Bingen gewinnt in Böblingen, Langstadt und Anröchte teilen sich die Punkte

Von Autor|November 18, 2018|bundesliga

Spannend ging es wieder zu in der deutschen Eliteliga, in Langstadt sogar etwas hitzig. Der SV Böblingen bleibt das Pech treu. Auch beim 3:6 gegen Vizemeister Bingen/Münster-Sarmsheim musste eine verletzte Spielerin aufgestellt werden, die, inklusive Doppel, drei Matches abschenkte. Langstadt konnte gegen Anröchte vor guter Kulisse eine 5:2-Führung nicht über die Ziellinie retten und musste sich mit einem Punkt zufrieden geben. Doch auch der Gast war keineswegs rundum zufrieden.

 

SV Böblingen – TTG Bingen/Münster-Sarmsheim 3:6

Auch weiterhin schließt die Glücksgöttin beide Augen und tut so, als würde sie nichts sehen, wenn es um die SV Böblingen geht. SVB-Pressewart Manfred Schneider berichtet, wo diesmal personell der Schuh drückte: „Eine Hiobsbotschaft jagt momentan die andere. In der Nacht vor dem Spiel rief Rosalia Stähr bei Manager Frank Tartsch an und meldete sich wegen Fieber ab. Dabei war sie gerade von einer Entzündung im Zehgelenk genesen. Also musste Xu Yanhua antreten, die aber wegen Meniskusproblemen ihr Spiele abgeben musste. Auch Theresa Kraft war nicht fit, sie hatte wieder Probleme mit dem Bein und verzichtete auf das Doppel an der Seite von Qianhong Gotsch.“

Mit diesen Handikaps zog sich der Gastgeber achtbar aus der Affäre, der ganz große Coup wie gegen Berlin war diesmal aber nicht drin, obwohl Gotsch erneut überragte, ihre beiden Einzel locker gewann und ihre Bilanz nun auf 12:0 schraubte. Der Höhepunkt des Vormittags aus Böblinger Sicht war indes der Auftritt von Julia Kaim gegen Bingens Französin Marie Migot, die mit einer Bundesliga-Bilanz von 6:1 angereist war. „Julia spielte unbeschwert auf, so wie man sie kennt, aber diesmal gewann sie auch“, so Schneider. „Es war einfach mein Spiel, ich war locker und habe alles gegeben“, sagte die strahlende Siegerin. „Ich studiere jetzt in Pforzheim und trainiere zweimal die Woche in Grünwettersbach. Da ist eine gute Trainingsgruppe, ich habe viel Spaß.“ „Migot hat einfach kein Mittel gefunden gegen Julias Rhythmuswechsel“, analysierte SVB-Coach Ingo Gotsch.

Julia Kaim konnte überraschend Marie Migot bezwingen, für ihr dezimiertes Team reichte es dennoch nicht zum Punktgewinn.

Kurios: Die 112 Fans in Böblingen erlebten ein mit knappen zwei Stunden eher kurzes Tischtennis-Spektakel, da auch die sechs tatsächlich gespielten Matches allesamt in drei Sätzen über die Bühne gingen und kein Spiel wirklich eng verlief – ein einziger Durchgang wurde in der Verlängerung entschieden.

„Aus unserer Sicht ist zunächst einmal erfreulich, dass wir gewonnen haben und mit 7:3 Punkten nun ein gutes Polster für die kommenden Aufgaben besitzen“, so TTG-Vorsitzender Joachim Lautebach. „Wir wollen wieder in die Play-offs und sind auf gutem Kurs.“ Etwas Glück sei auch dabei gewesen: „Natürlich hat uns in die Karten gespielt, dass Böblingen eine verletzte Spielerin aufbieten musste, die ihre Partien abgeschenkt hat. Das soll aber die gute Leistung unserer jungen Mannschaft nicht schmälern.“ Alles in allem sei es fast so gekommen wie erwartet: „Dass Gotsch derzeit überragend spielt, war uns klar“, stellte Lautebach fest. „Wir hatten hinten auf ein Übergewicht gehofft und so war es letztlich auch mit Ausnahme des einen Spiels von Marie Migot gegen Kaim.“ Dass die Viertelfinalistinnen der Belarus Open, Chantal Mantz und Yuan Wan, bei ihrem klaren Erfolg über Gotsch/Kaim einen richtig guten Doppel-Auftritt hatten, kam für Lautebach etwas überraschend: „Beide sind erst am späten Samstagabend aus Minsk zurückgekehrt und mussten dann gleich weiter nach Böblingen. Viel Nachtschlaf war da nicht drin.“

Giorgia Piccolin konnte Theresa Kraft schlagen.

Bingen/Münster-Sarmsheim schob sich wieder auf Platz zwei vor, punktgleich mit Spitzenreiter Kolbermoor, die beide bisher 7:3 Zähler verbucht haben. Die Schwäbinnen bleiben ganz hinten mit nun 1:11 Punkten. Dass dies deutlich unter Wert und nicht zuletzt dem Verletzungspech geschuldet ist, braucht kaum betont zu werden.

 

TSV Langstadt – TTK Anröchte 5:5

Drei Stunden und 35 Minuten Spieldauer und eine Punkteilung bei 22:20 Sätzen und 390:392 Bällen aus TSV-Sicht, zudem 260 Fans und eine gigantische Atmosphäre in der Eckehard-Colmar-Halle – man könnte meinen, dass alle Beteiligten mit dem Remis rundum einverstanden waren. Doch ganz so verhielt es sich nicht.

Der Liganeuling, zwar mit Petrissa Solja aber ohne die bisher so überzeugende Taiwanerin Cheng Hsien-Tzu angetreten, kämpfte sich bravourös gegen das erfahrene Team aus Ostwestfalen zu einer 5:2-Führung, konnte aber den sprichwörtlichen Sack nicht zumachen, so dass die Spielerinnen am Ende schon etwas enttäuscht waren.

Langstadts Team-Manager Manfred Kämmerer wollte sich dem nicht anschließen. „Ich hatte schon vor der Partie auf ein 5:5 getippt“, so Kämmerer. „Klar haben wir 5:2 geführt, dann folgten aber zwei relativ klare Spiele für Anröchte und im letzten Match hat sich Janina (Kämmerer) gegen Henrich auf 2:2 herangekämpft, doch ihre Gegnerin traf dann zu Beginn des Entscheidungssatzes gleich fünf Riesenbälle, so dass das Spiel kaum noch zu holen war.“

Yang Henrich, die das knappe letzte Match gegen die junge Janina Kämmerer zum Remis für den TTK gewann.

Um zu gewinnen, hätte man gegen die in Topbesetzung angetreten Gäste wohl eher beide Doppel ins Ziel bringen müssen. Solja/Lemmer ließen zwar nichts anbrennen, doch Pietkiewicz/Kämmerer konnten es ihnen nicht gleichtun. Mit 2:1 Sätzen und 9:4 hatten sie gegen Shi/Henrich geführt und das Match doch noch verloren. Andererseits lag Kämmerer gegen Defensiv-Ikone Jing Tian-Zörner mit 0:2 Sätzen und 5:9 scheinbar aussichtslos im Hintertreffen und drehte das Spiel noch. So gesehen gab es für die Langstädterinnen keinen Grund, die Köpfe hängen zu lassen. „Insgesamt war es wieder ein tolles Spiel vor tollen Fans mit einem gerechten Ergebnis“, meinte denn auch Manfred Kämmerer. „Peti Solja, die ihre beiden Gegnerinnen klar beherrschte, hat einmal mehr überragend gespielt.“

Angefressen zeigte sich der Gast. „Wir haben gegen die Wertung des Spiels Protest eingelegt, weil wir uns von zwei Schiedsrichtern regelrecht vorgeführt gefühlt haben, die unseren Spielerinnen immer wieder regelgerechte Aufschläge weggezählt haben“, so ein erzürnter TTK-Vorsitzender Manfred Vogel. Vogel räumte aber auch ein, dass es unter dem Strich eigentlich schon leistungsgerecht zugegangen sei. „An sich sind wir mit dem Punkt schon zufrieden, auch wenn wir hätten gewinnen können, ja eigentlich müssen, da Jing Tian-Zörner gegen Kämmerer so dicht vor dem Sieg stand.“ Gefreut hat Vogel, „dass Yang Henrich nun schon zum zweiten Mal binnen 14 Tagen in einer wichtigen Spielsituation Nervenstärke bewiesen hat.“ Der TTK-Chef lobte im Übrigen die Atmosphäre: „Eine kleine Halle mit klasse Stimmung, die Spielerinnen wurden von der Euphorie getragen.“

In der Tabelle treten die Langstädterinnen auf der Stelle und bleiben mit nunmehr 5:5 Zählern Sechster – ein Platz, der gerade noch zur Teilnahme an den Play-offs berechtigen würde. Bei einem Sieg hätte man Anröchte (5:3 Punkte) überflügelt, das so aber auf Rang vier bleibt.

 

Beitragsbild oben: Langstadts Janina Kämmerer konnte überraschend Jing Tian-Zörner nach klarem Rückstand besiegen.

Text & Fotos (4): Dr. Stephan Roscher

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