Spannendes Derby in Weil, Berlin mit lockerem Sieg
Das Derby zwischen Baden-Süd und Baden-Nord – Weil und Weinheim sind die Kleinigkeit von 270 Kilometern voneinander entfernt – hielt absolut, was es versprochen hatte: Spannung vom ersten bis zum letzten Ballwechsel, begeisterte Fans und am Ende ein „derbygerechtes“ Unentschieden. Mit allzu viel Spannung konnte man in Berlin dagegen nicht dienen. Drei Spielerinnen aus Bingen, Mie Skov war kurzfristig verletzt ausgefallen, mühten sich zwar redlich, konnten aber ein 0:6 im Eiltempo nicht verhindern. Noch weniger Spannung war allerdings in Böblingen zu verzeichnen, denn dort kam es aufgrund des positiven Corona-Tests einer Gäste-Spielerin und dessen Folgewirkungen erst gar nicht zum Spiel – und das Testergebnis erwies sich später auch noch als falsch. Spielwertung: 6:0 für die SVB.
ttc berlin eastside – TTG Bingen/Münster-Sarmsheim 6:0
Nach Langstadt das zweite 0:6 der TTG binnen drei Tagen, der nun die Böblingerinnen mit nur noch einem Punkt Rückstand im Nacken sitzen – allerdings haben die Rheinhessinnen noch vier Partien vor sich, die Schwäbinnen nur noch deren drei.
War Bingen am Freitagabend noch als Quartett an die Tische gegangen, konnte man die weite Reise zum Ligaprimus in die Hauptstadt nur zu dritt antreten. Mie Skov musste aufgrund einer Rückenverletzung passen.
Der frischgebackene Champions League-Finalist schonte zwar Nina Mittelham, war aber auch so stark genug besetzt, um einen lockeren Sonntagsspaziergang zu haben. Es war in der Tat ein Trainingsspiel mit Wettkampfcharakter für die Hauptstädterinnen, die 85 Minuten inklusive Pause, netto also gerade 70 Minuten, beschäftigt waren.
Einzig das letzte Match des Tages zwischen Jessica Göbel und Karolina Mynarova war eng und umkämpft. Beim 11:6, 7:11, 12:14, 11:9 triumphierte am Ende die ganze Routine der 40-jährigen Ex-DTTB-Nationalspielerin. Ansonsten konnten die Tischtennisfrauen aus Bingen nur noch einen weiteren Satzgewinn verbuchen. Dieser blieb der stets kampfstarken Katerina Tomanovska vorbehalten, die gegen die Taiwanerin Cheng Hsien-Tzu, die zu ihrem zweiten Rückrunden-Einsatz im Dress des ttc eastside kam, den zweiten Durchgang gewinnen konnte, im weiteren Verlauf des Matchs jedoch ohne Chance blieb.
Berlins Manager Andreas Hain freute sich nicht so sehr über den Sieg, sondern war vielmehr „angefressen“, weil den Fans kein wirklich interessantes Spiel geboten werden konnte: „Es ist einfach frustrierend, aber wie will man seinen Sponsoren und Fans diese Bundesliga verkaufen? So macht das keinen Spaß mehr! Gott sei Dank gibt es ja noch die Champions League, da treten alle komplett an!“
Doch was sollte Bingen tun, es waren nun einmal vier der sieben Stammspielerinnen für dieses Wochenende eingeplant und weilten in Deutschland. Und wenn sich dann plötzlich eine verletzt, kann keine komplette Mannschaft mehr zustande kommen. Zudem ist es ja nicht so, dass alle Bundesligaspiele einseitig und langweilig wären. In Weil etwa war genau das Gegenteil der Fall und es gab in dieser Saison schon viele Partien, die einen sehr spannenden Verlauf hatten. Allerdings, und da kann man Hains Reaktion wiederum verstehen, hat gerade der ttc eastside nur selten das Glück, komplette Gästeteams begrüßen zu dürfen. Und genau die möchte man ja den Zuschauern und Sponsoren präsentieren.
„Mie Skov musste aufgrund einer Rückenverletzung passen und Giorgia Piccolin ist weiter verletzt“, erläuterte Bingens Vorsitzender Joachim Lautebach nochmals. „Zurzeit läuft einiges gegen uns. Trotzdem haben die anderen versucht, sich vernünftig zu präsentieren. Schade, dass Karolina Mynarova das Spiel gegen Jessica Goebel nicht nach Hause bringen konnte. Der Abstiegskampf spitzt sich für uns jetzt natürlich zu.“
ESV Weil – TTC 1946 Weinheim 5:5
Das war nichts für schwache Nerven. Auch wenn es eine kleine Weltreise von Weinheim nach Bingen ist, herrschte in der Halle Derbystimmung vom ersten bis zum letzten Ballwechsel, zudem war es extrem spannend, auch wenn der Gast nach 4:1- und 5:2-Führung dem Sieg sehr nahe zu sein schien – doch die Weilerinnen, ohne die Ukrainerin Ievgeniia Sozoniuk angetreten – wehrten sich, nach vorne gepeitscht von den Fans, und fanden zurück ins Spiel.
Nach den Doppeln stand es 1:1, Trifonova/Arapovic unterlagen Takahashi/Trigolos mit 0:3, während sich am anderen Tisch die Weiler Formation Lupulesku/Scholz in vier Sätzen gegen Lung/Wolf behaupten konnte. Dann war erst einmal Weinheim am Drücker, das in der Brasilianerin Bruna Takahashi einmal mehr die überragende Akteurin in der Halle hatte. Wenn man die 21-jährige Ausnahmespielerin aus dem brasilianischen Bundesstaat São Paulo am Tisch in Aktion sieht, gewinnt man den Eindruck, dass ihre derzeitige Weltranglistenposition (32) fast noch zu niedrig ist. Beim 3:1 über Izabela Lupulesku hatte sie das Heft klar in der Hand. Und da am Nebentisch ihre weißrussische Kollegin Daria Trigolos in ebenfalls vier Sätzen gegen Polina Trifonova gewann, lag der TTC 46 mit 3:1 in Front.
Fast hätte eine bärenstarke Jennie Wolf die Führung sogar auf 4:1 ausgebaut, beim 2:3 gegen die 17-jährige Kroatin Hana Arapovic nach 2:0-Führung fehlte nicht viel zum Triumph der hochgewachsenen Weinheimerin (11:8, 11:5, 5:11, 11:13, 9:11). Da aber Vivien Scholz im Anschluss der Belgierin Lisa Lung unterlag (1:3) und auch Polina Trifonova beim 1:3 gegen Bruna Takahashi nur in einem Satz auf Augenhöhe war, lag der Gast mit 5:2 vorne.
Doch die Truppe aus dem Dreiländereck dachte nicht daran, die Flinte ins Korn zu werfen und gab nochmals Gas: Izabela Lupulesku besiegte Daria Trigolos im Duell der „Zweier“ mit 3:0 und Hana Arapovic brachte den Eisenbahner Turn- und Sportverein Weil am Rhein durch ein 3:1 über Lisa Lung auf 4:5 heran. Arapovics Bundesligabilanz von aktuell 10:2 ist für eine so junge Spielerin in ihrer ersten Saison im deutschen Oberhaus schon nahezu genial. Nun lag es an Vivien Scholz, ob es noch zum Remis reichen würde. Dazu musste sie aber erstmals ihre Angstgegnerin Jennie Wolf schlagen. Anfänglich sah es nach einer weiteren Niederlage der ESV-Brandenburgerin aus, doch nach einem 0:2-Satzrückstand kämpfte sie sich – getragen von den Fans – zurück und siegte tatsächlich noch mit 9:11, 12:14, 11:9, 11:4 und 11:5. Das Unentschieden war in trockenen Tüchern.
Doris Spiess war sehr zufrieden mit der Punkteteilung: „Für uns fühlt sich das Unentschieden an wie ein Sieg. Weinheim hat vorgelegt und ging mit 4:1 in Führung. Dank einer exzellenten Leistung von Hana Arapovic, die sich nach 0:2-Satzrückstand zurückkämpfte und das Spiel gegen Jennie Wolf noch drehen konnte, konnten wir die drohende 1:6-Niederlage verhindern.“ Die Abteilungsleiterin des ESV fuhr fort: „Danach war es eine starke kämpferische Leistung unseres Teams, die Vivien Scholz im letzten Spiel mit dem Sieg gegen Jennie Wolf zum 5:5 krönte. Weinheim hat sich wie erwartet als starker Gegner erwiesen.“
Vivien Scholz erläuterte zum letzten Match des Tages: „Jennie Wolf war sagenhaft gut drauf. Ich habe in den letzten 15 Jahren bestimmt schon 20 Mal gegen sie gespielt und konnte bisher noch nie gewinnen. Für mich also ein historischer Sieg. Ich denke, das Ergebnis von 5:5 war mehr als fair, denn beide Teams waren gleichwertig.“
„Natürlich ist es nach 5:2-Führung ärgerlich, noch unentschieden zu spielen“, sagte Weinheims Manager Christian Säger nach der Partie. „Aber im Endeffekt können und müssen wir damit leben. In diesen Zeiten vier gesunde Spielerinnen zu haben, ist die große Herausforderung. Da können Entscheidungen gerade im Abstiegskampf beeinflusst werden“.
SV Böblingen – SV DJK Kolbermoor 6:0 (kampflos)
Ganz unglücklich verlief der Tag für Pokalsieger SV DJK Kolbermoor. Die Mannschaft war in Böblingen schon auf dem Weg zur Sporthalle, als sie das positive PCR-Testergebnis einer Spielerin erreichte. Da eine weitere Spielerin als Kontaktperson eingestuft wurde, konnte das Team nicht antreten. Zu dritt hätte man laut Reglement spielen können, zu zweit aber nicht. Zwei Stunden später traf dann das Ergebnis eines weiteren, zur Sicherheit gemachten PCR-Tests der besagten Spielerin ein: Negativ! Dass dies alles so kurzfristig und bereits am Spielort geschah, nahm den Gästen aus Oberbayern jegliche Möglichkeit, adäquat zu reagieren und kurzfristig Ersatz zu besorgen. Das ist wirklich ganz dumm und unglücklich gelaufen.
Keiner der beteiligten Vereine trägt daran Schuld, dass es nicht zum Spiel kam, auf das auch die teilweise bereits in der Halle versammelten Zuschauer mit Spannung gewartet hatten. Eine Verlegung kam auch nicht in Betracht, diese muss laut Regelwerk mindestens 48 Stunden vor Spielbeginn beantragt werden. So jedenfalls gab es zwei Punkte für die Böblingerinnen, die im Kampf um den Klassenerhalt noch wichtig werden könnten. Die SVB hatte aber in dieser Saison auch schon mehrfach Pech gehabt: Gegen Langstadt wurde im Dezember nicht gespielt wegen Verschmutzung der Halle, letzte Woche gegen Berlin wegen eines Corona-Falles. Beide Male waren die Punkte kampflos weggegangen.
Beitragsbild oben: Berlins Shan Xiaona war gegen Bingen nicht ernsthaft gefordert und gewann locker gegen die junge Anastasia Bondareva (Foto: ETTU).