Derby-Sonntag in der 1. Bundesliga Damen

Von Stephan Roscher|November 11, 2022|bundesliga

Gleich drei Derbys sind am Sonntag in der nationalen Eliteliga der Damen angesagt. Der ESV Weil empfängt die Sportvereinigung Böblingen zu einem Baden-Württemberg-Derby. Zwar trennt eine Landesgrenze Weinheim von Langstadt, doch bei läppischen 65 Kilometern Entfernung betrachten beide Klubs das Spiel als Derby. Ein lupenreines Bayern-Derby steigt in Kolbermoor, genauer gesagt das Oberbayern-Derby, wenn der TSV Schwabhausen anreist. Inzwischen ein Derby-Klassiker in der 1. Bundesliga Damen, der immer reichlich Spannung verspricht.

Sonntag, 14.00 Uhr: ESV Weil – SV Böblingen

Schlappe 250 Kilometer sind Weil und Böblingen voneinander entfernt, dennoch liegen beide Städte in einem Bundesland, sodass uns am Dreiländereck ein Baden-Württemberg-Derby bevorsteht. Und es könnte spannend werden, denn Weil gilt als heimstark und verfügt über eine extrem ausgeglichene Mannschaft ohne Stars, die an guten Tagen über sich hinauswachsen kann. Böblingen aber reist nach den zuletzt gezeigten Leistungen schon als leichter Favorit an.

ESV-Trainer Alen Kovac möchte Ievgeniia Sozoniuk auch gegen Böblingen zum Sieg coachen (Archivfoto Roscher).

Weil war auch im April der Böblinger Gegner bei den Viertelfinal-Play-offs. Die SVB schied damals hauchdünn in der entscheidenden dritten Partie aus. In dieser Saison hatten die Weilerinnen einen eher durchwachsenen Start. Bisher gab es erst einen Sieg bei drei Niederlagen. Allerdings hat man gegen Berlin, Kolbermoor und Langstadt verloren – stets nach heftiger Gegenwehr. So gesehen ist also noch alles im Lot aus Weiler Sicht. Gewonnen hat man nach einem starken Auftritt gegen Bingen.

Die SV Böblingen ist nach vier Spieltagen Bundesliga-Tabellenführer. Verloren hat man bislang nur gegen Meister ttc berlin eastside. Ganz oben stand man zuletzt 2009 zu Zeiten einer Nicole Struse. Natürlich ist der Spitzenplatz nur eine Momentaufnahme, Berlin zum Beispiel hat noch zwei Partien nachzuholen. Dennoch dürfen Qianhong Gotsch, Annett Kaufmann, Lin Chia-Hsuan und Leonie Hartbrich auf das bisher Erreichte stolz sein. Und es kann ja noch eine Weile weitergehen mit der Poleposition, eastside ist auch an diesem Wochenende spielfrei. Nach dem knappen Sieg in Bingen sind die Schwäbinnen auch in Weil gewiss nicht chancenlos, zumal Lin Chia-Hsuan dabei sein wird, die bei den Play-offs im April noch schmerzlich vermisst wurde. Evelyn Simon und Sönke Geil werden das Böblinger Team in Weil coachen.

Annett Kaufmann und ihr Team reisen als Tabellenführer ins Dreiländereck (Foto: Petra Steyer).

Allerdings darf man Izabela Lupulesku, Hana Arapovic, Polina Dobreva, Ievgeniia Sozoniuk und Vivien Scholz nie unterschätzen, die zuletzt auch beim 3:6 in Langstadt nicht weit von einem Punktgewinn entfernt waren.

„Ja, wir würden schon gerne punkten gegen die SV Böblingen, sind uns aber bewusst, dass das nicht so einfach werden wird“, sagt Abteilungschefin Doris Spiess im Vorfeld der Partie. „Nicht umsonst steht Böblingen momentan an der Tabellenspitze der Bundesliga. Bei uns werden alle Spieler vor Ort sein, wer schlussendlich zum Einsatz kommt, wird der Trainer wohl kurzfristig entscheiden.“ Doris Spiess fügt hinzu: „Wir freuen uns auf jeden Fall auf ein spannendes Spiel, bei dem mit Qianhong Gotsch und Annett Kaufmann im vorderen Paarkreuz auch Gegnerinnen zu sehen sein werden, die attraktive Begegnungen versprechen.“

Sonntag, 14.00 Uhr: TTC 1946 Weinheim – TSV Langstadt

Nachdem den Bundesligafrauen des TSV Langstadt am Sonntag gegen Weil der erste Saisonsieg gelungen ist und sich Neuzugang Minnie Soo gleich als Volltreffer erwiesen hat, möchte man nun gerne nachlegen und weiter punkten. Schließlich soll der TSV-Express nun endlich, mit einiger Verspätung, volle Fahrt aufnehmen.

Doch das wird schwierig, sehr schwierig sogar. Gegner Weinheim hat sich vor der Saison exzellent verstärkt. Nach dem knappen Scheitern an der Play-off-Qualifikation 2021/22 will man diesmal auf der sicheren Seite sein und sich in die obere Tabellenhälfte der Liga spielen.

Das stärkste Quartett würde aus Bruna Takahashi, die Weltranglisten-23. verbuchte letzte Saison eine 14:2-Bilanz in der Bundesliga, sowie Yuan Wan, Mateja Jeger und Giorgia Piccolin bestehen. Sollten tatsächlich alle vier auflaufen, Weinheim dementiert dies im Vorfeld zumindest nicht, wird es ein ganz harter Brocken für die Langstädterinnen. Diese wären dann – auch wenn Minnie Soo wieder die Spitzenposition bekleidet – leichter Außenseiter.

Aktuell steht Weinheim mit 3:3 Punkten als Tabellenfünfter einen Platz vor dem TSV. In drei Spielen musste der TTC zweimal auf Takahashi aufgrund internationaler Verpflichtungen verzichten, sonst stünde man jetzt vermutlich besser da.

Noch nicht richtig in Fahrt gekommen ist das letzte Saison so erfolgreiche Langstädter Doppel Schreiner/Krämer, doch in Weinheim soll der Knoten platzen (Foto: Petra Steyer).

Letzte Saison tat sich die Langstädterinnen in Weinheim schwer und mussten sich nach zähem Kampf mit einem Remis begnügen – Takahashi war auch von Petrissa Solja nicht zu schlagen. Zum Rückspiel trat Weinheim mit reichlich Ersatz und ohne seine Brasilianerin an und kam mit 0:6 unter die Räder.

In Nordbaden freut man sich auf ein spannendes Derby und möchte die Fans begeistern. Und natürlich gewinnen oder mindestens einen Punkt holen. „Wir haben jetzt drei Heimspiele am Stück mit Langstadt, Weil und Berlin“, so Macher und Manager Christian Säger. „Ob alle Spielerinnen an Bord sind, entscheidet sich immer erst sehr kurzfristig. Ziel bleibt für uns, einen Play-off-Platz zu erreichen, das funktioniert natürlich nur mit einer kompletten Mannschaft.“ Säger ergänzt: „Auf jeden Fall erwarten wir eine große Kulisse und hoffen natürlich auch auf tolle Spiele.“

Die Hessinnen sind nun auf Betriebstemperatur und wollen auch im Weinheimer Hexenkessel nicht leer ausgehen. Der Sportliche Leiter Manfred Kämmerer gibt zu Protokoll: „Der Sieg gegen Weil hat gut getan. Jetzt gilt es, die Euphorie mit in die nächsten Spiele zu nehmen. Weinheim ist natürlich sehr schwer zu spielen, doch wir haben Selbstvertrauen getankt und wollen auch von dort gerne etwas mitnehmen.“ Kämmerer sagt aber auch, dass es bei der Aufstellung „noch das eine oder andere Fragezeichen“ gebe: „Schauen wir mal, wer am Sonntag bei uns auflaufen wird.“

Sonntag, 14.00 Uhr: SV DJK Kolbermoor – TSV Schwabhausen

Das Bayern- beziehungsweise Oberbayern-Derby ist stets attraktiv und meist heftig umkämpft. Gut 90 Kilometer liegen zwischen dem 19.000-Einwohner-Städtchen Kolbermoor im Landkreis Rosenheim und der 6.500-Einwohner-Gemeinde Schwabhausen im Landkreis Dachau. Doch das wichtigste ist nicht die räumliche Nähe, sondern das Stelldichein der Ausnahmespielerinnen, wenn beide im Derby die Klingen kreuzen. Namen wie Linda Bergström, Kristin Lang, Sabine Winter oder Liu Yangzi stehen für zwei starke, ambitionierte Mannschaften, für deren Derby Prognosen schlechthin unmöglich sind.

Der SV DJK Kolbermoor hatte in den ersten beiden Partien Abwehr-Ass Linda Bergström wegen internationaler Einsätze nicht zur Verfügung. Man spielte gegen Weinheim 5:5 und unterlag in Böblingen mit 2:6. Die letzten beiden Begegnungen wurden dann aber mit der 27-jährigen Schwedin bestritten und beide gewonnen, jeweils mit 6:4 gegen Weil und in Langstadt. Punktgleich mit den Böblingerinnen steht man derzeit auf Platz zwei der Tabelle. Die Neuzugänge haben sich rasch integriert und man zeigt einen guten Team Spirit. Die Doppel stehen gut, besonders die neue Defensivformation Bergström/Ganina wusste bisher zu gefallen.

SV DJK-Neuzugang Solomiya Brateyko zeigte zuletzt aufsteigende Form und scheint sich inzwischen gut an die raue Luft in der 1. Bundesliga gewöhnt zu haben (Foto: Erik Thomas).

Schwabhausen hat erst zweimal gespielt und beide Male angedeutet, dass die Mannschaft auch in dieser Saison und auch ohne die nach Weinheim gewechselte Mateja Jeger etwas reißen könnte und erneut für eine Platz in der oberen Tabellenhälfte in Frage kommt. Mit 3:1 Punkten ist man aktuell Tabellenvierter. Gegen Weinheim glückte in Topbesetzung ein 6:2-Erfolg, allerdings musste der Gegner ohne seine Topspielerin Bruna Takahashi auskommen. Und dann zeigte man beim Remis in Böblingen, dass das ausgeglichene Team auch ohne Sabine Winter für Punkte gegen starke Kontrahenten gut ist.

Letzte Saison konnte sich der TSV in den Punktspielen beide Male mit 6:3 durchsetzen, während man sich in den Play-offs einen Thriller mit dreimal 5:5 lieferte, bei dem Kolbermoor hauchdünn den Halbfinaleinzug schaffte.

„Wie auch die letzten Male rechne ich mit einem engen Spiel“, so Kolbermoors Trainer und Abteilungsleiter Michael Fuchs. „Ich bin gespannt, wie Schwabhausen antreten wird, denn davon hängt sicher auch vieles ab. Nach den zwei Siegen gegen Weil und Langstadt können wir ohne Druck in die kommenden Spiele gehen. Wir freuen uns auf ein gutes Derby mit hoffentlich vielen Zuschauern.“ 

Sabine Winter (hier mit TSV-Trainer Alexander Yahmed) könnte in Kolbermoor wieder das Schwabhäuser Team anführen (Archivfoto Roscher).

Nachdem Sabine Winter zuletzt verletzungsbedingt gefehlt hatte – auch ohne die Galionsfigur des Teams konnte man in Böblingen einen Punkt ergattern –, scheint sie nun wieder an Bord zu sein. Trainer Alexander Yahmed drückt es so aus: „Wir sind alle gesund und fit, manche mehr, manche weniger, aber ich kann personell aus dem Vollen schöpfen. Wir freuen uns auf das Derby und sind gespannt, wie es uns in Kolbermoor ergehen wird.“ 

Beitragsbild oben: Yuan Wan will mit Weinheim das Derby gegen Langstadt gewinnen (Foto: Armin Schimkat).

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