Jetzt wird es ernst: Play-offs in Weil und Langstadt
Nur vier Tage nach dem Ende der regulären Punktrunde heißt es nun alles oder nichts: Die Play-off-Viertelfinals beginnen mit den Hinspielen am Gründonnerstag. Auch wenn nach Abschluss der Punktrunde nur ein Platz zwischen beiden Teams lag, reist der TSV Schwabhausen mit der bisher so überragenden Sabine Winter als Favorit ins Dreiländereck zum ESV Weil. Noch eindeutiger ist die Favoritenrolle des TSV Langstadt in der Partie gegen die SV Böblingen, die gerade erst mit 7:1 geschlagen wurde. Bereits am Ostersamstag steigen die Rückspiele.
Donnerstag, 18.00 Uhr: ESV Weil – TSV Schwabhausen
Beide Teams blicken schon jetzt auf eine tolle Saison zurück, obwohl diese ja längst noch nicht beendet ist. Die Weilerinnen haben als Bundesligadebütant auf Anhieb die Play-offs und das Pokal Final Four erreicht. Alles weitere wäre eine schöne Zugabe, mit der man bei denen Südbadenern nicht kalkuliert.
Schwabhausen hat seine bisher beste Bundesligasaison gespielt, lag mit 14:10 Punkten am Ende gleichauf mit Langstadt und wäre um ein Haar Dritter geworden. Mit der noch ungeschlagenen Sabine Winter (16:0) hat man die derzeit beste Spielerin der Liga auf der Spitzenposition und dahinter ein ungemein ausgeglichenes Quartett mit Mateja Jeger, Mercedesz Nagyvaradi, Alina Nikitchanka und Orsolya Feher aufzubieten – besonders die Verpflichtung der beiden Ungarinnen hat sich als Volltreffer erwiesen. Sie haben dem TSV im Vergleich zur Vorsaison ein deutliches Plus an Stabilität verliehen.
Weil wird vermutlich Ievgeniia Sozoniuk, Polina Trifonova, Izabela Lupulesku und Sophia Klee dagegenstellen – Vivien Scholz laboriert noch an ihrer Verletzung. Eine ganz schwierige Aufgabe für den ESV, zumal sich die Schwabhausenerinnen im Lauf der Runde immer weiter gesteigert haben und mit großem Selbstvertrauen anreisen werden. Man will mit Herzblut dagegenhalten und sich im Heimspiel eine passable Ausgangslage verschaffen, die für das Rückspiel alle Chancen offen lässt.
In der Punktrunde hat es nicht so gut funktioniert. War Weil im Hinspiel Anfang November noch nahe dran (3:5), musste man Mitte Januar in der Rückrunde in heimischer Halle ein ziemlich ernüchterndes 1:7 quittieren. Doch das zählt am Donnerstag überhaupt nicht mehr, die Karten werden komplett neu gemischt und das Duell beginnt bei 0:0. Das sind, aus Sicht des Gastgebers, die Spiele, bei denen man sich laustarke Fans in einer rappelvollen Halle wünscht, die das eigene Team nach vorne puschen und über sich hinauswachsen lassen – doch damit kann zurzeit weder Weil noch irgendein anderer Bundesligist dienen.
„Erstmal freuen wir uns auf den TSV Schwabhausen als Gegner im Viertelfinale der Play-offs“, sagt ESV-Abteilungschefin Doris Spiess. „Gegen die Bayern gab es fast immer spannende und interessante Spiele. Obwohl wir noch nie gewonnen hatten, ging es doch immer recht eng zu.“ Mit Ausnahme der Rückrundenpartie im Januar. Doris Spiess fügt hinzu: „Bei uns ist Izabela Lupulesku wieder mit dabei und wir hoffen natürlich, dass uns endlich mal ein Punktgewinn gelingt. Trotzdem geht Schwabhausen natürlich favorisiert ins Rennen. Bei uns muss alles passen und alle müssen 100-prozentige Leistung bringen, damit die Überraschung gelingt.“
TSV-Trainer Alexander Yahmed sieht dem Aufeinandertreffen mit Spannung und Vorfreude entgegen: „Wir freuen uns auf das Match mit Weil, es sind immer tolle Spiele auf hohem Niveau. Keins der bisherigen Spiele gegen Weil war eindeutig, zumindest vom Verlauf her nicht, auch Weil hat eine junge Truppe, die sich immer weiter entwickelt in einem guten Umfeld. Das macht Spaß, sich mit solch einem Verein zu messen. Ich denke, es wird wieder ein Spiel auf Augenhöhe. Und ich bin gespannt, wie sich beide Teams zeigen.“
Schwabhausens Abteilungsleiter Helmut Pfeil zeigt sich im Vorfeld optimistisch, warnt aber auch vor dem Gegner: „Nach diesem Saisonverlauf und den bisherigen Ergebnissen gegen Weil sind wir da durchaus in der Favoritenrolle. Aber auch der Aufsteiger Weil hat eine sehr gute Saison gespielt. Wir dürfen sie nicht unterschätzen. Weil könnte an einem guten Tag durchaus zum Stolperstein werden. Das Team aus Weil ist durchgehend gleichmäßig besetzt und hat in seinen Reihen keine vermeintlich schwächere Spielerin. Deshalb können sie uns durchaus gefährlich werden.“ Pfeil ergänzt: „Aber nachdem es im Viertelfinale ein Hin- und ein Rückspiel gibt, und notfalls ein zusätzliches Entscheidungsspiel, sollten wir uns nach dem sehr guten Lauf der letzten Spiele insgesamt auch hier durchsetzen können und das Halbfinale erreichen. Denn auch wir sind durchgehend stark besetzt.“ Der TSV-Chef benennt die Devise: „Den Gegner dürfen wir nicht unterschätzen, aber wir kennen durchaus auch unsere Stärken.“
Das zweite Match steht am Ostersamstag um 14 Uhr in Schwabhausen auf dem Programm. Der Gewinner dieses Play-off-Viertelfinales duelliert sich in der Runde der letzten Vier mit keinem Geringeren als dem Titelverteidiger und Meisterschaftstopfavoriten ttc berlin eastside.
Donnerstag, 19.00 Uhr: TSV Langstadt – SV Böblingen
Nach dem klaren 7:1-Sieg am Sonntag bei der SV Böblingen, mit dem sich die Bundesligafrauen des TSV Langstadt Platz drei in der regulären Punktrunde sicherten, müssen Sie nun in der ersten Play-off-Stufe gegen den Tabellensechsten der besten Liga Europas ran – und der heißt Böblingen. Es kommt bis einschließlich Samstag zum dritten Duell mit den Württembergerinnen innerhalb von einer Woche. Sollte es nach zwei Aufeinandertreffen 1:1 stehen, würde ein drittes Play-off-Match am 6. April in Langstadt die Entscheidung bringen. In diesem Fall hätten wir sogar viermal Langstadt vs. Böblingen in zehn Tagen. Allerdings gehen Solja und Co. als klare Favoritinnen in das Kräftemessen, dessen erster Teil am Donnerstagabend in Langstadt – wie immer leider ohne Fans – steigt.
Böblingen wird dem Vernehmen nach in der Aufstellung der letzten Partien auflaufen, also mit dem 14-jährigen Megatalent Annett Kaufmann auf der Spitzenposition (Ligabilanz 11:11), der Japanerin Mitsuki Yoshida (9:13), der Defensivspielerin Rosalia Behringer (2:6) sowie der bisher noch sieglosen Alexandra Kaufmann (0:20). Im Bundesligaspiel am Sonntag sicherte Behringer ihrem Team den Ehrenpunkt durch ein überraschendes 3:1 gegen Tanja Krämer. In dieser Aufstellung dürfte Böblingen im Normalfall nur eine sehr geringe Chance haben gegen einen TSV, der aller Voraussicht nach wieder mit Petrissa Solja (Bilanz: 11:7), Dina Meshref (10:8), Tanja Krämer (14:9) und Franziska Schreiner (14:8) antreten wird.
An Position eins ist bei der SVB die 52-jährige Qianhong Gotsch gemeldet, immer noch eine der besten Abwehrspielerinnen Europas. Aus Furcht vor Corona hat die aufgrund einer Vorerkrankung zur Risikogruppe zählende Böblinger „Ikone“ seit Mitte Dezember kein Spiel mehr bestritten. Würde Gotsch, mit der sich alle Langstädterinnen inklusive Solja äußerst schwertun, am Tisch stehen, wäre es ein komplett anderes Spiel und eine 50:50-Angelegenheit, doch das sind Konjunktive und die zählen im Topsport nicht. Auch die ebenso erfahrene Xu Yanhua stellt keine personelle Alternative dar und steht weiterhin verletzungsbedingt nicht zur Verfügung.
„Ohne Gotsch ist Böblingen natürlich sehr stark geschwächt. Mit ihr wären sie eine ganz hohe Hürde für uns“, bekundet der Sportliche Leiter Manfred Kämmerer. „Ob Böblingen Gotsch für die Play-offs wieder aktivieren kann, bleibt abzuwarten.“ Der Gegner indes signalisiert, dass es keine Überraschung in Sachen Aufstellung geben wird. Kämmerer geht auch ohne Gotsch nicht von einem Selbstläufer aus: „Natürlich möchten wir gerne die Runde mit möglichst zwei Erfolgen vorzeitig meistern. Das wird jedoch nicht einfach, denn Böblingen wird sich unser Spiel vom Wochenende natürlich auch nochmal genau ansehen und die passenden Schlüsse aus dem Spiel ziehen.“ Coach Thomas Hauke weiß zu berichten: „Die Mannschaft ist sehr fokussiert auf ihre Aufgabe. Die individuelle Form hat sich bei allen Spielerinnen in den vergangenen Wochen verbessert. Wir sind definitiv in Play-off-Form.“ Hauke betont aber auch: „Es ist nicht einfach, innerhalb von vier Tagen wieder gegen denselben Gegner zu spielen. Der 7:1-Sieg vom Sonntag spielt keine Rolle mehr, wir starten bei 0:0.“ Der Trainer präzisiert: „Ich rechne mit einem komplett anderen Spiel und darauf müssen wir vorbereitet sein. Jeder einzelne Punkt muss wieder selbst erarbeitet und erkämpft werden. In jedem Match werden neue Taktiken und Lösungen gefragt sein.“
Die mit Schützenhilfe aus Schwabhausen in die Play-offs gerutschten Würtembergerinnen – ein Punkt in Oberbayern hätte am vergangenen Sonntag Bingen zum Einzug ins Viertelfinale gereicht – wollen nun das Beste aus der Situation machen und nicht mit wehenden Fahnen untergehen. Zweimal 1:7 in der Punktrunde – das deutet schon an, wie schwer es werde dürfte. Erst einmal übrigens hat die SV Böblingen bisher ein Play-off um die deutsche Meisterschaft erreicht. 1997 unterlag sie im Halbfinale trotz vier gewonnener Einzel von Qianhong Gotsch knapp der TSG Dülmen.
Von SVB-Manager Frank Tartsch weiß man, dass er nicht nur in Corona-Zeiten kein Freund von Play-off-Spielen ist, weil er dadurch die reguläre Saison für entwertet hält. SVB-Trainer Volker Ziegler sieht es sportlich und meinte bereits vor einer Woche: „Wir nehmen es wie es kommt.“ Sein Punktrundenfazit lautete: „Wir haben uns in dieser schwierigen Corona-Saison durchgekämpft und ohne die seit Mitte Dezember fehlende Hongi das Beste daraus gemacht. Alle vier haben die Herausforderung angenommen und alles probiert.“ Und nun werden sie wieder alles probieren.
Das Rückspiel findet am Samstag um 12 Uhr in der Böblinger Paladion-Halle statt. Der Sieger der zwei, maximal drei Duelle trifft im Halbfinale eine Woche später auf den SV DJK Kolbermoor.
Beitragsbild oben: Serbiens Nummer 1 Izabela Lupulesku wird gegen Schwabhausen das ESV-Trikot tragen.
Text & Fotos (4): Dr. Stephan Roscher