Tolles Moyland-Debüt: Bingen gewinnt auch in Jena

Von Stephan Roscher|November 6, 2023|bundesliga

Böblingen mit starkem Spitzenpaarkreuz und cooler Yoshida beim Sieg in Kolbermoor

Die Fans erlebten am Sonntagnachmittag erneut zwei packende Bundesligapartien, die jeweils mit 6:3-Auswärtserfolgen endeten. Begegnungen, in denen es lange eher nach einer Punkteteilung ausgesehen hatte. Bingen siegte in Jena und Böblingen in Kolbermoor. Bemerkenswert das Bundesligadebüt der 16-jährigen US-Amerikanerin Sally Moyland im TTG-Dress. Gerade erst aus den Staaten angereist, konnte sie auf Anhieb ihre beiden Matches gewinnen und ihr Team somit zum dritten Sieg in Folge führen.

SV SCHOTT Jena – TTG Bingen/Münster-Sarmsheim 3:6

In den Doppeln diesmal kein 2:0 für das Team aus Bingen: Zwar konnten sich Lea Rakovac und Karolina Mynarova klar gegen das zum ersten Mal zusammen spielende Duo Koharu Itagaki/Vivien Scholz durchsetzen, doch Jenas Topformation Misuzu Takeya/Ece Harac war sogar für Katerina Tomanovska und Elena Kuzmina zu stark und schraubte durch den 3:1-Erfolg ihre Bilanz auf 5:0.

Irgendwie “roch” es in der dieser Partie eigentlich lange nach einem 5:5. Japan-Wirbelwind Misuzu Takeya ließ auch der zuletzt so starken Lea Rakovac keine Chance (11:9, 11:6, 11:6), doch Bingen glich aus. Und das war der erste Streich der jungen Sally Moyland, die noch gar nicht richtig akklimatisiert sein konnte und sich anfänglich mit Ece Harac sehr schwer tat. 2:1 nach Sätzen und 8:6 stand es zu Gunsten der Jenenserin, kurz darauf 9:9, doch der US-Teenager schnappte sich bei seiner Bundesliga-Premiere nervenstark noch den Satz. Im fünften Durchgang schien bis zum 6:6 wieder alles offen, doch dann glückten Moyland vier Punkte in Folge zum 10:6. Den zweiten Matchball verwandelte sie zum Bingener Ausgleich – ein ganz wichtiger Matchgewinn, wie sich später erweisen sollte.

Die Kleinste war die Größte: Sally Moyland (ganz rechts) mit dem Bingener Team (Foto: Rainer Oppenheimer).

Die 120 Fans erlebten kurz darauf eine unglückliche Niederlage von Valerija Mühlbach gegen eine nervlich sehr stabile Karolina Mynarova (10:12, 11:13, 11:13), da aber die 13-jährige Koharu Itagaki das ebenfalls sehr umkämpfte Match gegen Elena Kuzmina in vier Durchgängen zu ihren Gunsten entscheiden konnte, war erneut für den Gleichstand gesorgt. Takeya vs. Moyland: Das Spitzeneinzel versprach Spannung und hielt, was es versprach. Mit ihrer 7:2-Bilanz im Rücken legte Jenas Japanerin ein 2:0 vor (11:9, 11:9). Würde Moyland gegen ihre noch ein Jahr jüngere Kontrahentin wieder zurückkommen und erneut ein Match drehen? Sie redete nicht, sondern tat es einfach, mit einem Schlag war ihr Turbo zugeschaltet und ihre Gegnerin konnte ihr aggressives Offensivspiel nicht mehr wie gewohnt durchziehen. Mit 11:6, 11:8 und 11:7 in den Sätzen drei bis fünf holte sich Moyland auch dieses Match und Bingen lag mit 4:3 vorne.

Jetzt lastete schon ein gewisser Druck auf Harac, die Rakovac unbedingt schlagen musste, um ihr Team auf Remis-Kurs zu halten. Doch Bingens Kroatin traf aus allen Lagen zu einem ungefährdeten 11:4, 11:7, 11:3 – 5:3 für die Gäste aus Rheinhessen. Würde Valerija Mühlbach das Ruder gegen Elena Kuzmina noch herumreißen können? Die ersten beiden Sätze gingen knapp an Kuzmina, doch in Durchgang drei lief dann alles rund bei der Russin, zwischenzeitlich lag sie mit 10:3 vorne und nutzte schließlich ihren dritten Matchball zum Sieg der TTG, dem dritten in Folge.

Valerija Mühlbach konnte diesmal für ihr Team nicht punkten (Foto Roscher).

“Wir haben auch schon davon profitiert, dass Gegnerinnen nicht in Bestbesetzung gegen uns antreten konnten. Da müssen wir es auch akzeptieren, dass Moyland erstmals gegen uns zum Einsatz kommt“, kommentierte Jenas Abteilungsleiter Andreas Amend die Niederlage gelassen. „Ohne sie hätte es vielleicht zu einem weiteren Pünktchen gereicht.“

Bei Bingen hatte es perfekt gepasst. Der Vorsitzende Joachim Lautebach freute sich: „Sally kam am Freitag an. Ein toller Einstand und zwei weitere wichtige und erfreuliche Punkte für uns. Wir sind natürlich sehr zufrieden und schauen nun mal relativ entspannt, wie es weitergeht.“ Lautebach lässt die Partie Revue passieren und bilanziert: „Es war das erwartet enge und interessante Spiel bis zum 3:3. Dann konnten wir uns absetzen und drei Spiele in Folge gewinnen. Wir haben wieder guten Tischtennissport gezeigt und es ist sehr erfreulich, dass alle etwas zum Erfolg beitragen konnten.“ Und nochmals zum Highlight aus Bingener Sicht: „Besonders erwähnenswert waren natürlich die beiden Siege von Sally Moyland. Man hat ihr schon angemerkt, dass es ihr erstes Spiel in der starken Damen-Bundesliga und ihr erstes Spiel in einer Vereinsmannschaft überhaupt war. Nachdem sie die Nervosität etwas abgelegt hatte, hat sie aber sehr gut gespielt und auch Kampfbereitschaft gezeigt, zudem war sie in den entscheidenden Momenten dann sehr nervenstark. Besonders gegen Jenas sehr starke Japanerin gab es tolle Ballwechsel.“

In der Tabelle ist nach wie vor alles dicht beisammen. Bingen und Jena tauschten die Plätze. Die Rheinhessen sind nun Dritter mit 6:4 Punkten, die Thüringer Vierter mit 5:7. Am 26.11. empfängt Bingen das Team aus Böblingen, während Jena tags zuvor zu Hause auf Dachau trifft – es ist dann bereits die letzte Vorrunden-Partie des Aufsteigers.

SV DJK Kolbermoor – SV Böblingen 3:6

Die Spielerinnen der SV Böblingen hatten am Sonntag einen Betreuungs-Engpass. Sönke Geil, der für den baden-württembergischen Verband beim DTTB Top 48 Jugend 19 in Saarbrücken coachte, stand nicht zur Verfügung und auch sonst niemand vom Fach. Geschadet hat das Ganze dem Böblinger Bundesliga-Quartett offensichtlich nicht, denn die SVB gewann ein wenig überraschend mit 6:3 in Kolbermoor.

In den Doppeln wurden die Punkte geteilt. Yoshida/Annett Kaufmann gewannen für Böblingen deutlich, genauso wie Lang/Tiefenbrunner für Kolbermoor am Nachbartisch. Im ersten Einzel dann ein starker und kompromissloser Auftritt von Annett Kaufmann. Die 17-jährige Böblingerin spielte gegen die deutsche Ex-Meisterin Kristin Lang nahezu perfekt und gewann mit 11:6, 11:6 und 11:5. Qianhong Gotsch tat sich lange schwer gegen das kroatische Talent Hana Arapovic, das zwischenzeitlich mit 2:1 Sätzen vorne lag. Die 19-Jährige spielte erstaunlich abgezockt gegen die routinierte Böblingerin. 45 Minuten lang kämpften beide verbissen um jeden Ball, schließlich setzte sich „Hongi“ mit 3:2-Sätzen durch. Zur Pause also 3:1 für die Gäste, da Kolbermoor das angestrebte „Break“ im Spitzenpaarkreuz nicht geschafft hatte.

Hana Arapovic machte ein tolles Spiel gegen Gotsch, konnte sich aber nicht belohnen (Foto: Armin Schimkat).

Aber noch war ja nichts verloren. Und Kolbermoor wollte alles tun, um den knapp 130 Fans keine erneute Heimniederlage zuzumuten. Nach der Pause erhöhte man die Schlagzahl und konnte zum 3:3 ausgleichen. Svetlana Ganina ließ Alexandra Kaufmann erwartungsgemäß keine Chance, während Laura Tiefenbrunner einen 0:2-Satzrückstand gegen Mitsuki Yoshida noch in einen Sieg ummünzen konnte, wobei sie im Entscheidungsdurchgang zunächst mit 2:6 und später mit 7:9 hinten lag und unter dem Jubel der Zuschauer vier Punkte in Folge verbuchen konnte.

Alles war wieder offen, doch nun musste vorne das „Break“ aus Kolbermoorer Sicht kommen, sollte die Partie noch gewonnen werden. Kristin Lang ist eigentlich bekannt dafür, dass sie gut gegen Abwehr spielt. Doch Böblingens Nummer eins hatte etwas dagegen. Extrem fokussiert und sehr variabel ließ Gotsch ihre Gegnerin beim 11:5, 12:10, 11:7 kaum ins Spiel kommen und schraubte ihre Saisonbilanz auf sieben Siege bei nur einer Niederlage. Auch Annett Kaufmann bot wieder Tischtennis vom Feinsten und bezwang Hana Arapovic – mit 11:7, 9:11, 11:6 und 11:5 letztlich doch ziemlich deutlich. Somit gingen sämtliche Einzel im Spitzenpaarkreuz an Böblingen.

Immerhin war noch ein 5:5 möglich und viele rechneten damit, dass Ganina ihr Team gegen Yoshida wieder heranbringen würde – dann nämlich hätte Tiefenbrunner alle Chancen besessen, noch für das Unentschieden zu sorgen. Doch es kam anders, die Japanerin agierte sehr clever gegen das Spiel der Defensivstrategin und legte nach zweimal 12:10 eine 2:0-Satzführung vor. Und diesmal ließ sie sich auch nicht mehr von der Siegerstraße abbringen und erledigte den dritten Durchgang sogar mit einem souveränen 11:4. Der Auswärtssieg war somit eingetütet.

„Yoshi hat diese Woche lange mit mir trainiert“, so die Erklärung von Böblingens Defensiv-Ass Gotsch für Yoshidas starken Auftritt. „Das hat ihr das nötige Selbstvertrauen gegeben, um gegen Abwehrerin Ganina zu bestehen.“ Ferner lobte die 55-jährige Böblinger Tischtennis-Ikone ihre Mitstreiterin im vorderen Paarkreuz: „Annett war wieder super. Mit mir war ich auch zufrieden. Wir haben alle füreinander gekämpft. Das mit dem fehlenden Trainer war nicht so schlimm, wir haben uns gegenseitig gecoacht. Außerdem hat uns Alexandras Freund unterstützt.“

Annett Kaufmann zeigte sich nach dem WTT Champions in Frankfurt, wo sie gegen Bernadette Szöcs ausgeschieden war, in glänzender Verfassung und war in Kolbermoor nicht zu bezwingen (Foto Roscher).

Weniger erfreut zeigte sich verständlicherweise der Gastgeber. “Wenn es nicht läuft, läuft es nicht …”, so Trainer Michael Fuchs. Auf die Frage, weshalb Kristin Lang derzeit nicht wie gewohnt punktet, antwortet der Tischtennislehrer:Schwer zu sagen, was der Grund bei Kristin ist. Am ersten Wochenende macht sie zwei gute Spiele, die letzten zwei Wochen war es schwer für sie. Die Liga ist allerdings auch ausgeglichener als zuvor und mit Annett und Hongi spielen bei Böblingen einfach auch zwei absolute Spitzenspielerinnen.“ Fuchs zum letzten Match des Tages: „Dass Svetlana ihr zweites Einzel verliert, ist bitter, aber Mitsuki ist erfahren und trainiert sehr viel mit Hongi und fühlt sich deshalb sicher wohl gegen Abwehr.“ Eine Enttäuschung war es schon: „Vor allem nach Lauras knappem Sieg habe ich auf einen Punktgewinn gehofft. So bleiben nach drei knappen Spielen teilweise unglücklich dreimal keine Punkte in Kolbermoor.“

Mit 3:7 Punkten steht der SV DJK nach fünf Partien nicht dort, wo er stehen wollte. Und nun geht es zum Abschluss der Vorrunde noch zum Titelverteidiger (19.11.) und zum Spitzenreiter (10.12.). „Jetzt kommen mit Berlin und Langstadt noch zwei schwere Gegner“, so Fuchs. „Wir müssen an unsere Leistungen aus den Spielen gegen Dachau und Weinheim anknüpfen und dann können wir dort mit etwas Glück vielleicht nochmal punkten.“

Bei Böblingen ist derzeit alles im Lot: 4:4 Punkte, Platz fünf. Am 26.11. ist man wieder gefordert, wenn man nach Bingen zur „Mannschaft der Stunde“ reist. Eine Aufgabe, die man relativ entspannt in Angriff nehmen kann.

Links

1. Bundesliga Damen auf tischtennis.de

1. Bundesliga Damen auf click-TT: Spielplan, Infos und Tabelle

Liveticker

Beitragsbild oben: Sie kam, sah und siegte: Sally Moyland (Foto: Rainer Oppenheimer).

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