Meisterschaftsfavoriten eastside und Kolbermoor auswärts gefordert

Von Stephan Roscher|Oktober 9, 2020|bundesliga

Ganz allmählich nimmt die 1. Bundesliga Damen Fahrt auf, die diesmal nur mit sieben Teams spielt. Zwei Partien wurden erst ausgetragen, am Sonntag kommen die Spiele Nummer drei und vier dazu. Mit dem ttc berlin eastside und der SV DJK Kolbermoor sind die beiden Topfavoriten der Saison auswärts im Einsatz. Im Normalfall sollte berlin eastside die Hürde Langstadt ebenso nehmen können wie Kolbermoor die Hürde Bingen.

Sonntag, 14.00 Uhr: TSV Langstadt – ttc berlin eastside

Die TSV-Damen wollen nach ihrem erfolgreichen Bundesligastart gegen den ESV Weil am Sonntag den hohen Favoriten ttc berlin eastside im zweiten Heimspiel binnen einer Woche ein wenig ärgern – so der eigene Anspruch.

In Bestbesetzung ist Langstadt womöglich in der Lage, dem amtierenden Meister und Pokalsieger ein wenig mehr Paroli zu bieten als vor fünf Wochen beim Qualifikationsturnier in der Hauptstadt, als man ein 1:3 und damit das Ende der ohnehin nur ganz leisen Final-Four-Träume quittieren musste. Damals standen Petrissa Solja, Tanja Krämer und TSV-Nesthäkchen Franziska Schreiner am Tisch, das gegen Berlins Penholder-Ass Shan Xiaona naturgemäß keine Chance hatte. Selbst die Weltranglisten-20. Solja, die sich mit Shans Spiel ohnehin schwertut, musste ihrer Nationalmannschaftskollegin beim letzten Match des Tages zu einem klaren Erfolg gratulieren, zuvor hatte sie sich allerdings ungefährdet gegen Jessica Göbel durchgesetzt. Davor hatte Krämer gegen Hollands Topspielerin Britt Eerland nichts ausrichten können.

Tanja Krämer will ihre Routine gegen eastside in die Waagschale werfen.

Am Sonntag dürfte erneut Dina Meshref auf der Nicht-EU-Ausländerposition des TSV an den Tisch gehen – doch die Linkshänderin aus Ägypten hat gegen die eastside-Asse Shan und Nina Mittelham im Normalfall kaum eine Chance, schon für Solja dürfte es recht schwierig werden, eines der Matches im Spitzenpaarkreuz nach Hause zu bringen. Die starke Taiwanerin Cheng Hsien-Tzu dürfte nach wie vor nicht zur Verfügung stehen. Man kann damit rechnen, dass der Gastgeber in derselben Formation wie gegen Weil in die Box geht, doch der Gegner – TSV-Kontrahent im Play-off-Halbfinale 2018/19 – besitzt eben eine ganz andere Qualität. Der Berliner Start in die Bundesligasaison war mit dem Remis gegen Schwabhausen zwar bescheiden verlaufen, doch da hatte der Meister auch mit erheblichen personellen Problemen zu kämpfen gehabt.

Die Stärke der Hauptstädterinnen ist die ausgeglichene Besetzung auf allen Positionen. So spielt die Europe Top 16-Finalistin von 2020 Britt Eerland nur an drei. Für Position vier kam zudem Jessica Göbel vom Absteiger Busenbach, die dort seit Jahren im vorderen Paarkreuz aufgeschlagen hat.

Eine knifflige Aufgabe, bei der der TSV Langstadt allerdings nichts zu verlieren hat, dafür aber an Prestige gewinnen kann, wenn er über sich hinauswächst und dem Favoriten zwei oder drei Matches abluchst. Ein schwieriges aber nicht ganz unmögliches Unterfangen, sofern alles passt.

Shan Xiaona will mit eastside die Punkte aus Langstadt mitnehmen.

„Gegen berlin eastside haben wir in den letzten beiden Jahren meistens wenig zu bestellen gehabt“, erinnert sich Coach Thomas Hauke. Dennoch wollen die Langstädterinnen alles in die Waagschale werfen, um dem Favoriten das Leben nicht allzu leicht zu machen. “Wir haben in diesem Spiel nichts zu verlieren und können daher völlig befreit aufspielen“, blickt der Sportliche Leiter Manfred Kämmerer der Begegnung mit Vorfreude entgegen. „Langstadt ist auf jeden Fall ein sehr ernst zu nehmender Gegner, den wir nicht auf die leichte Schulter nehmen werden“, sagt eastside-Manager Andreas Hain. „Doch unser Anspruch ist, solche Spiele zu gewinnen. Schließlich wollen wir unseren Titel verteidigen und in der Liga Akzente setzen.“

Sonntag, 14.00 Uhr: TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – SV DJK Kolbermoor

Vor fünf Wochen waren beide Teams – beim Porta Pokal Qualifier – das erste und bisher einzige Mal in dieser Saison im Einsatz. Es wird Zeit, dass sich das ändert, die Spielerinnen brennen darauf, endlich wieder in der Box zu stehen. Und am Sonntag ist es so weit.

Beim Pokalturnier hatte Meisterschaftsmitfavorit Kolbermoor einen sehr stabilen Eindruck hinterlassen und sich souverän für das Final Four qualifiziert. Nicht ganz so rund war es bei den Rheinhessinnen gelaufen, die im finalen Krimi gegen Weil knapp den Kürzeren gezogen hatten und mit dem ungeliebten zweiten Platz in der Gruppe Vorlieb nehmen mussten.

In der Saison 2017/18 waren beide Klubs das Maß der Dinge in der deutschen Eliteliga. Erst im dritten Finale konnten sich die Oberbayern den begehrten Meistertitel sichern, den bisher einzigen der Vereinsgeschichte. Doch seitdem hat sich einiges getan. Weniger bei Kolbermoor, das einmal mehr eine ganz starke Truppe am Start hat, in der nun die Portugiesin Fu Yu und die Ex-Bingenerin Yuan Wan neben Dauerbrennerin Kristin Lang, der konterstarken US-Amerikanerin Lily Zhang, Defensivstrategin Svetlana Ganina und Toptalent Anastasia Bondareva Akzente setzen möchten.

Lily Zhang, die in der vorletzten Saison selbst noch das Bingener Trikot getragen hat, will mit Kolbermoor beide Punkte aus Rheinhessen entführen.

Doch Bingen musste ein wenig „abspecken“ und ist in dieser schwierigen, von Corona und dem Kampf um Sponsoren überschatteten Saison bereits mit einer ordentlichen Platzierung im Mittelfeld beziehungsweise dem Erreichen der Play-offs zufrieden. Man hat dennoch eine solide Mannschaft um Chantal Mantz, Giorgia Piccolin und Katerina Tomanovska formiert, die an guten Tagen fast jedem Gegner gefährlich werden könnte. Kolbermoor reist als Favorit an, auch wenn man sich gerade in Bingen schon öfters schwergetan hat.

Das sieht auch TTG-Vorsitzender Joachim Lautebach so. „Kolbermoor ist am Sonntag gegen uns eindeutiger Favorit“, so Lautebach. „Wir wollen versuchen, die Runde aufgrund der Pandemie und der vielen Beschränkungen einigermaßen ordentlich zu spielen. Die Aufstellung entscheidet sich erst am Spieltag.“

Der Gast ist voller Vorfreude und nimmt den Gegner nicht auf die leichte Schulter. „Wir freuen uns sehr auf unser erstes Bundesligaspiel“, bekräftigt Kolbermoors Trainer Michael Fuchs. „In Bingen haben wir es die letzten Male immer schwer gehabt, weshalb ich auch diesmal ein Spiel auf Augenhöhe und ein enges Ergebnis erwarte.“ Fuchs fügt hinzu: „Speziell für Yuan wird es gegen ihren Ex-Verein ein besonderes Spiel, aber auch unsere anderen Spielerinnen kennen ihre Gegnerinnen aus dem gemeinsamen Training in Düsseldorf. Wenn man sich so gut kennt, entscheidet teilweise auch einfach die Tagesform. Ich erwarte auf jeden Fall ein paar emotionsgeladene Duelle.“

Beitragsbild oben: Giorgia Piccolin will mit Bingen gegen Kolbermoor eine gute Figur abgeben.

Text & Fotos Krämer, Zhang: Dr. Stephan Roscher

Fotos Piccolin, Shan: Marco Steinbrenner

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