Klare Siege für Berlin, Bingen und Langstadt
Nach 23 Jahren Bundesliga-Aus zum Saisonende: TV Busenbach wirft das Handtuch
Ligaprimus ttc berlin eastside hatte zwar Aufstellungsprobleme, ließ aber beim 6:2 gegen die SV Böblingen nichts anbrennen. Ebenfalls mit 6:2 siegte die TTG Bingen/Münster-Sarmsheim und brachte beide Punkte aus Anröchte mit. Der TSV Langstadt, dem Petrissa Solja erhalten bleibt, hatte mit nur drei Busenbacherinnen keine Schwierigkeiten und gewann 6:0. Die betrübliche Nachricht am Rande des Spieltags: Nach 23 Jahren in der Bundesliga zieht sich der TV Busenbach zum Saisonende aus dem Spitzentischtennis zurück und wird kein Team mehr für die 1. oder 2. Bundesliga melden.
ttc berlin eastside – SV Böblingen 6:2
Der Hauptstadtklub hat sich – wie erwartet – mit nun 18:0 Punkten die Tabellenführung in Deutschlands Topliga postwendend zurückgeholt, nachdem der gegen Bingen erfolgreiche TuS Bad Driburg (18:2) es am Vorabend gewagt hatte, die Spitzenposition einzunehmen und für einen knappen Tag besetzt zu halten. Ein kleiner Trost für den Tabellensechsten aus dem „Ländle“: Kein Berliner Saisonsieg war bisher knapper als 6:2.
Matilda Ekholm war kurzfristig ausgefallen, sodass Trainerin Irina Palina selbst zum Schläger greifen musste. Defensivspielerin Palina konnte nicht punkten, doch das vermochte eastside dank einer Shan Xiaona und einer Nina Mittelham, die beide in Topform agierten, locker kompensieren. Gemeinsam mit Kathrin Mühlbach hatte Palina zunächst gegen Böblingens Topdoppel Qianhong Gotsch/Rosalia Behringer das Nachsehen (0:3), während Shan und Mittelham gegen Mitsuki Yoshida/Alexandra Kaufmann ohne besondere Mühe für das 1:1 sorgten.
Shan Xiaona hatte anschließend Mitsuki Yoshida ebenso gut im Griff wie Nina Mittelham Abwehr-Ass „Hongi“ Gotsch. Das glatte 11:6, 11:2 und 11:8 der DTTB-Nationalspielerin, die bei den German Open die Qualifikation nicht überstanden hatte, gegen Böblingens Tischtennis-Ikone überraschte schon etwas – zumindest in dieser Deutlichkeit. „Nina hat sich im letzten halben Jahr sehr positiv entwickelt. Heute hat sie, wie schon in der Vorrunde, gegen Hongi taktisch ausgezeichnet gespielt, da war nichts zu machen“, lobte SVB-Manager Frank Tartsch die eastside-Spielerin.
Kathrin Mühlbach setzte sich im Anschluss mit 3:1 gegen Alexandra Kaufmann zur Berliner 4:1-Führung durch. Zwar musste dann Irina Palina nach einem trotz des 0:3 umkämpften Defensivduell, teilweise im Zeitspiel-Modus ausgetragen, Rosalia Behringer gratulieren, doch die glänzend aufgelegte Shan sorgte gegen Gotsch für den alten Abstand (3:1) – wann verliert eine Gotsch schon einmal beide Einzel in einer Partie! Mittelham machte schließlich gegen Yoshida alles klar.
„Nana und Nina haben auch heute wieder ihre starke Form der letzten Wochen bestätigt und die erwarteten fünf Punkte geholt“, so ein zufriedener eastside-Präsident Alexander Teichmann. „Auch Kathrin hat den einplanten Punkt geholt. Der Einsatz von Irina war nicht vorgesehen. Bedingt durch den kurzfristigen Ausfall von Matilda Ekholm ist sie kurzfristig in die Mannschaft gerückt und hat sich einmal mehr in den Dienst des Teams gestellt. Ein Kompliment an die Mannschaft, sie hat sich durch die Umstellung nicht verunsichern lassen und das Spiel verdient nach Hause gebracht.“
TSV Langstadt – TV Busenbach 6:0
Fast zur Nebensache wurde für die 220 erschienenen Tischtennisfans das Spielgeschehen in derBundesligapartie des TSV Langstadt gegen einen personell dezimierten TV Busenbach.
Die Meldung des Tages war die vor der Partie offiziell verkündete Vertragsverlängerung mit der Weltranglisten-20. Petrissa Solja, die gerade von den German Open in Magdeburg mit Bronzemedaillen im Doppel und Mixed zurückgekehrt war. Die deutsche Nationalspielerin wird auch in der kommenden Saison die Spitzenspielerin der Südhessen sein. Nun, es ging nicht ohne Tränen der Rührung seitens des prominenten Publikumslieblings ab. „Es war eine tolle Woche für mich: Zunächst das sehr gute Turnier in Magdeburg und dann der klare Erfolg heute mit einer sehr emotionalen Verkündung der Vertragsverlängerung“, sagte Solja nach der Partie. „Es war überwältigend für mich, wie sich die Fans gefreut haben.“ „Wir sind wahnsinnig stolz, dass Peti in Langstadt bleibt“, so der Sportliche Leiter Manfred Kämmerer. „Sie hat wirklich vor Glück geweint und wie frenetisch die Zuschauer die Verlängerung gefeiert haben zeigt, wie beliebt sie inzwischen in Langstadt ist.“
Die zweite Nachricht, die die Runde machte, war dagegen trauriger Natur: Der traditionsreiche TV Busenbach, Deutscher Meister 2005, wird in der kommenden Saison kein Bundesliga-Team für eine der beiden höchsten Spielklassen mehr melden. Ein Rückzug, der die Fans der 1. Bundesliga Damen schockt, da Busenbach 23 Jahre lang eine der besten Adressen im deutschen Damen-Tischtennis war.
Doch es wurde tatsächlich auch noch Tischtennis gespielt in der Eckehard-Colmar-Halle. Busenbachs Nummer drei, die Belgierin Lisa Lung, hatte von ihrem Verband keine Freigabe erhalten. Man bestand auf ihre Teilnahme an den Flämischen Meisterschaften. Da der Klub nur vier Spielerinnen im Kader hat und über keine zweite Mannschaft verfügt, musste man kurzerhand zu dritt spielen. Mit den deutschen Ex-Nationalspielerinnen Tanja Krämer und Jessica Göbel haben die Badenerinnen dann zwar immer noch zwei gute Spielerinnen im „Sortiment“, dass es aber zu dritt auf einen klaren Langstädter Sieg hinauslaufen würde, war bereits vor der Partie klar.
Nun, es wurde ein drastisches 6:0 – das dritte übrigens bereits in dieser Saison für den TSV vor heimischer Kulisse. Die Geschichte des einseitigen Matchs, bei dem nur zwei Sätze an die Gäste gingen, ist schnell erzählt: Petrissa Solja und Cheng Hsien-Tzu besiegten die Topformation der Gäste Krämer/Göbel, das andere Doppel wurde kampflos gewonnen. Solja (gegen Göbel) und Cheng (gegen Krämer) erhöhten mit ungefährdeten Siegen auf 4:0. Es folgte wieder ein kampfloses Match, sodass die bis dahin sieglose Alena Lemmer („Endlich einmal wieder ein Einzelsieg, das fühlt sich richtig gut an!“) gegen Lea Grohmann nur noch den Sack zuzumachen brauchte.
„Dass Busenbach nur zu dritt antreten konnte, war natürlich schade für die Zuschauer, dennoch glaube ich, dass die Fans mit den gezeigten Leistungen durchaus zufrieden waren“, so Coach Thomas Hauke. „Für uns haben heute die zwei Punkte gezählt und dieses Ziel haben wir souverän erreicht.“ Auch die 26-jährige Taiwanerin Cheng Hsien-Tzu zeigte sich zufrieden: „Ich freue mich über meine Erfolge und dass wir das Spiel so klar gewinnen konnten. Ich war nach den anstrengenden German Open etwas müde und denke, dass man das in der einen oder anderen Situation gemerkt hat.“
„Wie erwartet – zu dritt keine Chance!“, so das Fazit von Jessica Göbel. „Bitter, dass es da keine andere Lösung gab, zumal Lisa in Belgien eh keine Konkurrenz hat. Wir freuen uns immer, dass die Gegner mit der vollen Kapelle ankommen, wenn Krämer und Göbel in die Halle kommen. Dafür haben wir 25 Jahre geackert.“
Ein Lob erhielten die Badenerinnen später noch von Manfred Kämmerer: „Ich finde es klasse, wie Busenbach es geschafft hat, nach dem Wegfall von Franziska Schreiner die gesamte Vorrunde und auch das erste Spiel in der Rückrunde immer komplett zu spielen. Das hätte ihnen niemand zugetraut und das finde ich wirklich sehr beachtlich, wie sie mit dieser schwierigen Situation umgegangen sind. Deshalb gibt es von mir/uns in ihre Richtung wirklich null Kritik. Gerade wenn ich bedenke, wie viele Spielerinnen wir in dieser Saison schon eingesetzt haben. Wir wären mit nur vier Spielerinnen gnadenlos untergegangen.“
Wissenswertes zur Entscheidung des TV Busenbach, kommende Saison kein Bundesligateam mehr zu melden: http://www.tvbusenbach-tischtennis.de/
TTK Anröchte – TTG Bingen/Münster-Sarmsheim 2:6
Die TTG, die tags zuvor trotz ansprechender Leistungen noch mit 4:6 in Bad Driburg den Kürzeren gezogen hatte, sicherte sich die erhofften beiden Punkte in Anröchte und konnte sich damit für die 3:6-Niederlage aus dem Hinspiel revanchieren, auch wenn bei nur noch drei verbliebenen TTK-Stammspielerinnen keine Triumphgefühle aufkommen mochten. Mit nun 9:11 Punkten schoben sich die Rheinhessinnen auf den vierten Tabellenplatz vor und brauchen sich in Sachen Abstieg nun wirklich keine Sorgen mehr zu machen, während Anröchte mit nur zwei Zählern auf dem Konto Schlusslicht bleibt.
Schon in den Doppeln deutete sich an, in welche Richtung die Partie laufen würde, zumindest nachdem Yang Henrich und Ting Yang nach vier engen Sätzen gegen Chantal Mantz und Yuan Wan verloren hatten. Dass nämlich Jing Tian-Zörner und Verbandsliga-Spielerin Annika Kerkhoff gegen Giorgia Piccolin/Katerina Tomanovska leer ausgehen würden, war klar. Wan sorgte durch das 3:1 gegen Tian-Zörner für die 3:0-Führung der Gäste.
Anröchte wehrte sich jedoch. Yang Henrich besiegte Mantz in vier Sätzen und Defensivkünstlerin Ting Yang die Tschechin Tomanovska glatt mit 3:0. Es folgte der erwartet lockere Sieg von Piccolin über Kerkhoff zum 4:2 für Bingen. Mantz zeigte sich im Duell der Spitzenspielerinnen gegen Tian-Zörner gegenüber ihrem ersten Match verbessert und durfte einen 3:2-Erfolg bejubeln. Yuan Wan blieb es schließlich vorbehalten, durch ein nie wirklich gefährdetes 3:1 über Henrich den Deckel drauf zu machen.
TTK-Manager Manfred Vogel war trotz der Niederlage gar nicht so unzufrieden. „Die Zuschauer haben ein sehr unterhaltsames Spiel gesehen“, so Vogel. „Yang Henrich und Ting Yang verloren ihr Doppel leider sehr knapp. Wir hatten auch im oberen Paarkreuz, wo ja durch die drei Ausfälle nun Jing Tian-Zörner und Yang Henrich spielen, unsere Möglichkeiten. Ting Yang hat sich weiter verbessert und nähert sich ihrer Bestform.“ Vogels Fazit: „Der Sieg von Bingen geht in Ordnung. Wir haben aber wieder gekämpft und unsere Zuschauer nicht enttäuscht.“
„Es war das erwartet schwere Spiel für uns“, sagte ein letztlich doch erleichterter Joachim Lautebach. „Das Ergebnis gibt den wahren Spielverlauf nicht ganz richtig wieder, denn einige Spiele verliefen hart umkämpft“, so Bingens Vorsitzender. „Umso schöner, dass sich unsere jungen Spielerinnen im vorderen Paarkreuz gegen die erfahrenen Spielerinnen aus Anröchte durchsetzen konnten. Zwei wichtige Punkte gegen den Abstieg.“
Beitragsbild oben: Der TV Busenbach mit dem Trio, das in Langstadt spielte, v.l. Tanja Krämer. Jessica Göbel, Lea Grohmann. Zum Zeitpunkt der Aufnahme, gerade hatte man sich in Berlin für das Pokal-Final-Four qualifiziert, war noch nicht abzusehen, dass es die letzte Saison des traditionsreichen Klubs im Oberhaus sein würde.
Text & Fotos (7): Dr. Stephan Roscher
Foto Solja/Kämmerer: Joaquim Fereira