenspielerin Solja zu erreichen, wäre bei den Südhessen als großer Erfolg verbucht worden. „Franzi“ Schreiner hatte Kristin Lang zwei Sätze gut im Griff, doch die erfahrene Nummer zwei der Bayern steckte nicht auf und drehte das Match noch.

Kolbermoors Ukrainerin Solomiya Brateyko verbuchte in Langstadt die volle Ausbeute und gewann beide Einzel sowie ihr Doppel mit Kristin Lang (Foto: Erik Thomas).

4:4 – das hintere Paarkreuz musste entscheiden. Und da konnte man sich schon ausrechnen, dass das Gästeteam die besseren Karten haben würde, zumal als Krämer gegen Brateyko ziemlich chancenlos den Kürzeren gezogen hatte. Wenna Tu stemmte sich zwar mit allen Kräften gegen die Niederlage ihres Teams und versuchte gegen das 17-jährige Kolbermoorer Toptalent Naomi Pranjkovic alles, konnte am Ende aber ein 1:3 (7:11, 11:7, 9:11, 6:11) nicht verhindern.

Pranjkovic besiegelte damit ein überaus erfolgreiches Wochenende für Kolbermoor. Das in beiden Partien mächtig zu kämpfen hatte, die Herausforderungen jedoch sowohl mit einer tollen kämpferischen Einstellung als auch mit spielerischer Klasse meisterte. Es war zudem sehr effektiv, was die Oberbayern anstellten, die die volle Ausbeute nach Hause brachten und sich vorübergehend mit 5:3 Punkten sogar auf die Spitzenposition in der Tabelle schieben konnten – allerdings hat berlin eastside (4:0 Zähler) erst zweimal gespielt.

„Das war extrem ärgerlich“, sagte Manfred Kämmerer, Sportlicher Leiter des TSV. „Wir waren nah dran am Punktgewinn, es hat aber das Quäntchen zum Schluss gefehlt. Trotzdem war es natürlich eine wesentliche Steigerung gegenüber letzter Woche. Wenn wir so weiterspielen, werden wir auch wieder Punkte holen.“ „Wir waren nahe dran am Unentschieden“, so Trainer Thomas Hauke. „Auf der einen Seite haben wir vier Siege eingefahren, teilweise aus der Kategorie Sensation, wenn ich daran denke was Chanti und Franzi im vorderen Paarkreuz abgeliefert haben. Und auf der anderen Seite braucht man eben fünf Punkte um in der Bundesliga zu punkten.“ Hauke ergänzte: „Wir befinden uns jetzt nach zwei Niederlagen in einer schwierigen Situation. So einen Saisonstart hatten wir noch nie. Umso konzentrierter müssen wir das nächste Spiel angehen, da sind Punkte Pflicht.“ Tanja Krämer gab zu Protokoll: „Nach einem  schlechten Start in den Doppeln hat uns unser vorderes Paarkreuz zurück ins Spiel gebracht. Trotz der lautstarken Unterstützung der Fans ist uns ein überraschender Punktgewinn verwehrt geblieben.“ Erstliga-Debütantin Wenna Tu meinte: „Trotz der Niederlage hat es heute Spaß gemacht zu spielen. Für mein erstes Bundesligaspiel bin ich mit meiner Leistung zufrieden. Die Fans haben uns toll unterstützt.“

„Wir sind gut in den Doppeln gestartet und haben dann, eigentlich unerwartet, vorne beide verloren, was uns das Ganze wieder super schwer gemacht hat“, beginnt Kolbermoors Trainer Michael Fuchs seine Spielanalyse. „Hinten Miya klar gegen Wenna Tu gewonnen, Naomi relativ klar gegen Tanja verloren, da hat dann doch noch ein Tick gefehlt. Im vorderen Paarkreuz Kristin eigentlich schon auf der Verliererstraße gegen Franzi, doch sie hat es noch über die Erfahrung umbiegen können, das war eher ein bisschen glücklich. Linda hatte nicht ihren besten Tag, man hat ihr schon angemerkt, dass sie etwas Probleme hatte mit dem Flug in der Nacht auf Samstag. Gegen Franzi hatte sie aber schon die Chance zu gewinnen, während sie gegen Chanti relativ deutlich verloren hat. Miya hat dagegen sehr gut gespielt und überraschend klar auch gegen Tanja gewonnen. Naomi hat das Ganze dann beendet.“ Das Fazit des Trainers: „Wir freuen uns natürlich, dass wir vier Punkte am Wochenende geholt haben, wie es dann zustande gekommen ist, ist im Endeffekt zweitrangig. Wir freuen uns auch, dass alle, die mitgespielt haben, Punkte beisteuern konnten. Insgesamt ein erfolgreiches Wochenende.“

Beitragsbild oben: Leonie Hartbrich sicherte mit ihrem Sieg über Orsolya Feher der SVB wenigstens den einen Punkt gegen ein starkes Team aus Schwabhausen (Foto: Petra Steyer).

Diesen Beitrag teilen: