Berlin in Weil souverän, Punkteteilung in Kolbermoor

Von Stephan Roscher|September 25, 2022|bundesliga

ESV Weil – ttc berlin eastside 2:6

Die Überlegenheit von Titelverteidiger ttc berlin eastside war beim Vierten der letztjährigen Punktrunde, dem ESV Weil, auch ohne Lee Ho Ching und Ran Li-Kath, auf den Positionen eins bis drei zu groß, sodass es für die Südbadenerinnen letztlich eher um Schadensbegrenzung gehen musste. Dies gelang bei der 2:6-Niederlage vor 120 Fans halbwegs. Elizabet Abrahamyan, Ding Yaping und Sabina Surjan sorgten für fünf Einzelpunkte des ttc eastside, das Doppel Abrahamyan/Surjan war ebenfalls erfolgreich. Für den Gastgeber punkteten die Bulgarin Polina Dobreva (vormals Trifonova) im Einzel sowie das serbisch-kroatische Doppel Izabela Lupulesku/Hana Arapovic.

Im Fokus stand auch das Bundesligadebüt der 12-jährigen Hessin Josephina „Josi“ Neumann im Dress des ttc berlin eastside – und die jüngste Bundesligaspielerin aller Zeiten, Neumann zählt fest zum Bundesliga-Kader des Rekordmeisters, machte ihre Sache beileibe nicht schlecht. Gegen die erfahrene Dobreva agierte „Josi“ beim 1:3 (12:10, 5:11, 10:12, 9:11) über weite Strecken auf Augenhöhe. Auch bei der 1:3-Niederlage im Doppel an der Seite von Ding Yaping lagen keine Welten zwischen dem Berliner Duo und ihren Weiler Gegnerinnen Lupulesku/Arapovic. Neumann wurde von einem Kamerateam des Hessischen Rundfunks ins Dreiländereck  „eskortiert“, der ihren Werdegang seit drei Jahren begleitet und in sehenswerten Dokus unter Moderation von Florian Nass ins Bild setzt.

„Wie fast erwartet, wurde Berlin seiner Favoritenrolle gerecht“, so die Bewertung durch Weils Abteilungsleiterin Doris Spiess. „Obwohl das Ergebnis relativ deutlich ausfiel, gab es super Spiele mit tollen Ballwechseln zu sehen. Teilweise hat uns vielleicht auch das Quäntchen Glück gefehlt, um einen Satz oder ein Spiel mehr zu gewinnen, aber im Endeffekt geht das Ergebnis in Ordnung.“

Vivien Scholz, die in der Woche krank war und nicht trainieren konnte, war als „Notersatzspielerin“ am Rande der Bande zu finden. „Alles wie immer. Die Besseren haben am Ende verdient den Sieg mit nach Hause nehmen dürfen“, so die 25-jährige Brandenburgerin. „Auch wenn unsere Fans in der Halle sich alle Mühe gaben, uns zu beflügeln und ein Wunder einzuläuten, so blieb jenes dennoch aus.“ 

„Ich bin schon etwas überrascht, wie deutlich und souverän wir gegen Weil, das ja in Bestbesetzung angetreten ist, gespielt haben“, meinte Berlins Manager Andreas Hain. „Unsere Überlegenheit vorne und an Position drei war groß.“ Hain fügte hinzu: „Wenn man dann noch sieht, wie knapp Josi Neumann gegen Dobreva verloren hat …. So ein Ergebnis bei ihrem allerersten Einsatz haben sicher nicht viele erwartet. Im Doppel war es bei ihr auch ordentlich, bei 1:1 und 8:8 haben ein paar Füchse gegen uns den Ausschlag gegeben. Josi hat gezeigt, dass sie auf diesem Niveau schon mithalten kann.“

Die Debütantin selbst konnte ihre Leistungen bereits recht realistisch einschätzen: „Ich bin sehr zufrieden“, sagte das „Nesthäkchen“ des ttc eastside. „Ich war schon sehr aufgeregt. Vielleicht hätte ich meiner Gegnerin im Einzel noch einen Satz klauen oder vielleicht sogar gewinnen können, aber es war für mich kein Problem, dass ich verloren habe, da ich sehr gut gespielt habe. Im Doppel musste ich erst mal reinkommen, aber nach dem ersten Satz ging es dann immer besser. Das heute war eine coole Erfahrung für mich.“

Auch Vater Sven Neumann, der natürlich gemeinsam mit Ehefrau Cornelia Neumann-Reckziegel, früher selbst Bundesligaspielerin, das Geschehen in Weil in der Halle live verfolgte, war absolut zufrieden mit dem, was seine Tochter geleistet hatte: „Josi, die schon im Doppel mit Ding nicht schlecht gespielt hat, war gegen Dobreva absolut auf Augenhöhe. Es gab einige Riesenballwechsel und am Ende hat ihre Gegnerin das Match mit all ihrer Routine nach Hause gebracht.“

SV DJK Kolbermoor – TTC 1946 Weinheim 5:5

Doch noch ein kleines Highlight gab es zum Abschluss der Oberbayern-Tour für die Weinheimerinnen – gestern hatte man bekanntlich die Punkte in Schwabhausen gelassen, wo man mit 2:6 ziemlich glatt unterlag – , die sich in Kolbermoor ein Remis sicherten und auch verdienten. Übrigens wie letztes Jahr in der Vorrunde an gleicher Stelle. Chancengerechtigkeit war insofern gegeben, als beiden Teams WM-bedingt die Spitzenspielerin fehlte. Kolbermoor musste ohne Defensiv-Ass Linda Bergström auskommen, Weinheim, wie schon am Vortag, ohne die Weltranglisten-21. Bruna Takahashi.

Mit 2:0 in den Doppeln preschten die Gastgeber mit großem Elan voran, besonders der 3:2-Erfolg des Youngster-Duos Naomi Pranjkovic/Laura Tiefenbrunner gegen Mateja Jeger/Giorgia Piccolin war nicht zwingend einzuplanen. Doch im weiteren Verlauf der Partie konnte auch der Gast aus Nordbaden Akzente setzen. Besonders Sophia Klee überzeugte, die ziemlich überraschend Svetlana Ganina (3:2) und später auch, nicht ganz so überraschend, die junge Naomi Pranjkovic (3:1) bezwingen konnte und somit am Wochenende in den Einzeln ungeschlagen blieb.

In Galaform: Sophia Klee (Archivfoto aus der Saison 2021/22, Bild: Armin Schimkat).

Erfolgreichste Spielerin des SV DJK war – wie in den letzten Jahren so oft – Kristin Lang, die nicht nur ihr Doppel mit Solomiya Brateyko erfolgreich bestritt, sondern in den Einzeln Mateja Jeger (3:2) sowie ihrer vormaligen Teamkollegin Yuan Wan (3:1) das Nachsehen gab. Die Ukrainerin Brateyko, die ja im Normalfall hinten spielt, musste gleich im vorderen Paarkreuz ran und konnte wenigstens Jeger, die natürlich auch an Position drei spielt, wenn Takahashi dabei ist, in Bedrängnis bringen, unterlag aber doch kapp in fünf Sätzen. Gegen Wan verlor sie mit 0:3, wobei aber zwei Durchgänge eng und umkämpft waren.  

„Insgesamt war es ein gerechtes Unentschieden“, so das Fazit von Kolbermoors Trainer Michael Fuchs: „Wir sind natürlich super gestartet mit 2:0 in den Doppeln. Die zwei jungen Mädels haben auch super gespielt. Kristin hat gegen Jeger stark angefangen, es wurde dann zwar noch etwas eng am Schluss, aber sie hat ihre Routine ausgespielt und letztlich verdient gewonnen.“ Fuchs fährt fort in der Beurteilung seiner Spielerinnen: „Solomiya hat gut gekämpft und ist ja dann auch gegen Jeger im 5. Satz nochmal zurückgekommen. Ein Sieg in diesem Match wäre sicher nicht unverdient gewesen. Sie war natürlich etwas nervös, gleich im ersten Spiel gegen zwei Gegnerinnen zu kommen, die ein etwas unangenehmes Spielsystem haben. Bei Svetlana gegen Klee hatte ich mir schon ein bisschen mehr ausgerechnet, dafür hat sie das später gegen Piccolin wieder gutgemacht, wenn man es so nennen möchte.“ Aber auch die Nummer drei des Gegners erhielt ein Lob: „Glückwunsch aber auch an Sophia, die zwei Punkte macht und Weinheim so das Unentschieden sichert.“ Fuchs bilanziert: „Wir können mit dem Ergebnis leben, auch wenn wir uns natürlich einen Sieg gewünscht hätten. Es war aber ein guter Auftakt, die Stimmung im Team war gut und die Zuschauer haben schöne und spannende Spiele zu sehen bekommen. Wir haben noch Luft nach oben und werden versuchen, es in den nächsten Spielen den entscheidenden Tick besser zu machen.“

Weinheims Manager Christian Säger, dessen Team erst wieder am 13.11. in die Box muss, brach keineswegs in Jubel über den einen Punkt aus. „Ganz ehrlich: Ganz zufrieden bin ich nicht“, so Säger. „Doppel wieder 0:2 – das war nicht überzeugend. Aber im Endeffekt war das Unentschieden okay für beide Seiten.“ Und dann das überfällige Sonderlob: „Sophia Klee überragend und am Wochenende DIE Spielerin der Bayern-Reise!“

Beitragsbild: Die zwölfjährige Josephina „Josi“ Neumann (ttc berlin eastside) gab in Weil ihre Debütvorstellung als jüngste Bundesligaspielerin aller Zeiten und machte ihre Sache alles andere als schlecht (Foto: Dr. Stephan Roscher).

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