Klare Siege für Berlin und Weinheim, Punkteteilung in Böblingen

Von Stephan Roscher|Januar 31, 2022|bundesliga

Der Sonntag in der 1. Bundesliga Damen begann mit einem Unentschieden zwischen der SV Böblingen und dem ESV Weil. Der erste Punktgewinn der zur Rückrunde verstärkten Schwäbinnen, die allerdings zwei Zähler angestrebt hatten, von denen sie am Ende nicht allzu weit entfernt waren. In Kolbermoor trumpfte Spitzenreiter ttc berlin eastside auf und ließ beim 6:2 über den Pokalsieger, der nicht in Topbesetzung auflaufen konnte, nichts anbrennen. Zum Abschluss setzte sich der TTC 46 Weinheim in Bingen prächtig in Szene und schockte die Gastgeberinnen mit einem glatten 6:1-Erfolg. Nach diesen drei bemerkenswerten Partien scheint einiges klarer als zuvor, besonders im Kampf um den Klassenerhalt.

SV Böblingen – ESV Weil 5:5

Das Baden-Württemberg-Derby war die am heftigsten umkämpfte Partie des Tages. Nach 202 Minuten stand das letztlich leistungsgerechte Remis fest, auch wenn es zwischenzeitlich so ausgesehen hatte, als könnte es zum ersten Sieg der Schwäbinnen seit 14 Monaten reichen.

Das 0:2 aus den Doppeln war letztlich doch eine zu hohe Hypothek. Qianhong Gotsch und Chia-Hsuan Lin unterlagen der diesmal in den Einzeln pausierenden Polina Trifonova und Ievgeniia Sozoniuk mit 1:3, Annett Kaufmann / Leonie Hartbrich der Weiler Formation Izabela Lupulesku / Vivien Scholz knapp mit 2:3. Zwar gelang es Böblingen, die ersten drei Einzel zu gewinnen und später noch mit 4:3 und 5:4 in Führung zu gehen, doch der Gast blieb immer am Ball und konnte dreimal ausgleichen. Qianhong Gotsch hatte mit Ievgeniia Sozoniuk diesmal nicht so viel Mühe und konnte sich in vier Sätzen für die Hinspielniederlage revanchieren. Annett Kaufmann wies die Serbin Izabela Lupulesku klar in die Schranken (3:0)

Annett Kaufmann konnte zwar gegen Izabela Lupulesku punkten, nicht aber gegen Ievgeniia Sozoniuk (Foto: Joaquim Fereira).

Der Winterneuzugang aus Taiwan, Chia-Hsuan Lin, erwies sich als Volltreffer und ließ Vivien Scholz beim 11:3, 11:7, 11:5 keine Chance, deren Schläger (Foto) im ersten Satz nach einer heftigen Berührung mit der Tischkante hinüber war. Doch gegen den Wirbelwind aus Fernost hätte sie auch mit ihrem Original-Spielgerät kaum etwas ausrichten können. Scholz: „Lin hat mir die Bälle nonstop um die Ohren gefeuert, sie ist sehr, sehr stark.“

3:2 für Böblingen, doch die gewohnt starke Hana Arapovic sorgte gegen Leonie Hartbrich, die ebenfalls im Winter zu der SVB stieß, ohne Satzverlust für den Ausgleich. Gotsch brachte ihre Farben erneut in Führung, ihr 3:0 gegen Lupulesku geriet nie in Gefahr. Weil war wieder an der Reihe. Sozoniuk gewann das Schlüsselmatch gegen Nachwuchs-Top-Ass Kaufmann überraschend mit 3:2. Im fünften Satz lief bei der jungen Böblingerin nichts mehr zusammen. Lin war wieder an der Reihe und lieferte sich ein heißes Duell mit Arapovic, die vor dem Match 8:1 stand. Am Ende glückte der 17-jährigen Kroatin beim 9:11, 10:12, 9:11 aber kein Satzgewinn. Nun stand Scholz unter Druck und musste gegen Hartbrich das Duell der Vierer gewinnen, wenn sie ihrem Team den ersehnten Punkt sichern wollte. Ihre Gegnerin hätte mit einem Sieg den Böblingerinnen den ersten doppelten Punktgewinn seit 14 Monaten beschert, die damit ein fulminantes Signal im Kampf um den Klassenerhalt ausgesendet hätten. Doch die Brandenburgerin in Diensten des ESV behielt in dem spannenden Match die Übersicht, bewies beim 3:1 (9:11, 11:9, 13:11, 11:8) Nervenstärke und tütete das 5:5 ein. Die Siegerin: „Gegen Leonie Hartbrich kam ich mit meinem alten, seit Jahren unbenutzten Ersatzschläger schon besser zurecht und fand nach meinen üblichen Startschwierigkeiten in mein Spiel.“

Schläger von Weils Nummer 4 nach dem unsanften Tischkontakt (Foto: Vivien Scholz).

Auf Böblinger Seite wusste man nicht so recht, ob es ein gewonnener oder ein verlorener Punkt war. Coach Sönke Geil: „Vom Spielverlauf her hatten wir Chancen auf einen Sieg. Insofern ist das Unentschieden eigentlich zu wenig, aber die Hoffnung lebt.“ Manager Frank Tartsch ergänzte: „Es war ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.“

„Alles in allem sind wir mit der Punkteteilung zufrieden. Es war eine spannende Partie mit ständig wechselnden Emotionen“, so Weils Abteilungschefin Doris Spiess. „Das erste Hoch kam nach den beiden Doppelsiegen. Ein kleines Zwischentief gab es dann als Ievgeniia Sozoniuk ihren Vorrundensieg gegen Qianhong Gotsch nicht wiederholen konnte und auch Izabela Lupulesku gegen Anett Kaufmann und Vivien Scholz gegen Lin Chia-Hsuan verloren. Sensationell aus unserer Sicht war dann der Sieg von Ievgeniia gegen Annett. Das war dann schon so etwas wie eine Vorentscheidung zum Punktgewinn, den Vivien Scholz nervenstark im letzten Spiel gegen Leonie Hartbrich holte.“

Das Remis nützt den Weilerinnen zunächst einmal mehr als Böblingen. Mit 9:9 Punkten dürfte in Sachen Klassenerhalt nichts mehr anbrennen. Das „verflixte zweite Jahr“ scheint das Team aus dem Dreiländereck also schon jetzt gut gemeistert zu haben. Am kommenden Sonntag empfängt man den TSV Schwabhausen zum Duell der Tabellennachbarn. Die SVB muss bei keinem Geringeren als beim ttc eastside an die Tische. Ein weiterer Punktgewinn käme einer Sensation gleich. Mit 1:17 Zählern konnte man den Rückstand auf Bingen auf drei Punkte verkürzen. Realistisch betrachtet spielt sich – Stand heute – zwischen diesen beiden Teams der Kampf um den rettenden siebten Platz ab.

SV DJK Kolbermoor – ttc berlin eastside 2:6

Der Cupgewinner von Hannover konnte im ewig jungen Duell mit dem Hauptstadtklub, der erstmals seine beiden Winterneuzugänge im Einsatz hatte, nicht auf seine Topbesetzung zurückgreifen. Abwehr-Ass Svetlana Ganina, die sich in Weil beim Einspielen am Rücken verletzt hatte, wurde noch nicht wieder eingesetzt. „Das war eher eine Vorsichtsmaßnahme, da es ihr schon wieder besser geht“, erläuterte Kolbermoors Trainer Michael Fuchs. Somit gab Winterneuzugang Ran Li-Kath ihr Debüt im SV DJK-Dress. Die 38-jährige Abwehrspielerin, die bereits seit 22 Jahren in Deutschland lebt und mit 3B Berlin sogar zweimal den Europacup gewann, zuletzt aber in der französischen Pro-A aufgeschlagen hat, machte ihre Sache nicht schlecht und war beim 1:3 gegen Sabina Surjan drei Sätze auf Augenhöhe, muss sich aber erst wieder in Deutschlands Topliga eingewöhnen.

Nach den Doppeln stand es 1:1. Kolbermoors Topformation Kristin Lang / Yuan Wan hatte die Berlinerinnen Shan Xiaona / Nina Mittelham beim 3:1 gut im Griff, während Ran Li-Kath und Laura Tiefenbrunner gegen Cheng Hsien-Tzu / Sabina Surjan nichts ausrichten konnten. Mit vier Einzelsiegen in Folge konnten die Hauptstädterinnen auf 5:1 davonziehen: Nina Mittelham gab Kristin Lang das Nachsehen (3:1), Shan Xiaona besiegte Yuan Wan (3:0), es folgten Surjans Sieg über Ran Li-Kath und der gelungene Einstand der 28-jährigen Taiwanerin Cheng Hsien-Tzu, die bis vor zwei Jahren beim TSV Langstadt unter Vertrag gestanden hatte. Cheng hatte die junge Laura Tiefenbrunner gut im Griff und siegte ohne Satzverlust. In einem sehenswerten Spitzeneinzel konnte Kristin Lang gegen Shan Xiaona nach 0:2-Satzrückstand auf 2:5 verkürzen, doch die herausragende Nina Mittelham machte mit einem souveränen 12:10, 11:5, 11:1 gegen Yuan Wan postwendend alles klar.

Starkes Doppel: Kristin Lang/Yuan Wan. Lang konnte auch noch im Einzel gegen Shan Xiaona glänzen, doch mehr war für die Gastgeberinnen diesmal nicht drin (Foto: Petra Steyer).

„Man muss eingestehen, dass die Berliner heute einfach besser waren“, konstatierte Michael Fuchs. Nina hat phasenweise überragend gespielt. Kristin hat trotzdem gut gespielt, gegen „Nana“ in den letzten beiden Sätzen hat sie sogar wahnsinnig gut gespielt. Ansonsten muss man aber auch sagen, dass Berlin, gerade im unteren Paarkreuz, einfach stärker besetzt war, insbesondere mit Cheng an Position drei.“ Man betont aber auch das Positive. „Alles in allem haben wir heute teilweise wirklich gute Spiele gesehen und sind insofern zufrieden, auch wenn das Ergebnis natürlich aus unserer Sicht nicht optimal, aber auch kein Beinbruch ist“, so Fuchs. „Wichtig sind dann die Spiele in den kommenden Wochen für uns.“

„Lockerer Sieg gegen einen überforderten Gegner“, meinte Berlins Manager Andreas Hain in gewohnt forscher Bewertung der Partie. „Nina schon unheimlich stark und auch ein gute Leistung von Sabina Surjan, die immer stärker wird.“

Der ttc eastside konnte letztlich eindrucksvoll unter Beweis stellen, weshalb er das Ligaklassement mit nun 15:1 Punkten souverän vor dem TSV Langstadt (13:3) anführt. Am kommenden Sonntag will man sich natürlich auch im Heimspiel gegen Böblingen keine Blöße geben, auch wenn man die spielerische Klasse der neuen Nummer drei der SVB, Chia-Hsuan Lin, aufmerksam registriert hat. Kolbermoor muss bei den punktgleichen Weinheimerinnen an die Tische und will zurück in die Erfolgsspur.

TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – TTC 1946 Weinheim 1:6

Viele hatten mit einem Duell auf Augenhöhe im Kampf um den Klassenerhalt gerechnet, zumal Bingen das Hinspiel sensationell klar mit 6:1 gewonnen hatte. Doch mittlerweile sind die Nordbadener gut in der Liga angekommen und bei den Rheinhessen ist seit Ende Oktober Sand im Getriebe. Zudem konnte Weinheim mit der brasilianischen Weltranglisten-32. Bruna Takahashi eine herausragende Nummer eins aufbieten, während die TTG aufgrund von „Verletzung, Krankheit und Anreiseschwierigkeiten“ (Teamcoach Frank Liesenfeld) nicht die ursprünglich angedachte Aufstellung an den Tisch bringen konnte. So musste man auf die Italienerin Giorgia Piccolin und die Inderin Archana Girish Kamath verzichten. Da man allerdings sieben Spielerinnen im Kader hat, kamen dennoch vier Stammkräfte zum Einsatz.

Doch es lief von Anfang nicht günstig für Bingen/Münster-Sarmsheim. Beide Doppel gingen weg, wobei die Formation Bondareva/Mynarova mit etwas mehr Glück gegen Trigolos Klee (2:3) auch hätte gewinnen können. Skov/Tomanovska blieben gegen Takahashi/Säger aber chancenlos.

Eine Bank bei Weinheim: Bruna Takahashi (Foto Armin Schimkat).

Die überragende Bruna Takahashi war auch im Einzel nicht in Gefahr zu bringen und besiegte Katerina Tomanovska (3:1) und Mie Skov (3:0) letztlich klar. Damit waren schon vier der sechs Weinheimer Punkte unter Dach und Fach, für die restlichen beiden sorgten Daria Trigolos (3:0 gegen Skov) und Jennie Wolf, die den Thriller gegen Anastasia Bondareva mit 3:1 (14:16, 11:9, 12:10, 12:10) gewann. Außer dem Ehrenpunkt durch Karolina Mynarova (3:0 gegen Luisa Säger) glückte den Gastgeberinnen an diesem aus ihrer Sicht „gebrauchten“ Sonntagnachmittag einfach nichts.

„Ein verdienter Sieg für Weinheim, auch in dieser Höhe“, räumte Frank Liesenfeld ein. „Überragend Bruna Takahashi, eine tolle Spielerin. Leider konnten wir unsere fehlenden Nummern 2 und 3 nicht kompensieren, auch wenn alle ihr Bestmöglichstes gegeben haben. Doch durch fehlendes Training nach überstandenen Corona-Infektionen von zwei Akteurinnen und selbst auferlegten Druck wegen der Bedeutung des Spieles auf die Tabelle, konnten wir kein besseres Ergebnis erzielen.“ Liesenfeld bleibt im Grundsatz optimistisch: „Es bleiben uns aber noch sechs Saisonspiele, um den Klassenerhalt zu sichern.“

Weinheims Manager Christian Säger zeigte sich begeistert und lässt die Begegnung Revue passieren: „Unglaublich, wie das gelaufen ist. Natürlich ein super Start mit zwei gewonnenen Doppeln. Dann mit unserer Nummer 1 Bruna Takahashi eine absolute Top-Spielerin am Start. Klare Siege gegen die Nummer 1 und 2. Daria Trigolos gewinnt auch mit 3:0 gegen Skov. Damit 4:0 zur Pause. Dann ein großer Wermutstropfen: Sophia Klee verletzt sich am Knie. Diagnose steht noch aus. Darum musste meine Tochter Luisa Einzel spielen.“ Sägers Fazit: „Für uns weitere Big Points im Kampf gegen den Klassenerhalt.“

Die Tschechin Karolina Mynarova sorgte für Bingens Ehrenpunkt (Bild: Petra Steyer).

Man muss es realistisch sehen: Bingen (4:12) ist vermutlich das einzige Team, dass noch von Böblingen (1:17) überholt werden könnte, Weinheim ist als Tabellenfünfter mit 7:11 Punkten fast schon durch. Da Böblingen, vorausgesetzt die Taiwanerin Chia-Hsuan Lin kann durchgängig eingesetzt werden, stärker aufgestellt ist als in der ersten Halbrunde, könnte es unten noch eine ganz enge Geschichte werden. Dennoch stehen die Chancen der Rheinhessinnen nicht schlecht. Drei Pluspunkte Vorsprung und ein Spiel mehr vor der Brust als der Rivale aus Baden-Württemberg sind keine schlechte Ausgangsposition, doch das Team braucht dringend wieder mal ein Erfolgserlebnis und frisches Selbstvertrauen. In den kommenden drei Partien im Februar, alle auswärts und nacheinander in Berlin, Kolbermoor und Langstadt, dürfte das aber extrem schwierig werden. Erst am 13. März steigt das zu erwartende „Finale um den Klassenerhalt“ in Böblingen. Weinheim kann sein Restprogramm entspannter angehen und könnte vielleicht sogar schon am kommenden Sonntag im Heimspiel gegen Kolbermoor etwas reißen, was natürlich maßgeblich von den Aufstellungen beider Teams abhängen wird.

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Titelbild: In überragender Form: Nina Mittelham (Foto: Marco Steinbrenner).

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