Packendes Bayern-Derby endet nach Kolbermoors Aufholjagd mit Punkteteilung

Von Stephan Roscher|März 2, 2024|bundesliga

SV DJK Kolbermoor – TSV Dachau 65 5:5

Ein tolles, bis zum letzten Ballwechsel vor Spannung knisterndes, prickelndes Bayern-Derby, das weit mehr als nur 122 Zuschauer verdient gehabt hätte. Bekanntermaßen enden solche Derbys oft mit einem Unentschieden, so auch in Kolbermoor nach einer Spieldauer von sage und schreibe vier Stunden und fünf Minuten. Sehr lange sah es aber nicht danach aus, da schien die Truppe aus Dachau einem sicheren Sieg entgegenzustreben.

5:1 führten die Gäste nach Ende des ersten Durchgangs, doch der SV DJK steckte nicht auf, biss sich förmlich in die Partie hinein und gewann im zweiten Abschnitt sämtliche vier Einzel, drei davon im Entscheidungssatz, zwei mit jeweils zwei Punkten Unterschied am Ende. Sicher hatten die anfänglich überragend spielenden Dachauerinnen dann auch ein wenig Pech, aber letztlich war der eine Punkt schon verdient. Allein schon für die Hingabe und Moral sowie die nie nachlassenden Willenskraft, mit der man ein fast schon verloren geglaubtes Derby noch in einen Teilerfolg ummünzen konnte.

In den Doppeln hatte man sich 1:1 getrennt, Hana Arapovic/Swastika Ghosh hatten für Kolbermoor, Sabine Winter/Liu Yangzi für Dachau gepunktet. Danach kam die große Zeit des TSV, an denen die ersten vier Einzel ausnahmslos gingen. Liu Yangzi bezwang Kristin Lang in fünf Durchgängen, Sabine Winter spielte ihre Erfahrung beim 3:1 über Hana Arapovic aus, Defensivstrategin Alina Nikitchanka fischte gegen die Inderin Swastika Ghosh gefühlt jeden Ball (3:1) und Tin-Tin Ho dominierte beim 11:7, 11:5, 11:5 gegen die junge Naomi Pranjkovic sehr deutlich.

Mit dem Rücken zur Wand, mobilisierte das Heimteam sämtliche Reserven und signalisierte dem starken Gegner schon durch die entschlossene Körpersprache, dass das Selbstbewusstsein nicht gebrochen war und man alles versuchen würde, noch eine Wende herbeizuführen. Und so geschah es. Unter dem Jubel der Kolbermoor-Fans rang zunächst Kristin Lang in einem tollen Match Sabine Winter mit 3:2 nieder. Hana Arapovic hatte gegen Liu Yangzi, Ligabilanz bis dahin 17:3, einen schweren Stand, doch auch die spielstarke junge Kroatin blieb dran und ließ sich auch nach dem 1:2-Satzrückstand nicht abschütteln. Zum Lohn konnte sie die beiden nachfolgenden Sätze jeweils mit 11:9 gewinnen – nur noch 3:5, der SV DJK war wieder im Rennen. Allerdings musste nun beide Punkte im hinteren Paarkreuz her, auch die im ersten Durchgang so starke Tin-Tin Ho musste bezwungen werden. Swastika Ghosh, der das Spielsystem von Englands Nummer eins besser liegt als das von Nikitchanka, schaltete den Turbo ein und schaffte das kleine Kunststück in vier Sätzen.

Nun hing alles an Naomi Pranjkovic. Ihr Match gegen Alina Nikitchanka wurde zum Thriller. Die ersten beiden Sätze gingen klar an die 19-jährige Rosenheimerin, doch Dachaus Weißrussin kämpfte sich zurück und schaffte den Satzausgleich. Der Entscheidungsdurchgang bedeutete akute Herzinfarktgefahr: 2:0 Pranjkovic, 2:2, 4:2 Pranjkovic, 4:4, 6:4 Pranjkovic, doch dann schien Nikitchanka Oberwasser zu haben mit fünf Punkten in Folge zum 9:6. 8:9, 8:10, zwei Matchbälle Nikitchanka, beide abgewehrt, Bei 11:10 erster Matchball für Pranjkovic, abgewehrt. 12:11, zweiter Matchball Kolbermoor, abgewehrt. Und dann zwei Punkte für Prankovic und unbeschreiblicher Jubel. Das Remis war tatsächlich geschafft. Irgendwie schon verdient, auch wenn Dachau den Sack nicht zumachen konnte und vier Chancen zum Auswärtssieg ungenutzt ließ. Am Ende lagen die Gäste zwar nach Sätzen und Bällen vorne, doch auf der Anzeigetafel stand unmissverständlich 5:5.

Kolbermoors Co-Trainer Florian Wiesener, zugleich Vorstandsmitglied, äußerte sich zu der ereignisreichen Partie. „Erneut ein starkes Comeback vom gesamten Team in einer langen und hochspannenden Begegnung“, so Wiesener. „Nach dem 1:1 in den Doppeln sind erst mal alle engen Situationen nach Dachau gefallen, aber wir haben nicht aufgegeben und am Ende sind die engen Situationen zu uns gefallen. Ein großes Kompliment an alle Spielerinnen für diese kämpferische Leistung. Alle haben zum Comeback beigetragen, daher wäre es auch nicht gerecht, eine einzelne Spielerin hervorzuheben.“

„Das war ein Megaspiel und die Zuschauer sind auf ihre Kosten gekommen“, so Dachaus Trainer Alexander Yahmed. „Klar, nach nach einem 5:1 kann man schon mal gewinnen. Aber ich kann keinem einen Vorwurf machen, es waren super spiele, am Ende dann dreimal 2:3. Eventuell hätte Alina einen ihrer zwei Matchbälle machen können, aber das 5:5 geht in Ordnung. Da Kolbermoor super gekämpft und sich nie aufgegeben hat. ist eine Punkteteilung in Ordnung.“

Wenn sich Kolbermoor so hinein kniet wie in der zweiten Hälfte des Derbys, ist man am Sonntagnachmittag auch gegen Ligaprimus Weinheim nicht chancenlos. Das Team aus Dachau ist dagegen längst auf der Fahrt nach Bingen, wo man sich am Sonntag mit einem Gegner konfrontiert sieht, der bereits am Samstag beim Remis in Langstadt außerordentliche kämpferische Qualitäten gezeigt hat. Für beide keine leichte Aufgabe, es könnte in beiden Hallen ziemlich spannend werden.

1. Bundesliga Damen am Sonntag:

ttc berlin eastside – SV Böblingen (13 Uhr)

TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – TSV Dachau 65 (14 Uhr)

SV DJK Kolbermoor – TTC 1946 Weinheim (14 Uhr)

SV SCHOTT Jena – TSV Langstadt (17 Uhr, in Bad Königshofen)

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Beitragsbild: Mit ihrem Erfolg gegen Sabine Winter begann Kolbermoors fulminante Aufholjagd: Kristin Lang (Foto Roscher).

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