Wochenende der Wahrheit für Kolbermoor

Von Stephan Roscher|Februar 21, 2025|bundesliga

Weil und Weinheim als Prüfsteine für Kaufmann und Co.

Die Vereine der 1. Bundesliga Damen versuchen sich Ende Februar/Anfang März in günstige Positionen für die Play-offs zu bringen. Manche Klubs haben erst acht Partien absolviert, andere bereits elf. Nach den beiden Begegnungen des Wochenendes wird die Tabelle weiter begradigt. So wird auch der SV DJK Kolbermoor nach den schweren Spielen gegen Weil und beim Ligaprimus Weinheim zehnmal an den Tischen gewesen sein. Dasselbe gilt für die Weilerinnen und Weinheimerinnen.

Freitag, 18 Uhr: SV DJK Kolbermoor – ESV Weil

Kolbermoor konnte zuletzt in eigener Halle die wichtige Partie gegen Langstadt mit 6:4 gewinnen und gilt als heimstark.

Der ESV Weil musste dagegen bei Schlusslicht Bingen mit 4:6 die erste Rückrundenniederlage quittieren, überraschend, auch wenn der erste Saisonsieg der TTG schon länger in der Luft lag und die Rheinhessinnen letzten Sonntag richtig stark spielten. Es scheint, als wären die Südbadenerinnen besonders in der Rolle des Favoritenschrecks richtig gefährlich – Berlin, Weinheim, Langstadt sowie Kolbermoor im Hinspiel mussten diese Erfahrung bereits machen.

Wenn Hursey und Co. dagegen einmal, trotz der tollen bisherigen Runde nur einmal, als Favorit an die Tische gehen, fällt ihnen dieser Positionswechsel augenscheinlich schwerer. Doch falls dies die Weilerinnen beruhigt: Am Freitagabend in Kolbermoor werden sie wieder Außenseiter sein.

Und die Oberbayern wollen Revanche nehmen für den 10. November 2024, als sie beim damaligen “Underdog” den Kürzeren zogen – dass diese Zuschreibung auf den ESV Weil in der aktuellen Saison nicht zutrifft, wurde erst später deutlich, es war für beide erst das zweite Saisonspiel. 6:4 hieß es am Ende zugunsten der “Eisenbahnerinnen” aus dem Dreiländereck, obwohl der spätere Pokalfinalist Kolbermoor mit Annett Kaufmann, Qianhong Gotsch, Hana Arapovic und Laura Tiefenbrunner beileibe keine schwache Formation am Start hatte.

Nun, es war nicht der Tag der sonst so starken Kaufmann, die sowohl Anna Hursey als auch Ievgeniia Sozoniuk nach jeweils fünf Sätzen gratulieren musste. Gotsch konnte immerhin Hursey schlagen, deren derzeitige 10:2-Bilanz im Spitzenpaarkreuz fraglos hitverdächtig ist. Dafür zog die aus Böblingen gekommene Defensiv-Ikone knapp gegen Sozoniuk den Kürzeren. Zwar trumpfte Hana Arapovic im hinteren Paarkreuz auf, doch Laura Tiefenbrunner konnte sich nicht in die Siegerliste eintragen. Insgesamt war es eine unheimlich enge, umkämpfte Partie von fast vier Stunden, bei der die Sätze und Bälle am Ende sogar knapp für die Truppe aus Bayern sprachen, die Punkte aber eben nicht.

Man darf gespannt sein, ob Anna Hursey (Foto) erneut Annett Kaufmann schlagen kann.

In Kolbermoor geht man nicht davon aus, beim Duell der Tabellennachbarn – Weil ist Tabellenvierter, Kaufmann und Co. sind Fünfter – leichtes Spiel zu haben. “Beide Spiele „werden große Herausforderungen für uns“, ist Cheftrainer Dr. Michael Fuchs überzeugt. „Weil spielt eine großartige Saison bisher. Für manche war das vielleicht auch etwas überraschend, aber ich finde es durchaus verdient. Anna Hursey spielt eine tolle Saison und Daniela Ortega war ein Glücksgriff für Weil. Zusätzlich hat Ievgeniia Sozoniuk immer wieder gute Siege eingefahren. Wenn Weil in dieser Aufstellung nach Kolbermoor kommt, wird das sicher ein heißer Kampf.“ Allerdings könne man die Angelegenheit etwas entspannter angehen, da man durch den Sieg gegen Langstadt die Play-off-Teilnahme abgesichert habe: „Wir freuen uns auf das letzte Heimspiel der Punktrunde in der B2X Arena und hoffen, dass uns viele Zuschauer vor Ort unterstützen werden.“

In Weil lässt man die Partie recht gelassen auf sich zukommen und hätte gegen einen neuerliche Überraschung nichts einzuwenden. “Nach dem Punktverlust letzte Woche in Bingen sind wir auf Wiedergutmachung aus“, so Abteilungsleiterin Doris Spiess. „Wobei Kolbermoor nicht unbedingt der ideale Gegner dafür ist. Trotz des Vorrundensiegs bleibt Kolbermoor der Favorit. Wir werden aber alles versuchen, uns so gut wie möglich zu präsentieren.“

Sonntag, 14 Uhr: TTC 1946 Weinheim – SV DJK Kolbermoor

Tabellenführer gegen den Fünften – das klingt zunächst einmal eher nicht nach einem Topspiel, doch das ist es. Die Namen beider Klubs haben einen richtig guten Klang. Weinheim, ambitioniert und erfolgreich, war zweimal hintereinander deutscher Vizemeister und hat jedesmal in den Endspielen die Berlinerinnen zu Bestleistungen gezwungen. Kolbermoor, aktueller Pokalvize, hat den Cup nicht nur 2019 und 2022 gewonnen, sondern 2018 auch den nationalen Meistertitel nach Oberbayern geholt. Und vor dieser Saison galten Kaufmann und Co. als einer der Topfavoriten auf die Meisterschaft. Dass die Punkteausbeute aktuell noch im negativen Bereich liegt (7:9), ist auch besonderen Umständen wie Verletzungen und Erkrankungen von Leistungsträgerinnen geschuldet. In den Play-offs beginnt dann sowieso alles wieder bei Null, sodass alles noch möglich ist. Am Sonntag werden in Nordbaden ohne Frage zwei Spitzenmannschaften in einer höchst attraktiven Partie aufeinandertreffen. Eine gute Kulisse scheint garantiert.

Im neuen Jahr ist der Weinheim-Express noch nicht so gut, wie nach den 11:1 Punkten der Vorrunde erwartet, ins Rollen gekommen. Aktuell steht man bei 14:4 und konnte zwar die starken Dachauerinnen schlagen (6:3), zog dann aber überraschend in Weil den Kürzeren (2:6) und kam gegen Bingen nicht über ein Remis hinaus. Durch einen Sieg über Kolbermoor wäre man aber wieder in der Spur und peilt die beiden Punkte natürlich auch an, auch wenn man um die Stärke des Gegners weiß. Der scheint Wan und Kolleginnen aber zu liegen, konnte man Mitte Dezember das Hinspiel bei einer gut aufgestellten Kolbermoorer Mannschaft doch deutlich mit 6:1 gewann, allerdings in einer in den einzelnen Matches durchaus umkämpften Partie.

Auf Yuan Wan ist Verlass, sie gewinnt fast immer wenigstens eines ihrer beiden Einzel und ist auch eine solide Doppelspielerin.

Weinheims überragende Vorrunde war auch eng mit der Top-Taiwanerin Chien Tung-Chuan verknüpft, die alles abräumte, was sich ihr in den Weg stellte (Einzel oben 8:0, Doppel mit Yuan Wan 5:0). Im Jahr 2025 hat sie noch nicht gespielt, und ihre Landsfrau Cheng Hsien-Tzu konnte sie nicht adäquat ersetzen. Stark spielt vorne bisher Yuan Wan (10:8) sowie hinten die aus Jena gekommene Ece Harac (9:4). Die Doppel (13:5) sind überdies die stärksten der Liga.

Und der TTC 46 hat noch ein Trumpf-Ass im Ärmel: An Position eins ist in der zweiten Halbrunde die 25-jährige Chinesin Liu Weishan gemeldet – und die könnte den Unterschied ausmachen. Liu stand vor zweieinhalb Jahren auf Weltranglistenplatz 17 und verfügt über brandgefährliche Aufschläge. Kolbermoors Trainer Dr. Michael Fuchs rechnet mit ihrer Bundesligapremiere.

“Bei Weinheim soll laut meinen Informationen der chinesische Neuzugang Liu Weishan zum Einsatz kommen, wodurch Weinheim wohl noch ein Stück stärker sein dürfte“, so Fuchs. „Weinheim führt die Liga an, das heißt, wir sind als Fünftplatzierter der klare Außenseiter und können entsprechend frei aufspielen. Unsere Spielerinnen konnten die Woche gut trainieren und gehen motiviert in das Wochenende. Hoffentlich bleiben alle verletzungsfrei und können nach dem Freitagsspiel gut regenerieren – was leider in der Vergangenheit immer wieder ein Problem für uns war.“

Zur möglichen Aufstellung macht Weinheims Manager Christian Säger keine konkreten Angaben und äußert sich zu der Partie eher allgemein: „Das wird ein sehr schweres Spiel für uns. Wir werden mit der Unterstützung unseres Heimpublikums alles versuchen, die Punkte in Weinheim zu behalten. Unsere Aufstellung wird erst kurzfristig entschieden werden.“

Es wäre natürlich ein besonderer Leckerbissen für die Weinheimer Fans, am Sonntag das Ligadebüt von Liu Weishan mitzuerleben. Doch bisher ist nichts bestätigt, man wird sich also in Geduld üben müssen. Man darf aber nicht nur auf die Weinheimer Aufstellung gespannt sein, interessant wird auch sein, ob Kolbermoor – zuletzt fehlte Kristin Lang und eine Dina Meshref kam überhaupt noch nicht zum Einsatz – am Wochenende personell aus dem Vollen schöpfen kann.

Beitragsbild ganz oben: Laura Tiefenbrunner könnte einmal mehr im Team Kolbermoors stehen, die 23-Jährige kam bisher in sechs von acht Partien zum Einsatz (Foto: Dr. Stephan Roscher).

Fotos im Text: Dr. Stephan Roscher

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