Final-Hinspiel Deutsche Meisterschaft: Außenseiter Langstadt möchte berlin eastside „mehr als ärgern“
Sonntag, 14.00 Uhr: TSV Langstadt – ttc berlin eastside
Am Sonntag steht im südhessischen Langstadt das erste von zwei, maximal drei Endspielen um die Deutsche Meisterschaft auf dem Programm. Der ttc berlin eastside will den Grundstein für die Titelverteidigung legen und geht als Favorit in die Partie. Gerade in Finalsituationen dürfte es sehr schwierig werden, den Hauptstadtklub mit seinem Ausnahmekader zu besiegen. Herausforderer TSV Langstadt will es ohne allzu großen Erfolgsdruck dennoch versuchen.
Mit dem ersten Einzug der Vereinsgeschichte in das Meisterschaftsfinale – im Januar stand man zudem erstmalig im Pokal-Endspiel – hat Langstadt in seiner vierten Saison in der Beletage des deutschen Tischtennis schon mehr erreicht als je zuvor. Nach dem harten, erfolgreichen Halbfinal-Kampf gegen Pokalsieger Kolbermoor, der in den Play-offs weitaus besser gespielt hat als in der Punktrunde, ist man dort angekommen, wo man Geschichte schreiben könnte. Doch der Gegner – bisher siebenmal Deutscher Meister – ist eine der beiden besten Mannschaften Europas.
Eingespieltes TSV-Team mit einzigartiger Konstanz
Die bisher über die gesamte Saison gezeigte Konstanz der Truppe aus Südhessen, die in Bundesliga und Play-offs noch immer ohne Niederlage ist, ist einzigartig. Nicht von ungefähr sprang der zweite Platz in der Punktrunde direkt hinter dem Titelverteidiger heraus. Petrissa Solja, Chantal Mantz, Tanja Krämer und Franziska Schreiner haben über die gesamte Saison in genau dieser Formation zusammengespielt – ein einziges Mal wurde aufgrund einer internationalen Turnierteilnahme eine Ersatzspielerin benötigt. Das ist einzigartig im deutschen Profitischtennis und findet auch in der Herren-Bundesliga (TTBL) keine Entsprechung.
Die Südhessen sind ein echtes Team, das prächtig harmoniert und mehr an die Tische bringt als bloß die Summe der Einzelspielerinnen. Wenn einer mal schwächelt, wie zuletzt Chantal Mantz in den Halbfinals, ist sofort jemand zur Stelle, der über sich hinauswächst und das wieder ausgleicht. Zudem haben sich zwei Doppel-Formationen der Extraklasse gefunden, nämlich Solja/Mantz und Krämer/Schreiner. 24:5 lautet das Resultat von Solja, aktuelle Nummer 19 der Weltrangliste, im Einzel, rechnet man die Partien gegen Kolbermoor mit ein – auch nicht von schlechten Eltern.
Langstadt hat Saisonziele bereits übertroffen, Berlin braucht den Titel
Der TSV hat seine Saisonziele bereits übertroffen – ursprünglich wollte man in die Halbfinals sowie in das Pokal-Final Four einziehen. Hürden, die man überwiegend souverän genommen hat, sieht man einmal von der engen, umkämpften Entscheidung gegen Kolbermoor an den Ostertagen ab. Dass das Team im Finale gegen den letztjährigen Triple-Sieger nur Außenseiter ist, stört in Langstadt niemanden. Man wertet es vielmehr als psychologisch günstige Position und sieht sich weit weniger unter Druck als die Hauptstädterinnen, bei denen einiges in dieser Saison unglücklich gelaufen ist.
Der ttc eastside hatte erneut das Triple angepeilt – es wäre das fünfte der Vereinshistorie gewesen – und muss nun wenigstens die Meisterschaft holen, um nicht mit leeren Händen dazustehen. Aber natürlich heißt das auch, dass der europäische Spitzenklub alles versuchen wird, in den Finals erfolgreich zu sein und den achten nationalen Meistertitel der Klubgeschichte einzutüten.
„Berlin ist nach dem verpassten Champions-League-Titel und der Niederlage im Pokal-Halbfinale gegen uns natürlich nochmals besonders motiviert, wenigstens den Titel in der Meisterschaft zu verteidigen“, so Manfred Kämmerer, Sportlicher Leiter der Hessen. „Sie werden natürlich mit ihrer stärksten Formation gegen uns auflaufen. Unser Sieg in der Rückrunde hat deshalb keinerlei Bedeutung für das anstehende Finale, da die personellen Voraussetzungen völlig anders sind.“ Das Bundesliga-Rückspiel gegen einen stark ersatzgeschwächten ttc hatte man am letzten Spieltag mit 6:2 gewonnen – ein Muster ohne Wert. In Berlin hatte man Ende Oktober aber einen Punkt geholt, da war der ttc eastside durchaus in guter Besetzung, so wie auch beim knappen Langstädter Pokalerfolg im Halbfinale von Hannover.
Berlin mit allen Assen erwartet
Am Sonntag in Langstadt und am 30.04. beim Rückspiel in Berlin sowie in einem möglichen Entscheidungsmatch am 1. Mai ebendort muss man allerdings mit einer Toptruppe des Rekordchampions rechnen, die in etwa auf dem Niveau liegen dürfte wie in den beiden knapp und unglücklich verlorenen Königsklassen-Endspielen gegen Tarnobrzeg (Polen).
Berlin ist durchweg mit Nationalspielerinnen der Extraklasse besetzt, was die Aufgabe für den Außenseiter nicht einfacher macht. Mit Shan Xiaona (Weltrangliste Platz 28) und Nina Mittelham (WRL 26) stehen zwei exzellente deutsche Nationalmannschaftskolleginnen Soljas im vorderen Paarkreuz. Mit der Niederländerin Britt Eerland (WRL 36) im hinteren Paarkreuz schlägt eine weitere europäische Topspielerin auf. Und auch die routinierte Abwehrspezialistin Ding Yaping, die in den Halbfinals zum Einsatz kam, ist nur ganz schwer zu bezwingen. Viele rechnen mit diesem Quartett am Sonntag in Langstadt, es könnte aber auch die 20-jährige serbische Linkshänderin Sabina Surjan (WRL 121) zum Einsatz kommen, die in den Halbfinals gegen den ESV Weil – beide Partien gingen jeweils klar mit 6:2 an Berlin – sehr stark spielte und in der Rückrunde inklusive Halbfinals mit einer 8:1-Bilanz notiert ist. Zudem stehen weitere internationale Ausnahmespielerinnen, wie zum Beispiel die Ex-Langstädterin Cheng Hsien-Tzu aus Taiwan (WRL 65) oder die Singapur-Chinesin Lin Ye (WRL 67), im Kader des ttc eastside.
„Können Berlin mehr als ärgern“ / „Wir erwarten enge Spiele“ – Stimmen vor dem Final-Hinspiel
„Wir freuen uns schon auf das Finale, besonders natürlich auf unser Heimspiel. Die Eckehard-Colmar-Halle wird wieder zum Hexenkessel werden und wir wollen es dem Favoriten so schwer wie möglich machen“, so die von Manfred Kämmerer formulierte Erwartung des Senkrechtstarters aus Hessen. Kämmerer fügt hinzu: „Unsere Mannschaft muss sich keinesfalls verstecken, wie die Erfolge in der Vorrunde und im Pokal gezeigt haben. An einem guten Tag und mit Unterstützung der Fans kann alles möglich sein.“
Tanja Krämer, die vor Jahren selbst in Berlin aufgeschlagen hat, sagt frank und frei, dass sie eigentlich noch einen Tick mehr möchte als nur im Finale zu stehen. „Auf der einen Seite sind wir der Underdog, auf der anderen Seite sind wir die einzige Mannschaft ohne Niederlage und wenn wir einen optimalen Tag beziehungsweise optimale zwei Tage erwischen, können wir Berlin mehr als ärgern“, ist die 42-jährige ehemalige Deutsche Einzelmeisterin überzeugt. „Für mich persönlich wäre es natürlich grandios, den noch fehlenden nationalen Mannschaftstitel mit Langstadt zu erreichen.“
„Mit Langstadt und eastside stehen die beiden besten Mannschaften dieser Saison zu Recht im Finale“, meint Berlins Präsident Alexander Teichmann. „Wir erwarten zwei, möglicherweise sogar drei enge Spiele und bereiten uns entsprechend konzentriert auf die Begegnungen vor. Natürlich ist es unser Ziel, in der Summe der Finalspiele die Nase vorne zu haben und die Deutsche Meisterschaft erfolgreich zu verteidigen.“
Ticket-Bestellung via Internet
Die Eintrittskarten müssen unter https://tsv-langstadt.de/tischtennis/eintrittskarten_damen1 bestellt werden. Der Verein darf aktuell nur 199 Personen Einlass in die Halle gewähren. Sollten mehr als 199 Bestellungen eingehen, und damit ist zu rechnen, werden die Plätze verlost.
Wer nicht dabei sein kann, hat die Möglichkeit, sich im Internet-Livestream einen Tisch unter https://tsv-langstadt.de/tischtennis/livestream anzuschauen.
Beitragsbild oben: Shan Xiaona kam in den Halbfinals gegen Weil nur im Doppel zum Einsatz. Gegen Langstadt will sie wieder voll durchstarten (Foto: Verein).
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