Petrissa Solja überragend – Langstadt und Kolbermoor stehen im Finale

Von Stephan Roscher|Januar 9, 2022|Pokal

Als Berlins Trainerin Irina Palina am Samstagabend geäußert hatte, dass sich beim heutigen LOTTO FINAL FOUR in Hannover vier Teams von sehr ähnlicher Qualität duellieren würden, hatten viele das für Understatement gehalten. Doch die beiden Halbfinals haben bewiesen, wie recht sie hatte. So musste der SV DJK Kolbermoor wirklich alles geben, um durch ein 3:0 gegen die SV Böblingen – klingt deutlich, doch es waren letztlich Nuancen ausschlaggebend – ins Finale einzuziehen. Und Triple-Sieger ttc berlin eastside scheiterte sogar hauchdünn am TSV Langstadt in einem atemberaubenden Match von sage und schreibe 220 Minuten.   

ttc berlin eastside – TSV Langstadt 2:3

Wahnsinn, das spannendste, aufregendste Spiel des bisherigen Turniers und die erste Sensation! Denn bisher dachte man, dass eastside gerade in Finalsituationen – und eine solche ist ein Cup-Halbfinale ohne Frage – nicht zu schlagen sein würde. Und sie hatten im Vorfeld zwar personelle Probleme, doch mit Shan Xiaona, Nina Mittelham und Sabina Surjan standen schon drei Spielerinnen am Tisch, die an einem guten Tag jedes Team in Europa besiegen können.

Nicht weniger als drei Stunden und 40 Minuten begegneten sich beide Mannschaften auf Augenhöhe und schenkten sich nichts. Dazu war es auch noch ein Duell auf allerhöchstem Niveau. Weil die beiden Rivalen, die schon in der Liga vor einigen Wochen mit einem Remis auseinandergegangen waren, sich einfach nicht einig werden konnten, wer weiterkommt, musste sogar der Finaltermin um 90 Minuten nach hinten geschoben werden.

Zweimal schien es, als hätten die Hessinnen ihre große Chance verspielt. So als Tanja Krämer zum Auftakt Nina Mittelham nach tollem Spiel und einer 5:1- und 10:8-Führung im fünften Satz noch mit 11:13 unterlag. Und auch als Chantal Mantz später der serbischen Linkshänderin Sabina Surjan nach einem 10:12 im Entscheidungssatz gratulieren musste.

Doch der Senkrechtstarter aus Südhessen, der noch nie in dieser Saison eine Partie nicht in Bestbesetzung bestritten hat, kam immer wieder zurück. Und zwar durch eine fantastisch aufspielende Petrissa Solja, die sich schon am Samstag stark präsentiert hatte, aber heute nochmals einen Gang höher schaltete. Zunächst besiegte sie Shan Xiaona in fünf Sätzen (10:12, 11:6, 11:7, 13:15, 11:5) und – beim Zwischenstand von 1:2 – mit Nina Mittelham auch noch eine weitere Nationalmannschaftskollegin und zugleich die amtierende Deutsche Einzelmeisterin, sogar mit 3:0 (11:9, 11:9, 11:7).

Erstmals in diesem Turnier musste folglich das Doppel entscheiden – und auch da wurde es bis zum letzten Moment „ausgekostet“ und ging über die volle Distanz. Am Ende hatten die Langstädterinnen Chantal Mantz und Tanja Krämer gegen Shan Xiaona/Sabina Surjan mit 3:2 (9:11, 13:11, 11:8, 9:11, 11:6) die Nase vorn.

Die Langstädterinnen durften ausgelassen jubeln. Der Sportliche Leiter des TSV, Manfred Kämmerer, auf die Frage, ob Tischtennis spannender sein könne: „Nein, das war DER Hammer!“ 

SV Böblingen – SV DJK Kolbermoor 0:3

Das Endergebnis täuscht darüber hinweg, wie knapp es phasenweise tatsächlich bei diesem Halbfinal-Duell in der Sporthalle Hannover-Misburg zuging, wenngleich es am letztlich verdienten Erfolg der Oberbayern nichts zu rütteln gab.

Richtungsweisend war das Auftaktmatch zwischen den beiden Defensiv-Ikonen ihrer Teams, Qianhong Gotsch und Svetlana Ganina. Nun, Ganina hatte den längeren Atem, doch das Ergebnis zeigt, wie eng es war: 9:11, 11:9, 14:12, 14:12 hieß es aus Sicht der Gewinnerin, wobei Gotsch in den Durchgängen drei und vier zwei beziehungsweise drei Satzbälle nicht nutzen konnte. Ab 8:8 im vierten Satz wurde übrigens nach der Zeitspiel-Regel gespielt.

Schlüsselmatch: In diesem Moment hatte Svetlana Ganina im Abwehrduell über Qianhong Gotsch triumphiert, was entsprechend im Lager Kolbermoors bejubelt wurde.

Auch die nachfolgenden beiden Partien endeten jeweils mit 3:1 zugunsten des SV DJK, doch so eng wie bei Gotsch vs. Ganina wurde es nicht mehr. Eine furios beginnende Mitsuki Yoshida gewann zwar den ersten Satz gegen Georgina Pota klar, doch dann war die Weltklasse-Ungarin auf Betriebstemperatur und holte sich die nachfolgenden Durchgänge noch relativ klar, ohne die Japanerin in Grund und Boden zu spielen (4:11, 11:7, 11:6, 11:8).

Kristin lang blieb es vorbehalten, ihrem Team den Finaleinzug zu sichern. Gegen Annett Kaufmann gab Lang beim Zwischenstand von 1:1 Sätzen nochmals richtig Gas, ließ der 15-jährigen Böblingerin im dritten Durchgang keine Chance und gewann den vierten Satz, in dem Kaufmann wieder fast auf Augenhöhe war, mit 11:9. Nach einer Gesamtspieldauer von gut zwei Stunden war die Entscheidung gefallen. 

„Die Stimmung im Team war gut, die Veranstaltung super und sehr gut organisiert“, so Böblingens Manager Frank Tartsch. „Eine Niederlage gegen Kolbermoor war zu erwarten. Wenngleich durchaus mehr drin gewesen wäre, hätte Hongi im Auftaktspiel gegen Svetlana Ganina etwas mehr Glück gehabt in den entscheidenden Phasen jeweils zum Satzende.“ 

Titelbild: Es war vollbracht: Tanja Krämer (links) und Chantal Mantz durften jubeln.

Text: Dr. Stephan Roscher 

Fotos (2): Petra Steyer 

Livestream Finale 

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