Bayern-Derby in Dachau, schwere Prüfungen für Bingen

Von Stephan Roscher|Januar 24, 2025|bundesliga

Und weiter geht es in der 1. Bundesliga Damen mit vier interessanten, attraktiven Partien, darunter zwei richtige Kracher. Langstadt und Berlin duellieren sich bereits am Freitagabend. Zum Bayern-Derby in Dachau muss man nicht allzu viel sagen, das sind jedes Mal hochklassige, spannende Partien. Spitzenreiter Weinheim will sich gegen Schlusslicht Bingen, das es auch gegen Berlin ganz schwer haben dürfte, den Frust vom Weil-Spiel von der Seele schmettern.

Freitag, 18.30 Uhr: TSV Langstadt – ttc berlin eastside

Dazu haben wir bereits einiges geschrieben. Nur ganz kurz also: Der ttc berlin eastside will in der Rückrunde das Feld von hinten aufrollen. Dazu muss man in Langstadt den Anfang machen. Doch die Südhessinnen sind richtig gut drauf und haben seit einem Vierteljahr nicht mehr verloren. Dementsprechend werden sie mit Selbstbewusstsein in die richtungsweisende Partie gehen. Der Hauptstadklub wird in starker Besetzung anreisen und nur auf sich selbst schauen. Es könnte eine sehr spannende Partie werden. Ein Leckerbissen für die Fans ist es allemal.

Samstag, 18 Uhr: TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – ttc berlin eastside

Der Aufwärtstrend bei den in der Vorrunde arg gebeutelten Rheinhessen war zuletzt unverkennbar. Beim Pokalturnier haben Rakovac und Co. wieder ganz normal gespielt und sind auch von Weinheim nicht aus der Halle geschossen worden. Am letzten Wochenende hätte die Niederlage in Langstadt (2:6) auch knapper ausfallen können, wenn man seine Chancen konsequent genutzt hätte, und tags darauf gegen Dachau war man auf Augenhöhe und unterlag nach hartem Kampf mit 4:6.

Es gibt zwei gute Nachrichten: 1. Lea Rakovac spielt wieder auf altem Niveau – und da ist sie für jede Gegnerin gefährlich. 2. Die in der gesamten Vorrunde verletzt ausgefallene Katerina Tomanovska ist wieder an Bord, man merkte ihr aber den signifikanten Trainings- und Wettkampf-Rückstand noch deutlich an. Da sie nun wieder einsatzfähig ist, kann Shi Qi ins hintere Paarkreuz rücken, wo sie mit ihrem Spielsystem sehr gefährlich ist.

Hat es nicht verlernt: Lea Rakovac (Foto Roscher).

Somit besteht zumindest Hoffnung auf gute, sehenswerte Spiele der TTG in der zweiten Saisonhälfte, auch wichtig für die in der Vorrunde nicht gerade verwöhnten Zuschauer, und vielleicht doch noch den einen oder anderen Sieg. Betrachtet man die Tabelle aber realistisch, ist man mit 1:15 Punkten doch arg weit abgeschlagen. Man könnte, rein tabellarisch betrachtet, eigentlich nur noch Berlin einholen – ausgerechnet Berlin! -, das aller Wahrscheinlichkeit nach nun aber mit Siebenmeilenstiefeln davon sprinten wird. Es ist alles andere als unwahrscheinlich, dass der Hauptstadtklub den Bingenerinnen am Samstag bereits den letzten Hoffnungsschimmer nehmen wird. Auf jeden Fall dürfen sich die Fans auf eine attraktive Begegnung gegen den “FC Bayern des Damen-Tischtennis” freuen, in der sich das Team vom Mäuseturm so teuer wie möglich verkaufen möchte.

Berlins Präsident Alexander Teichmann sagt: „Wir schauen jetzt mal, was die Bundesliga so bringen wird. Wir wollen schon ganz gerne in die Play-offs kommen und wollen dazu am Wochenende die ersten Schritte gehen.“ Das bedeutet: Geschenke werden keine verteilt und Kompromisse nicht gemacht, man wird schonungslos einen klaren Sieg anpeilen.

Bingens Chef Joachim Lautebach sieht die Sache realistisch: “Natürlich haben wir mit dem amtierenden Deutschen Meister Berlin und dem aktuellen Tabellenführer Weinheim zwei dicke Brocken vor der Brust. Nachdem Berlin mit einer jungen Mannschaft die Vorrunde bestritten hatte, kann man erwarten, dass jetzt in der Rückrunde auch die etablierten Spielerinnen zum Einsatz kommen. In beiden Spielen ist unsere Mannschaft klarer Außenseiter. Allerdings hat sie nichts mehr zu verlieren, und wir hoffen, dass sie an die guten Leistungen vom letzten Spiel gegen Dachau anknüpfen kann, damit die Zuschauer wieder attraktiven Tischtennissport zu sehen bekommen.“

Sonntag, 14 Uhr: TSV Dachau 65 – SV DJK Kolbermoor

Nirgends steht geschrieben, dass das Bayern-Derby in der Tendenz immer auf ein 5:5 zulaufen muss oder zumindest zwingend knappe Endergebnisse zeitigt. Manchmal liest es sich auch relativ eindeutig, wenn Dachau und Kolbermoor die Klingen kreuzen, doch hochklassige, prickelnde Partien sind es immer, zudem äußerst attraktiv für die Fans.

Könnte bei Dachau zum Einsatz kommen: Tin-Tin Ho (Foto Roscher).

Der “Blick in die Geschichte” illustriert, was gemeint ist. Letzte Saison etwa verlief es zwischen den beiden Oberbayern-Rivalen tatsächlich in der Punktrunde ganz eng und auf Augenhöhe. Das Hinspiel in Dachau endete mit 6:4 für Kolbermoor, im Rückspiel trennte man sich 5:5. Dann aber traf man in der ersten Play-off-Runde erneut aufeinander, mit überraschendem Ergebnis: Dachau präsentierte sich beide Male in absoluter Galaform und gewann in dieser Höhe völlig unerwartet mit 6:1 und 6:2.

Wir halten uns mit Prognosen vor dem Derby folglich zurück, denn es scheint wirklich jedes Ergebnis möglich, natürlich maßgeblich von den Aufstellungen sowie der Tagesform der einzelnen Spielerinnen abhängig.

Aktuell stehen die Dachauerinnen in der Tabelle besser da. Sie sind Tabellendritter mit 9:7 Punkten, Kolbermoor, das in der Rückrunde noch nicht gespielt hat, ist mit 5:7 Zählern notiert, was letztlich aber nur bedeutet, dass man zwei Partien weniger bestritten hat.

Wenn der Meisterschaftsmitfavorit und Pokalfinalist Kolbermoor in Topbesetzung aufläuft, ist er nur schwer zu schlagen. Wie stark Annett Kaufmann ist, weiß in Tischtennis-Deutschland inzwischen jeder. Das Fragezeichen lag bisher eher bei Qianhong Gotsch, die krank und verletzt war und im Pokal nicht annähernd das spielte, was sie kann. Wenn sie wieder in alter Form an den Tisch gehen kann und hinten dann noch Hana Arapovic und Kristin Lang spielen, ist das eine wahnsinnige Qualität.

Dachau muss sich nicht verstecken. Mit Defensiv-Ass Seoyoung Byun, Sabine Winter, Tin-Tin Ho, Koharu Itagaki und Naomi Pranjkovic muss man sich vor niemandem verstecken. Spannung ist angesagt und eine Besucherzahl von 250 oder sogar mehr nicht unwahrscheinlich.

TSV-Trainer Alexander Yahmed macht es kurz und knackig: “Wir freuen uns auf Kolbermoor, die Fans haben immer gute Spiele gesehen, wenn beide gegeneinander gespielt haben. Ich gehe von einem absoluten Highlight aus.“

Dr. Michael Fuchs, Trainer und Abteilungsleiter des SV DJK Kolbermoor, äußert sich etwas ausführlicher. „Das Derby ist immer etwas besonderes“, unterstreicht Fuchs. „Dachau scheint aktuell gut drauf zu sein. Mit Sabine und ihrem neuen Material scheint es gut zu funktionieren und Seoyoung Byun hat in der Vorrunde ihre Klasse bewiesen. Wenn Dachau komplett antritt, wovon ich ausgehe, wird das für uns ein äußerst schweres Spiel.“ Doch leer ausgehen möchte man keinesfalls: „Wir planen, in starker Besetzung nach Dachau zu fahren. Wie man beim Pokal jedoch gesehen hat, hilft manchmal auch die beste Planung nichts. Ich hoffe, dass meine Spielerinnen am Wochenende alle fit sein werden und wir einen guten Tag erwischen, um etwas Zählbares mit nach Hause nehmen zu können.“

Wichtige Leistungsträgerin bei Kolbermoor: Hana Arapovic (Foto Roscher).

Sonntag, 14 Uhr: TTC Weinheim 1946 – TTG Bingen/Münster-Sarmsheim

Auf dem Papier sieht alles ganz eindeutig aus, hier der Ligaprimus, dort das Kellerkind, Weinheim mit satten zwölf Punkten mehr notiert als Bingen. Doch jede Partie muss erst einmal gespielt werden – eine Binsenweisheit und dennoch nur zu wahr. Der Gastgeber hat etwas zu verlieren, eine zweite Niederlage in Folge möchte man um keinen Preis quittieren müssen, während Bingen nur noch etwas gewinnen könnte und ganz locker aufspielen kann.

Vizemeister und Tabellenführer Weinheim agierte monatelang auf ganz hohem Niveau und verbuchte eindrucksvolle 13:1 Punkte – in einer so ausgeglichenen Liga besonders bemerkenswert. Noch am letzten Samstagabend waren alle voll des Lobes, als man gegen Dachau ein weiteres Klassespiel hingelegt hatte. Siegesgewiss fuhr man zum Derby nach Weil und erhielt dort einen sensationellen Dämpfer: Den Weilerinnen gelang alles, den TTC-Assen vielleicht nicht nichts, jedoch ziemlich wenig. Am Ende stand ein 6:2 auf dem Bogen, das zwar etwas zu hoch ausgefallen aber nicht einmal unverdient war.

Es soll ein einmaliger Ausrutscher gewesen sein und Bingen nun den ganzen Frust abbekommen, so lautet die Ansage. Der Underdog wird sich dagegen stemmen und ist nicht gewillt, sich abschlachten zu lassen. Vielleicht wird es interessanter in der Sporthalle des Werner-Heisenberg-Gymnasiums als manche denken. Dennoch wäre jedes knappere Ergebnis als ein 6:2 für den Spitzenreiter schon eine Überraschung. Man wird sehen …..

Zuletzt nicht so überzeugend: Cheng Hsien-Tzu (Foto: Armin Schimkat).

Weinheims Macher und Manager Christian Säger denkt gar nicht daran, den Gegner auf die leichte Schulter zu nehmen. “Bingen ist eine sehr ausgeglichene Mannschaft, die bis jetzt unter Wert abgeschnitten hat”, betont Säger. “Wir wollen natürlich unser Heimspiel erfolgreich gestalten und uns für die Niederlage in Weil revanchieren. Mit unserem Heimpublikum im Rücken sind wir zuversichtlich, die Punkte in Weinheim behalten zu können.“

TTG-Vorstand Joachim Lautebach macht sich derweil keine Illusionen, dass man mal eben die 95 Kilometer nach Weinheim fährt und dort die Punkte einsammelt, zumal man noch das schwere Spiel des Vortages gegen Berlin in den Knochen haben dürfte. Also geht es im Wesentlichen darum, dem Gegner ein ansehnliches Spiel zu liefern und sich gut zu verkaufen: „Unsere Mannschaft ist, wie auch gegen Berlin, klarer Außenseiter. Allerdings hat sie nichts mehr zu verlieren und wir hoffen, dass sie an die guten Leistungen vom Spiel gegen Dachau anknüpfen kann.“

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Beitragsbild ganz oben: Yuan Wan spielt bisher eine gute Saison, doch in Weil ging auch sie leer aus. Gegen Bingen will sich die deutsche Nationalspielerin aber wieder in Topform präsentieren (Foto: Armin Schimkat).

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