Letzte Entscheidungen im Damen-Oberhaus

Von Autor|März 22, 2019|bundesliga

Im Mittelpunkt des letzten Spieltags der 1. Bundesliga Damen steht die noch nicht endgültig geklärte Frage, wer sich den zweiten Platz schnappt und damit das noch zu vergebende zweite Halbfinal-Ticket löst – auch wenn alles auf den SV DJK Kolbermoor hindeutet. Es sieht so aus, als würden die Fans in Bingen beim Spiel zwischen der TTG und dem TuS Bad Driburg das direkte Duell um Platz drei erleben. Und wenn die SV Böblingen und der TV Busenbach aufeinandertreffen, geht es immerhin ums Prestige – als Letzter will keiner die Saison freiwillig abschließen.

 

Sonntag, 14.00 Uhr: SV DJK Kolbermoor – TTK Anröchte

Die Konstellation ist eindeutig. Der Titelverteidiger muss gewinnen, um sicher im Halbfinale zu stehen. Bei einem Remis müsste er darauf hoffen, dass auch die Partie in Bingen keinen Sieger findet. Ein Heimsieg sollte Kristin Lang und Kolleginnen nach menschlichem Ermessen gegen den letztjährigen Viertelfinal-Gegner jedoch gelingen, zumal Personalsorgen die Ostwestfalen umtreiben. Das Hinspiel gewann Kolbermoor mit 6:2 – und da konnte Anröchte vier Stammspielerinnen aufbieten.

Der TTK-Vorsitzende Manfred Vogel erläutert die Situation: „Mir stehen mit Yang Henrich und Marta Golota zur Zeit nur zwei Stammspielerinnen zur Verfügung. Wir werden auf jeden Fall mit Ersatz nach Kolbermoor reisen und müssen bis Samstag warten, wie sich die Sache entwickelt.“

Doch das kümmert den Gegner nicht, der sich seriös auf die Begegnung vorbereitet, so als würde der Gast in Bestbesetzung erscheinen. Alles andere wäre auch nicht professionell und in Kolbermoor legt man großen Wert auf Professionalität.

Trainer Michael Fuchs lässt keinen Zweifel aufkommen. „Wir gehen das Spiel keinesfalls locker beziehungsweise leichtfertig an, da das Viertelfinale des letzten Jahres durchaus noch bei uns präsent ist“, sagt Fuchs im Vorfeld der Partie. „Für uns ist Anröchte in kompletter Aufstellung ein wirklich schwer zu spielender Gegner mit unterschiedlichen und teilweise für uns unangenehmen Spielsystemen. Natürlich wollen wir jetzt nach dem knappen Sieg gegen Bad Driburg unbedingt den zweiten Platz behalten und werden auch gut vorbereitet am Sonntag in das Spiel gehen.“

Defensiv-Ass Svetlana Ganina wird auch gegen Anröchte am Tisch stehen.

Sonntag, 14.00 Uhr: TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – TuS Bad Driburg

Vielleicht die wichtigste Partie am letzten Spieltag der Punktrunde und eine tolle Einstimmung auf die Play-offs. Die beiden Kontrahenten stehen punktgleich mit 17:9 Zählern auf den Tabellenplätzen drei und vier. Beide haben eine überzeugende Runde gespielt. Und beide haben noch einiges vor und streben in den Play-offs die Halbfinals an.

Das bessere Spielverhältnis der Ostwestfalen hat zur Folge, dass man im Fall eines Remis Dritter bliebe. Bingen muss hingegen gewinnen – und beide wollen den dritten Rang unbedingt, der auch psychologische Bedeutung hat. Damit, dass Kolbermoor etwas gegen das dezimierte Team aus Anröchte anbrennen lassen könnte, rechnet dagegen keiner von beiden. Man sieht die Chance auf Platz zwei, rechnerisch ohne weiteres möglich, als reine Theorie an.

Sarah de Nutte will mit Bad Driburg in Bingen wenigstens ein Remis erkämpfen.

Die TTG, die aus den letzten fünf Partien 8:2 Punkte holte, hofft auf einen schönen, erfolgreichen Rundenabschluss vor guter Kulisse – es wird Zeit, in dieser Saison erstmals die 200er-Marke zu knacken. Die bravourös kämpfende und prächtig harmonierende junge Mannschaft aus Rheinhessen hätte das verdient. Und der starke Gegner, der – auf Augenhöhe mit Kolbermoor – dem Meister und Pokalsieger vor einer Woche so knapp und unglücklich unterlag, ebenfalls.

Bingen will Platz drei erobern und spricht im Vorfeld vom „alles entscheidenden Bundesligaspiel um den dritten Platz“ – man sieht es durchaus als ein kleines Finale. Vorsitzender Joachim Lautebach verdeutlicht, dass die Fans hohe Qualität erleben werden: „In beiden Mannschaften stehen aktuelle National- bzw. Jugendnationalspielerinnen, sodass wieder hochklassiger und spannender Tischtennissport zu erwarten ist.“ Man setzt auf einen Heimsieg und hofft auf die stimmgewaltige Unterstützung möglichst vieler Fans: „Sollte es unserem Team gelingen, dieses Spiel erfolgreich zu gestalten, ist ihm der 3. Platz nach der offiziellen Meisterschaftsrunde sicher. Wir hoffen auf tatkräftige Unterstützung unserer jungen Mannschaft.“

TuS-Manager Franz-Josef Lingens freut sich ebenfalls auf das Duell der Tabellennachbarn. „Das wird mit Sicherheit ein tolles und spannendes Spiel vor vollem Haus“, ist Lingens überzeugt. „Beide wollen wohl lieber Dritter werden, obwohl der Vierte in den Play-offs auch zuerst Heimspiel hat. In den Doppeln und in den beiden Paarkreuzen sehe ich für beide Seiten keine Vorteile. Vielleicht ist entscheidend, dass uns ein Punkt reicht.“

Das bestens eingespielte Bingener Topdoppel Chantal Mantz/Yuan Wan soll auch gegen Bad Driburg punkten.

 

Sonntag, 14.00 Uhr: SV Böblingen – TV Busenbach

Es ist ein kleines Finale um den siebten Platz. Nicht mehr und nicht weniger. Nach der für beide enttäuschend verlaufenen Saison, in der auch reichlich Pech zu konstatieren war, ist es psychologisch schon wichtig, ob man diese mit einem Erfolgserlebnis beenden und wenigstens einen Tick versöhnlicher ausklingen lassen kann. Keiner will die Runde mit der roten Laterne abschließen. Die Konstellation ist klar: Gewinnt Busenbach oder endet die Partie mit einer Punkteteilung, sind die Badenerinnen Vorletzte. Gewinnt aber der Gastgeber, der seit fast zwei Jahren sehnsüchtig auf einen Sieg im Oberhaus wartet, sind sie Siebte und haben den TVB auf den letzten Platz geschoben. Das Hinspiel ging mit 6:3 an Busenbach – der bisher einzige Saisonsieg des Ex-Meisters. Allerdings war auf Seiten der SVB eine verletzte Yanhua Yang-Xu dabei, die inklusive Doppel drei Matches abschenken musste.

Mit einem einzigen Sieg am letzten Spieltag könnten die über weite Teile der Saison von Verletzungspech gebeutelten Schwäbinnen die zweijährige Flaute zumindest einigermaßen vergessen machen. Und selbstverständlich wird man – gerade vor heimischem Publikum – nochmals alles geben, um endlich einmal nicht mit leeren Händen dazustehen. Im Baden-Württemberg-Derby wird der Gastgeber mit Qianhong Gotsch (Einzelbilanz 22:3), Rosalia Stähr, Theresa Kraft und Laura Kaim auflaufen, gecoacht wird die Truppe von Andrzej Kaim.

„Es sind am Sonntag keine besonderen Aktionen geplant, nach so einer Seuchen-Saison ist die Lust auf einen festlichen Saisonabschluss nicht so wirklich vorhanden“, steht SVB-Manager Frank Tartsch nicht der Sinn nach Feiern. Selbst im Fall eines Sieges würde man auf dem Teppich bleiben und die Saison in ihrer Gesamtheit kritisch analysieren. Pressewart Manfred Schneider klärt uns auf, weshalb es auf jeden Fall eine besondere Partie ist: „Es ist das 348. Spiel der SV Böblingen in der 1. Liga. Damit zieht Böblingen mit Langweid gleich. Nur berlin eastside mit seinen Vorgängervereinen hat in der über 40-Jährigen Bundesliga-Geschichte mehr Spiele ausgetragen.“

Jessica Göbel macht klar, dass auch die Busenbacherinnen das Kellerduell nochmals richtig ernst nehmen. „Natürlich ist es uns nicht egal, ob wir verlieren. Böblingen soll mal schön die Laterne behalten“, so die Mannschaftsführerin des TVB. „Wir sind aber auch gewarnt, wir haben schon des Öfteren in Böblingen nicht gewinnen können. Böblingen hatte wie wir viele enge Spiele wo am Ende einfach ein Punkt fehlte – Leidensgenossen in etwa. Fakt ist, wir fahren nach Böblingen, um zu gewinnen und werden nochmal alles mobilisieren, damit es am Ende des Tages reichen wird.“

Jessica Göbel hofft mit Busenbach auf einen guten Abschluss einer ansonsten bescheidenen Saison.

 

Sonntag, 15.00 Uhr: ttc berlin eastside – TSV Langstadt

Am 2. Dezember standen sich beide Teams erstmalig gegenüber. Beim Hinspiel in Langstadt fehlten dem TSV seine beiden Topspielerinnen, dennoch hielt man die Partie lange offen und unterlag dem dreimaligen Triple-Gewinner am Ende nur mit 3:6. Für das Rückspiel am Sonntag sind die Voraussetzungen noch ungewöhnlicher – diesmal bei beiden Mannschaften.

„Im Normalfall haben wir natürlich keine realistischen Chancen gegen den absoluten Top-Favoriten Berlin“, räumt Manfred Kämmerer ein. „In diesem Spiel gibt es jedoch kuriose Vorzeichen.“

Aus den Langstädter Reihen sind Petrissa Solja und Cheng Hsien-Tzu bei den Oman Open im Einsatz. Monika Pietkiewicz muss als Verbandstrainerin den hessischen Nachwuchs bei einem Sichtungslehrgang in Düsseldorf betreuen. Deshalb wird von der Stammbesetzung nur Alena Lemmer an den Tisch gehen.

Berlin seinerseits ist jedoch am selben Tag bekanntlich in der Champions-League im Halbfinal-Rückspiel in Zagreb gefordert. Damit wird auch der Gastgeber mit einer stark ersatzgeschwächten Mannschaft antreten. Berlins Manager Andreas Hain lässt keinen Zweifel aufkommen, dass man dennoch im letzten Punktrundenspiel nichts anbrennen lassen will, auch wenn der Fokus des Klubs am Sonntag verständlicherweise auf Zagreb liegt: „Grundsätzlich fühlen wir uns stark genug, auch mit unserer 1B-Mannschaft gegen Langstadt zu gewinnen. Dafür haben wir letztlich genug Spielerinnen.“

„Wir sind froh, dass unsere zweite Mannschaft bereits am Samstag ihr Drittliga-Spitzenspiel bei den Reinickendorfer Füchsen austrägt, damit sind wenigstens die Spielerinnen der zweiten Mannschaft bereits vor Ort und werden somit auch drei Viertel der Mannschaft am Sonntag stellen“, erläutert Kämmerer die Personalsituation.

Wie man gestern aus Berlin erfahren konnte, wird der Ligaprimus dennoch eine gar nicht so schwache Truppe aufbieten. Offenbar reisen nur drei von vier Topspielerinnen nach Zagreb, so dass immer noch eine Weltklasse-Akteurin als Nummer eins auflaufen wird. Zudem wird mit der schon im Hinspiel eingesetzten Kathrin Mühlbach eine spielstarke Nummer zwei aufschlagen. Hinten dürfte eine der beiden Inderinnen spielen, so dass lediglich Position vier von einer Regionalligaspielerin besetzt werden muss. Tritt Berlin tatsächlich so an, ist Langstadts B-Mannschaft trotz des Fehlens von drei Berlinerinnen Außenseiter.

Alena Lemmer wird in Berlin als Langstadts Nummer eins auflaufen.

Allerdings ist der Ausgang des Spiels für die Tabelle unerheblich. Dem ttc eastside ist der Spitzenplatz bereits seit langem sicher und die Langstädter Damen können sich nach der Niederlage in Anröchte nicht mehr verbessern und werden als Fünfte ins Ziel einlaufen.

Beitragsbild oben: Qianhong Gotsch könnte gegen Busenbach das Kunststück gelingen, die Saison mit einer stolzen 24:3-Bilanz abzuschließen.

Text & Fotos: Dr. Stephan Roscher

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