Bad Driburg „Vize-Herbstmeister“, Bingen stößt ins Mittelfeld vor

Von Autor|Dezember 22, 2019|bundesliga

Wie erwartet hatte der TuS Bad Driburg im Ostwestfalenderby vor 175 Fans wenig Mühe mit dem ersatzgeschwächten TTK Anröchte. Man überwintert als Tabellenzweiter – eine Leistung, die viele vor der Saison nicht für möglich gehalten hätten. Die TTG Bingen/Münster-Sarmsheim konnte nach dem starken Auftritt gegen Böblingen auch den TSV Langstadt mit 6:4 besiegen und ist nun als Tabellenfünfter fast schon aller Abstiegssorgen ledig. Yuan Wan gewann vor 180 Zuschauern überraschend gegen Petrissa Solja.

TuS Bad Driburg – TTK Anröchte 6:0

Es war die erwartete Pflichtübung für den TuS gegen das mit nur zwei Stammspielerinnen und zwei Reservistinnen aus der Verbandsliga angereiste Team aus Anröchte, das weiter stark abstiegsgefährdet ist. In Bad Driburg ist man stolz auf den 2. Platz nach Ende der Vorrunde mit beeindruckenden 14:2 Punkten. Bis auf Berlin wurden alle Gegner geschlagen, selbst Kolbermoor wurde förmlich überrollt. Beim Gegner muss man schauen, wie es weitergeht. Man will in der Rückrunde nochmals angreifen, doch es wird schwer für das derzeitige Schlusslicht, das rettende Ufer noch zu erreichen.

Zum Spiel selbst ist wenig zu sagen. Anröchtes Stammspielerinnen Aimei Wang (1:3 gegen Sarah de Nutte) und Yang Henrich (0:3 gegen Britt Eerland) spielten gut mit, konnten aber nicht punkten. Die Ersatzspielerinnen waren natürlich komplett chancenlos. Der Ehrenpunkt für den TTK hätte im Doppel erspielt werden können, ja fast müssen. Wang/Henrich führten im Entscheidungssatz gegen Eerland/de Nutte 8:1 und hatten später bei 11:10 noch einen Matchball, unterlagen aber mit 11:13.

Sarah de Nutte besiegte Aimei Wang mit 3:1, zuvor gewann sie hauchdünn ihr Doppel an der Seite von Britt Eerland.

„Der erwartete Sieg gegen das dezimierte Team aus Anröchte, überragende 175 Zuschauer, tolle Stimmung“, so TuS-Manager Franz-Josef Lingens. „Die Spiele „oben“ waren aber sehr schön und spannend. Das Spitzendopppel war bei 1:8 eigentlich schon verloren, aber Britt und Sarah kämpften weiter.“ Lingens unterstreicht: „Insgesamt sind wir schon ein wenig stolz auf unsere Vize-Herbstmeisterschaft.“

„Wir haben uns sehr gut präsentiert. Besonders unserer oberes Paarkreuz Aimei Wang und Yang Henrich haben eine starke Leistung gezeigt“, gab Anröchtes Vorsitzender Manfred Vogel zu Protokoll. „Das Doppel hätten die beiden gegen Britt Eerland und Sahra de Nutte nicht gewinnen können sondern müssen. Wir werden jetzt in Ruhe schauen, wie es weiter geht.“

Yang Henrich braucht sich keine Vorwürfe zu machen. Die Linkshänderin bot gegen Britt Eerland trotz des 0:3 eine ansprechende Leistung.

TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – TSV Langstadt 6:4

Durch die knappe Niederlage am 4. Adventssonntag in Bingen, die erste gegen die Rheinhessinnen überhaupt, ist der TSV Langstadt zum Vorrunden-Ende noch auf Platz sechs abgerutscht und musste nach Böblingen (8:8 Punkte) auch Bingen (7:9) vorbeiziehen lassen. 6:10 Zähler sind eine recht magere Ausbeute für ein Team, das in der letzten Saison für Furore gesorgt hatte und bis ins Play-off-Halbfinale vorgestoßen war. Zwar ist das obere Paarkreuz der Südhessen auch weiterhin stark, aber von hinten kommt viel zu wenig, um eine gute Rolle in der starken Liga zu spielen. Anders die Rheinhessen, bei denen man nach den Abgängen von Lily Zhang und Marie Migot in Sorge war, ob der Klassenerhalt gelingen könnte. Inzwischen läuft es prima bei Mantz und Co., die im Tabellenmittelfeld angekommen sind und auch dann stark spielen, wenn die 16-jährige US-Amerikanerin Amy Wang nicht zur Verfügung steht.

Vor 180 Fans in Bingen trennte man sich in den Doppeln 1:1, wobei überraschend das Langstädter Linkshänderinnen-Duo Solja/Meshref (1:3 gegen Mantz/Wan) leer ausging und das Topdoppel des TSV-Drittliga-Teams, Kämmerer/Bundesmann (3:2 gegen Piccolin/Tomanovska) punktete. Eine starke Dina Meshref ließ Chantal Mantz und später Yuan Wan keine Chance, doch die Weltranglisten-21. Petrissa Solja, als glasklare Favoritin gegen ihre junge Nationalmannschaftskollegin Yuan Wan an den Tisch gegangen, patzte und verlor in fünf Sätzen. „Peti blieb gegen Yuan unter ihren Möglichkeiten und ihre Gegnerin hat das gut ausgenutzt“, analysierte der Sportliche Leiter Manfred Kämmerer.

Am Ende sollte dieser Punkt fehlen, um das als Minimalziel angestrebte Remis zu erreichen. In ihrem zweiten Match gegen Bingens Nummer eins Chantal Mantz war Solja zwar wieder Chefin im Ring, doch von hinten kam überhaupt nichts. Sowohl Janina Kämmer (2:3 gegen Katerina Tomanovska, 1:3 gegen Giorgia Piccolin) als auch Anne Bundesmann (jeweils 1:3 gegen Piccolin und Tomanovska) konnten in den Einzeln keinen Punkt beisteuern. Die Tschechin Tomanovska erweist sich auf Bingener Seite immer mehr als gute Neuverpflichtung (Bilanz: 5:2) und die Italienerin Giorgia Picolin (7:6) hat bereits letzte Saison ihre Ligatauglichkeit unter Beweis gestellt. Beide hatten großen Anteil daran, dass nach knapp dreieinhalb unterhaltsamen Stunden ein nicht unverdientes 6:4 für die Gastgeberinnen auf dem Spielberichtsbogen stand.

Hoch zufrieden zeigte sich dementsprechend Bingens Vorsitzender Joachim Lautebach. „Wir wären zwar schon mit einem Punkt zufrieden gewesen, so ist es aber natürlich noch schöner“, so Lautebach. „Es war ein starkes, für die Zuschauer sehr interessantes Spiel mit tollem Kampf, bei dem wir sicher auch ein bisschen das Glück auf unserer Seite hatten. Dennoch war unser Sieg nicht unverdient.“ Sehr zufrieden war der TTG-Chef mit seiner heutigen Nummer zwei: „Yuan Wans Sieg gegen Petrissa war natürlich unser Bigpoint. Auch wenn Peti heute vielleicht nicht so stark gespielt hat wie sonst gegen uns, hat Yuan das doch ganz prima gemacht.“ Auch Katerina Tomanovska erhielt ein Sonderlob: „Es war natürlich auch spielentscheidend, dass wir hinten alle vier Einzel gewonnen haben. Hut ab vor Katerina, die sich trotz einer Knöchelentzündung durchgebissen und gut gespielt hat.“

„Ein schlechter Vorrunden-Abschluss mit unglücklichem Ausgang“, so das Fazit von Langstadts Coach Thomas Hauke zur Partie in Bingen. „Wir wussten, dass es schwer wird, hinten etwas zu holen“, sagte der Sportliche Leiter Manfred Kämmerer. „Einen Punkt hätten wir natürlich gerne mitgenommen.“

Beste Langstädterin war diesmal eindeutig die Ägypterin Dina Meshref.

15:7 – diese Bilanz erspielten Petrissa Solja (8:3), Cheng Hsien-Tzu (3:1) und die zuletzt immer besser werdende Dina Meshref (4:3) im Spitzenpaarkreuz. Doch hinten kam viel zu wenig. Alena Lemmer (0:3), Janina Kämmerer (2:7) und Anne Bundesmann (1:5) konnten den in sie gesetzten Erwartungen nicht gerecht werden. Man hatte den Eindruck, dass nur die an Position vier gemeldete Monika Pietkiewicz stark genug ist, unten regelmäßig zu punkten, doch die Polin kam nur dreimal zum Einsatz (2:2). Die Doppelbilanz von 8:7 war dagegen akzeptabel.

Kantersiege gegen Schwabhausen und Anröchte sowie ein glückliches 6:4 in Busenbach waren die ganze Langstädter Ausbeute in der ersten Halbserie – man punktete also ausschließlich gegen stark abstiegsbedrohte Mannschaften. Da sollte in der Rückrunde eigentlich mehr kommen.

Bingen überzeugte dagegen gerade im Dezember mit den knappen Heimsiegen über die hoch eingeschätzten Ligarivalen Böblingen und nun Langstadt. Beim 4:6 gegen Bad Driburg Ende September hätte man nach 0:5-Rückstand um ein Haar noch ein Remis erspielt. Auffallend ist die Heimstärke der Rheinhessinnen, die sechs ihrer sieben Punkte in eigener Halle unter Dach und Fach brachten.

Beitragsbild oben: Bingens Yuan Wan sorgte mit ihrem Sieg über Petrissa Solja für eine faustdicke Überraschung.

Text & Fotos (4): Dr. Stephan Roscher

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