eastside und Kolbermoor in Spiellaune, Böblingen erneut im Pech
Nach dem packenden Remis zwischen Langstadt und Bad Driburg am Samstag fanden am Sonntag drei weitere Bundesligapartien zum Rückrundenstart statt. Zweimal ging es deutlich zu – Berlin ließ Busenbach ebenso wenig eine Chance wie das offensichtlich vom Pokalsieg beflügelte Kolbermoor Bingen, gegen das man in der Vorrunde noch verloren hatte. Beide Begegnungen gingen mit 6:1 an den Gastgeber. Anders in Bad Driburg, wo Schlusslicht Böblingen wie im Hinspiel vier Stunden aufopferungsvoll kämpfte und nicht belohnt wurde.
ttc berlin eastside – TV Busenbach 6:1
Das war eastside, wie man sich es vorstellt. Gegen gewiss nicht schwache Busenbacherinnen agierte der viermalige Deutsche Meister bissig, zielstrebig und konsequent. Fast zweieinhalb Stunden hielten die Badenerinnen mit Herzblut dagegen, konnten aber die deutliche Niederlage in der Hauptstadt nicht verhindern.
Beide Doppel gingen über die volle Distanz, wobei Krämer/Göbel eine 2:0-Satzführung gegen Shan/Mittelham nicht ins Ziel bringen konnten. Überraschend gelang aber der Formation Bondareva/Schreiner ein knapper Sieg gegen das eastside-Duo Ekholm/Mühlbach. Weitere Erfolge gelangen dem Gästeteam nicht, das allerdings in vier von fünf Einzeln Satzgewinne verbuchte und sich keineswegs als Opferlamm präsentierte. Besonders knapp fiel die Niederlage der Ex-Berlinerin Tanja Krämer gegen Shan Xiaona aus (13:11, 5:11, 12:14, 12:14).
ttc-Manager Andreas Hain war diesmal mit seine Truppe zufrieden, was aber auch für Busenbachs Mannschaftsführerin Jessica Göbel galt. „Das Ergebnis ist höher als der Spielverlauf. Wir haben uns beachtlich aus der Affäre gezogen“, so Göbel. „Darauf können wir für das nächste Spiel gegen Anröchte am 26. Januar aufbauen.“
Durch den Sieg haben Shan und Kolleginnen ihren Vorsprung ausgebaut. Die direkte Qualifikation für das Play-off-Halbfinale wird immer wahrscheinlicher. Das Team aus Busenbach hat zweifellos Potenzial, doch es wird sehr schwierig, noch etwas in Sachen Play-offs zu reißen – der Abstand scheint bereits zu groß zu sein.
TuS Bad Driburg – SV Böblingen 6:4
‚Erst hatten sie kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu‘ – diese Spruchweisheit beschreibt die erneute knappe Niederlage des Tabellenschlusslichts aus dem Schwabenland wirklich treffend. Schon in der Vorrunde hatte man Bad Driburg einen heißen Tanz geliefert und war am Ende nach vier Stunden mit 4:6 gescheitert.
Die 125 Fans, die sich das heutige, hoch spannende Spiel von erneut vier Stunden angeschaut haben, haben zwei gute Bundesligamannschaften gesehen, jedoch keine Differenz von sechs Plätzen in der Tabelle. Zwölf Punkte hat der TuS mehr auf dem Konto als die SVB – das ist schon krass. Selbstverständlich ist die Bad Driburger Ausbeute verdient und einer Fülle starker Auftritte geschuldet. Doch der armselige eine Punkt für die auch heute wieder so aufopferungsvoll kämpfenden Böblingerinnen zeigt, wie gnadenlos der Spitzensport mitunter sein kann.
20:21 Sätze, 374:371 Bälle aus Bad Driburger Sicht – enger geht es nicht. Nur zwei Matches fanden nach drei Sätzen ihre Siegerin – und die hieß jeweils Qianhong Gotsch, die gegen Sarah de Nutte und Britt Eerland ungefährdet gewann. Damit schraubte Böblingens Tischtennis-Ikone ihre Einzelbilanz auf fantastische 16:0! Alle anderen Spiele gingen über vier oder fünf Sätze.
Zwei bis drei Punkte aus den beiden Wochenendpartien hatte sich TuS-Manager Franz-Josef Lingens erhofft, folglich konnte er hoch zufrieden sein. Für sein Team punkteten Britt Eerland (3:1 gegen Rosalia Stähr), Sarah de Nutte (11:9 im 5. Satz gegen Stähr), Nadine Bollmeier (3:1 gegen Julia Kaim) sowie die immer besser werdende Sophia Klee (3:2-Erfolge über Theresa Kraft und Kaim), die am Wochenende 4:0 spielte. Zudem war das Doppel Eerland/de Nutte erfolgreich. Beim Tabellenletzten trug sich neben der auch im Doppel an der Seite von Rosalia Stähr siegreichen Gotsch noch Theresa Kraft (3:1 gegen Bollmeier) in die Siegerliste ein. Das letzte Einzel gewann die 15-jährige Sophia Klee gegen Julia Kaim mit 7:11, 11:9, 11:7, 8:11 und 11:9.
„Wir haben ein tolles Wochenende mit extrem spannenden Spielen hinter uns“, so Franz-Josef Lingens. „Dass es am Sonntag so knapp und glücklich wurde, lag an der wirklich blendend aufgelegten Böblinger Mannschaft. Während des ganzen Spiels hätte ich ein 5:5 sofort unterschrieben und teilweise waren wir sogar einer Niederlage näher. Aber am Ende rissen Sarah de Nutte und Sophia Klee ihre Spiele noch mit jeweils 11:9 im 5.Satz herum.“ Lingens bilanzierte: „Im Gegensatz zu Samstag war es diesmal eine geschlossene Mannschaftsleistung mit einer überragenden Sophia Klee. Die Halle tobte, wir waren natürlich happy über das Endergebnis, aber für unsere Gäste war es schon eine mehr als unglückliche Niederlage.“
„Wir haben uns heute wirklich nichts vorzuwerfen“, sagte ein sichtlich geknickter Böblinger Trainer Andrzej Kaim nach der bitteren Niederlage. „Ohne zu übertreiben, hätten wir heute genauso gut gewinnen können, vor allem Rosi und Julia hatten in ihren Einzeln den Sieg auf dem Schläger.“ Kaim fügte hinzu: „Die Mannschaft ist jetzt direkt nach dem Spiel ziemlich enttäuscht. Sie hat von Nummer eins bis vier super gekämpft und dann ist es schon bitter, wenn es wieder nicht zu einem Punktgewinn reicht. Nun heißt es, die Mannschaft aufzurichten, um mit einer positiven Einstellung in die nächste Partie zu gehen.“
Realistisch betrachtet, sind die Play-offs für „Hongi“ und ihre Mitstreiterinnen in unerreichbare Ferne gerückt. Am Ende zählen eben nur die Punkte und die Tabelle unterscheidet nicht zwischen verdienten und unglücklichen Niederlagen. Sechs Punkte Rückstand auf Anröchte, das zudem ein Spiel weniger absolviert hat, sind nicht mehr wettzumachen. Dazu bräuchte es schon ein kleines, nein, ein großes Tischtennis-Wunder. Der Tabellenzweite aus Ostwestfalen darf dagegen weiterhin von der direkten Qualifikation für die Halbfinals träumen.
SV DJK Kolbermoor – TTG Bingen/Münster-Sarmsheim 6:1
Offenbar hat der Pokalsieg dem Titelverteidiger mächtig Rückenwind verschafft. Dass man in der Standardbesetzung, also ohne die Pokalheldin Liu Jia, das Team aus Rheinhessen in der Neuauflage der Play-off-Finalserie von 2017/18 so deutlich bezwingen würde, hatten nicht viele erwartet. Immerhin hatte Bingen das Hinspiel mit 6:4 für sich entschieden. Doch eine Wiederholung jenes Coups war diesmal einfach nicht drin.
Natürlich kann man spekulieren, ob vielleicht alles anders gelaufen wäre, wenn der Gast nicht nur ein sondern beide Doppel gewonnen hätte. Migot/Piccolin hatten Ganina/Michajlova keinen Satz gelassen, während Wan/Mantz, Bingens Paradedoppel, eine 2:1-Satzführung gegen Lang/Winter nicht ins Ziel brachten. Mit 10:12 und 11:13 gingen die letzten beiden Durchgänge denkbar knapp verloren.
Doch in den Einzeln spielten die Damen aus Oberbayern groß auf – man spürte den „Berlin-Schub“. Kristin Lang knüpfte nahtlos an ihre starken Leistungen der letzten Wochen an und ließ Yuan Wan und Chantal Mantz keine Chance. Auch Sabine Winter schlug Mantz mit 3:0, doch die Sätze verliefen recht eng (11:9, 12:10, 11:9). Die zuletzt so starke Giorgia Piccolin zeigte, dass sie an ihrem Spiel gegen Abwehr noch feilen muss – gegen Svetlana Ganina blieb die Italienerin ohne Chance. Das engste Einzel spielte sich zwischen Katharina Michajlova und Marie Migot ab – doch auch hier gab es nach fünf Sätzen ein Happyend für Kolbermoor.
Dessen Trainer Michael Fuchs hatte allen Grund zur Zufriedenheit. „Wir sind natürlich sehr glücklich über den Sieg, der insgesamt meiner Meinung nach verdient war, jedoch in der Höhe mit 6:1 nicht den teilweise durchaus knappen Spielverlauf widerspiegelt“, so Fuchs. „Das etwas glückliche 1:1 in den Doppeln war sehr wichtig. Wie nach der Vorrunde angekündigt, haben wir uns heute im hinteren Paarkreuz deutlich stärker präsentiert. Zudem hat auch Sabine vorne eine bessere Leistung gezeigt als in den letzten Partien. Die Form von Kristin ist ja zurzeit sowieso über jeden Zweifel erhaben.“ Dieser Sieg war für Fuchs das Signal zum Angriff: „Für uns ein wichtiger Schritt zu einem möglichen Platz 2 nach der regulären Saison!“
Bingen/Münster-Sarmsheim musste das nun punktgleiche Kolbermoor aufgrund der besseren Spieledifferenz in der Tabelle vorbeiziehen lassen, besitzt aber nach wie vor allerbeste Chancen auf die Play-offs – sechs Punkte Vorsprung auf den TV Busenbach dürfen als nahezu uneinholbar angesehen werden.
Beitragsbild oben: Nina Mittelham ließ gegen Tanja Krämer sowie im Doppel nichts anbrennen.
Text & Fotos (3): Dr. Stephan Roscher